Jazz mit dem Julia Hülsmann Quartett bei den Gezeitenkonzerten

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Julia Hülsmann Quartett, Foto: Volker Beushagen
Julia Hülsmann Quartett, Foto: Volker Beushagen

Neben vielen hochkarätigen Kammerkonzerten darf unserer Meinung nach auch anspruchsvoller Jazz nicht fehlen. Und so freuen wir uns, dass dieses Jahr das Julia Hülsmann Quartett aus Berlin am 5. Juli 2013 im Heimathaus Aschendorf bei den Gezeitenkonzerten mit von der Partie ist. Beginn ist um 20:00 Uhr. Vorher lädt das Museum zu einer Besichtigung ein. Der Heimatverein bietet ab 19:00 Uhr und in der Pause selbstgebackenes Brot und andere Leckereien sowie Tee, Kaffee und Kaltgetränke an.

Das Julia Hülsmann Quartett
Gemeinsam mit der erfolgreichen Pianistin Julia Hülsmann spielen im Julia Hülsmann Trio der Schlagzeuger Heinrich Köbberling (auch bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Lyambiko) und Bassist Marc Muellbauer seit 2002 in dieser Besetzung zusammen. Marc dürfte vielen vom Gezeitenkonzert mit dem Lisbeth Quartett letztes Jahr im Pumpwerk bekannt sein. Sie selbst sagen über ihre Musik, dass jeder Abend anders ist, da sich die Musik stets aus dem Zusammenspiel entwickelt. Das bedeutet, dass jeder seinen Freiraum erhält und es trotzdem das große Ganze gibt, das alles zusammenhält. Inspiriert wurden alle unabhängig voneinander durch Keith Jarrett, Bill Evans, Ahmad Jamal und Kenny Wheeler. Das Quartett komplettiert nun der faszinierende Trompeter Tom Arthurs aus England, mit dem im April dieses Jahres bei ECM die neue CD “In full view” erscheint, auf die ich schon sehr gespannt bin, ist sie doch für mich ein Vorgeschmack auf den Juli.

Julia Hülsmann, Foto: Volker Beushagen
Julia Hülsmann, Foto: Volker Beushagen

Julia Hülsmann
Die gebürtige Bonnerin studierte an der HdK in Berlin Jazz-Piano und ist seit vielen Jahren als Pianistin und Komponistin im In- und Ausland unterwegs. Neben ihren regelmäßigen Partnern aus dem Trio konzertierte Julia Hülsmann auch mit den bekannten Sängern Rebekka Bakken, Anna Lauvergnac und Roger Cicero und spielte mit ihnen CDs ein.
Die ZEIT schreibt über sie: „Julia Hülsmann ist die Lyrikerin des deutschen Jazz.“, und das Jazzpodium: „ Die deutsche Jazzszene erhält durch Julia Hülsmann eine bedeutende neue Stimme. Unaufdringlich, aber eindringlich, unprätentiös, aber hochkonzentriert.“
Julia Hülsmann unterrichtet an der Hochschule für Musik und Theater Hannover Songwriting/Komposition und Jazzklavier, an der Musikschule Charlottenburg/Wilmersdorf in der Studienvorbreitung und an der UdK Berlin im Schulmusik-Fachbereich. Für ihre CD Julia Hülsmann Trio with Rebekka Bakken „Scattering poems“ erhielt sie 2003 den German Jazz Award.

Marc Muellbauer
Marc Muellbauer

Marc Muellbauer
Wie Marc Muellbauer nach den vielen erfolglosen Versuchen seiner Eltern, ihm das Erlernen eines Instrumentes nahezubringen, doch noch zu einem sehr begehrten Bassisten der deutschen Jazzszene geworden ist, liest man am besten in seiner Biographie auf seiner Homepage. Die Kurzform ist, dass er sich im Alter von 15 Jahren durch Jaco Pastorius von Weather Report inspirieren ließ, sich einen E-Bass zu kaufen, drei Akkorde zu lernen und eine Band zu gründen. Im weiteren Verlauf lernte er Noten und nahm ein Studium der Klassischen Musik (man lese und staune) an der Folkwang Hochschule Ruhr in Duisburg und machte schließlich sein Diplom an der “Hochschule der Künste” Berlin bei Michael Wolf. In seinem Repertoire ist von der Klassik über Neue Musik bis zum Jazz alles enthalten. Glücklicherweise gibt er seit 2000 sein Wissen als Jazzkontrabassist an Schülerinnen und Schüler der Musikschule Reinickendorf in Berlin weiter.

Heinrich Köbberling
Heinrich Köbberling

 Heinrich Köbberling
Heinrich Köbberling wurde 1967 in Bad Arolsen/Hessen geboren, studierte Schlagzeug an der HMT Hamburg und der New School in New York. Seit März 2007 ist er Professor für Jazz und Popularmusik an der HMT Leipzig, unterrichtete zuvor an den Musikhochschulen in Hannover sowie Hamburg und konnte u. a. mit Musikern wie Richie Beirach, Ernie Watts, Benny Bailey, Ben Monder, Attila Zoller und Jan Delay zusammenarbeiten.
Bislang erschienen die zwei CD- Produktionen Pisces (Nabel 1997) und 8 Doogymoto (Accidential 2003) unter seinem Namen, außerdem mehr als 40 Aufnahmen als Sideman. Zu den aktuellen Projekten von Heinrich Köbberling gehören das Ernie Watts Quartett Europe, das Julia Hülsmann Trio, Aki Takase and the good boys und viele mehr.

Tom Arthurs, Foto: Frank Bigotte
Tom Arthurs, Foto: Frank Bigotte

Tom Arthurs
Der ehemalige BBC New Generation Artist und Teilnehmer anTake Five Europe Tom Arthurs spielt Trompete und Flügelhorn und komponiert. Seine Stücke weisen dabei eine große Bandbreite vom intimen Kammerjazz bis zu sehr experimentellen Werken auf. Beeinflussen lässt er sich dabei z. B. von György Ligeti aber auch der Musik der Pygmäenvölker Zentralafrikas sowie der Regisseure Andrei Tarkovsky und Jean-Luc Godard. Der warme Klang seiner Trompete hat ihm einen Namen quer durch Europa und darüber hinaus verschafft. Die aktuellen Aufnahmen von ihm sind Alben wie Julia Hülsmann Quartett (ECM, 2013), Eric Schaefer’s „Who’s Afraid of Richard W.“ (ACT, 2013), Miles Perkin Quartet (2012), H3B Songs No Songs (Abalone, 2012) sowie Postcards from Pushkin mit Richard Fairhurst (Babel, 2011).

Alle Fans von guter (Jazz-)Musik können sich schon einmal Freitag, den 5. Juli 2013 um 20:00 Uhr im Heimathaus Aschendorf für das Gezeitenkonzert mit dem Julia Hülsmann Quartett vormerken. Bestimmt haben sie dann auch ihre neue CD im Gepäck. Ermöglicht wird dieses Konzert von Interreg Deutschland-Nederland und dem Kulturkreis Papenburg.

Hier noch ein Video vom German Jazz Meeting bei der Messe JazzAhead 2010 mit dem Julia Hülsmann Trio:

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Teufelsgeiger Ingolf Turban beim Gezeitenkonzert in Leer

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Ingolf Turban, Foto: Dorothee Falke, München
Ingolf Turban, Foto: Dorothee Falke, München

Nachdem wir vor einiger Zeit nur einen kurzen Überblick über die Künstler der Gezeitenkonzerte 2013 gegeben haben, können und wollen wir nun langsam konkreter werden. Nach und nach erfahren Sie hier Einzelheiten zu allen Gezeitenkonzerten und Hintergrundwissen zu deren Entstehung und vor allem zu den Künstlern, die sie spielen.

 

Ingolf Turban spielt ein Gezeitenkonzert in Leer
Nach vielen Telefonaten und einigen Verschiebungen und Überlegungen haben wir am Donnerstag beispielsweise unser Gezeitenkonzert in der Großen Kirche in Leer eingetütet. In diesem Zusammenhang freuen wir uns, wenn wir auf Wünsche und/oder Anregungen unserer Gastgeber reagieren können, denn ursprünglich hatten wir dort zu einem anderen Zeitpunkt ein anderes Konzert durchführen wollen. Nun wird in der Großen Kirche am Sonntag, 4. August 2013 um 17:00 Uhr Ingolf Turban mit Niccoló Paganinis „Le Streghe“, Camillo Sivoris „Romanza senza parole“ und Giuseppe Tartinis Sonate g-Moll („Teufelstriller-Sonate“) auftreten.
Dass der Ausnahmeviolinist in diesem Jahr bei den Gezeitenkonzerten dabei sein sollte, war bereits kurz nach Ende des letzten Festivals klar.
In den letzten Wochen hatten Matthias Kirschnereit und Ingolf Turban häufiger die Gelegenheit, Einzelheiten persönlich zu klären; schließlich haben sie gemeinsam mit dem jungen, faszinierenden Kammerorchester I Virtuosi di Paganini innerhalb von 14 Tagen acht Konzerte gespielt. Die Presse hat sich sehr enthusiastisch gezeigt, z. B.

Hans-Jörg Loskill in der WAZ: „Perlen und Pretiosen – temperamentvoll und atemberaubend in der technischen Bewältigung. Wann hat man solch eine Fülle von Flageoletts, Trillern, Doppelgriffen, Arpeggien, Laufsprüngen oder Legato-Ebenmaß so perfekt ausgeführt gehört? Turban wurde umjubelt.“

Thurgauer Zeitung: „In jugendlicher Gelenkigkeit haben Matthias Kirschnereit, Ingolf Turban und dessen Streicherensemble I Virtuosi di Paganini auf Einladung der Konzertgemeinde Frauenfeld Werke grosser Meister präsentiert – ein Genuss.“ Hier kann ich eigentlich nur den Link zur kompletten Rezension empfehlen.

Vita Ingolf Turban
Ingolf Turban war Solist in den Philharmonien von Berlin und München, im Kennedy Center in Washington, in der New Yorker Avery Fisher Hall, in der Züricher Tonhalle, im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins oder der Mailänder Scala. Mit Dirigenten wie Sergiu Celibidache, Charles Dutoit, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Yehudi Menuhin, Jun Märkl und Marcello Viotti trägt er neben den Werken der großen Violinliteratur ein zum Teil nie gehörtes Repertoire in die Welt.
Im Jahr 2006 folgte Ingolf Turban, der bis dahin elf Jahre an der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst unterrichtet hatte, dem Ruf an die Hochschule für Musik und Theater in München. Bereits 2005 gründete er I Virtuosi di Paganini, mit der Idee, der „unerhörten, virtuosen Leichtigkeit von Paganinis Musik endlich wirklich zu entsprechen“ (s. www.liebrandt.com). Im März 2007 wurde in der ARD die Fernsehdokumentation „Paganinis Geheimnis“ ausgestrahlt, in der Ingolf Turban nicht nur dessen Werke spielt, sondern auch Niccoló Paganini selbst darstellt. Nicht zuletzt diese Rolle wird auch ihm den Spitznamen „Teufelsgeiger“ eingetragen haben.

Als alles begann

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Montag, der zehnte September 2012. Die erste Woche ohne ein Gezeitenkonzert beginnt. Für das Team (und auch für mich, der ja die tägliche Büroarbeit nur aus der Ferne beobachtet hat) ist das fast ungewohnt. Jede Woche eines oder mehrere Konzerte – das bedeutete abgesehen von der Arbeit eben auch Vorfreude und Neugierde auf jedes einzelne Konzert.

„Die ersten Gezeitenkonzerte sind jetzt schon Geschichte“, schreibt Barbara Fischer über das Abschlusskonzert. In Emden herrschte Hochstimmung –  ja, ein bisschen schwappte Pathos durch die Reihen, auf und ab, hin und her und man ließ sich vom allgemeinen Hochgefühl mittragen, dabei gewesen zu sein. Bei den Gezeiten 2012. Als alles anfing. Als Vilde Frang gleich zu Beginn alle spielerisch von den Sitzen holte. Als Matthias Kirschnereit in Bargebur zeigte, wie so eine Schubertsonate zu klingen hat. Und natürlich vier Zugaben! Wie kann man die vergessen?

Das sind so Augenblicke, an die man sich jetzt spontan erinnert. Zum Beispiel die absolute Gelassenheit von Sharon Kam, die in der Pause vom Publikum belagert wurde und dann ohne Erholung den zweiten Teil bewältigte. Oder David Kindt und Helge Aurich, die vor ihrem Konzert erstmals eine Fahrradtour durch Ostfriesland machten. Die Hitze beim Lisbeth Quartett im Pumpwerk, wobei man nicht wusste, ob es an der Klimaversorgung oder der Musik lag.

Der hämmernde Rihm von Vasyl Kotys, das perfekte Brahmsquintett vom Amaryllis Quartett und Annika Treutler. Die Perkussionstücke der Brüder Gerassimez und der stets gute Kuchen in Dangast. Der eine Abend, der auch mal polarisierte und für durchwachsene Rezensionen sorgte. Zuletzt ein dahinrauschender Debussy in Emden, der sich wie eine steile Welle zwischen den Mozartstücken aufstellte.

Egal, ob man nur eines von 20, oder gleich alle 20 Konzerte gehört und gesehen hat: Es bleiben gute Momente übrig und die Liste lässt sich wohl immer weiter führen über die Gezeiten 2012. Damals … als alles begann.

Emder Abschlusskonzert vom Feinsten

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Abschluss der Gezeitenkonzerte 2012 mit dem KKO unter Ivo Hentschel mit Matthias Kirschnereit als Solist, Foto: Karlheinz Krämer

Das hat man dann davon: Kaum zeigt man Interesse am persönlichen Besuch des Emder Abschlusskonzertes, schon wird man als harmloser Programmhefttexter der Gezeitenkonzerte in der Konzertpause verpflichtet, einen Blogbeitrag zu verfassen. Macht man natürlich gern, denn Wibke Heß und Simon Hopf können einen auf so ‘ne bestimmte Art überzeugen…

 

Morgens also Autofahrt von Hamburg nach Emden. Um 11 Uhr war „Öffentliche Generalprobe“ in der originellen Spielstätte, der Johannes a Lasco Bibliothek. Kaum zu glauben, dass dieses Mahnmal bis 1995 vor sich hin rottete, bevor es zu diesem Schmuckkästchen werden konnte! Knapp zweihundert Besucher nutzten die Gelegenheit des kurzfristig angesetzten Zusatzangebotes und erlebten eine konzertähnliche Durchspielprobe mit anschließenden Korrekturen. Das abendliche Konzert und auch schon die Generalprobe wurden von NDR Kultur mitgeschnitten, was auch vom Publikum gesteigerte Disziplin erforderte. Knapp drei Stunden (inklusive Pause) dauerte die Vormittagsveranstaltung, was nicht alle Besucher bis zum Ende durchhalten mochten. Manche aus eher bizarren Gründen wie ablaufende Parkuhren…

Abends durfte ich dann für meine Freikarte (Danke, Wibke!) beim Vorbereiten des Konzertraumes helfen, später sogar hilfsweise Eintrittskarten kontrollieren und das Programmheft verteilen. (Ein seltsames Gefühl, wenn der eigene Text so unter die Konzertbesucher gelangt!)

Hilko Gerdes, Vizepräsident der Ostfriesischen Landschaft, hielt eine kurze, fast schon launige Eröffnungsrede aus Anlass des Abschlusskonzertes. Dann legten sie los: Das etwa dreißig Musikerinnen und Musiker starke Kurpfälzische Kammerorchester (KKO) aus Mannheim mit seinem Dirigenten Ivo Hentschel. Sie spielten zu Beginn einen „unechten“ Salieri – weil der die Sinfonia „Veneziana“ aus eigenen Werken gar nicht selbst zusammengebastelt hatte.

Matthias Kirschnereit, in einer Person Künstlerischer Leiter der Gezeitenkonzerte, Familienvater mit Wohnsitz in Hamburg und weltweit tätiger Pianist, obwohl es ihn wirklich nur einmal gibt, hatte es sich nicht nehmen lassen, im Abschlusskonzert als Solist des Mozart-d-Moll-Konzertes aufzutreten. Es war faszinierend zu hören, wie sich Solist und KKO nach nur wenigen Proben aufeinander eingestellt hatten, um auf hohem Niveau miteinander zu musizieren. Zum Dank für den anschließenden Riesenapplaus des begeisterten Publikums bot Matthias Kirschnereit eine Zugabe von Claude Debussy, dessen 150. Geburtstag in dieses Jahr fällt: „Mouvement“ aus den „Images“, ein sehr motorisch angelegtes Virtuosenstück, „weil alles wie bei den Gezeitenkonzerten auch zukünftig in Bewegung bleibt“, wie sich der Künstlerische Leiter dazu einleitend äußerte.

Das war aber noch nicht alles – denn nach der schön langen Konzertpause, in der die „Haasen“, wie man das Haase Catering hier augenzwinkernd zu bezeichnen pflegt, mit ihrem tollen Angebot an Essen und Trinken für beste Auffrischung nicht nur des Flüssigkeitshaushalts sorgten, hielt Matthias Kirschnereit eine kleine Ansprache, in der er seine Position zur aktuellen Festivalsituation in Ostfriesland darstellte und sich unter dem Beifall der 450 Konzertbesucher eine „friedliche Koexistenz“ mit dem Musikalischen Sommer in Ostfriesland wünschte, da über allem die Kunst, speziell die Musik, und ihre Weitergabe stehen möge.

Kurpfälzisches Kammerorchester mit Dirigent Ivo Hentschel, Foto: Karlheinz Krämer

Danach traten das KKO und Ivo Hentschel erneut auf den Plan. Diesmal spielten sie die eher unbekannte „Prager Sinfonie“ (Nr. 38) von Mozart, die mich auch aufgrund ihrer Meisterschaft in jeder Sekunde (und das ist wörtlich gemeint!) ungeheuer beeindruckt hat. Das lag natürlich zu einem großen Teil auch an den Interpreten, die den Schlusssatz noch eine Spur schneller angingen als bei der vormittäglichen Generalprobe. Alle fünf Wiederholungen innerhalb der drei Sätze wurden gespielt! Als musikliebender Zuhörer kann ich nur meinen größten Respekt zollen und mich bedanken für einen spannenden Konzertabend, der das Publikum hörbar (weil unhörbar) konzentriert in seinen Bann zog.

Matthias Kirschnereit, der sich die „Prager“ auch anhörte, machte einen mehr als zufriedenen Eindruck, so dass mein einheimischer Sitznachbar mir zuflüsterte: „Der fühlt sich wohl hier!“

Der ausdauernde Beifall „zwang“ Ivo Hentschel und das KKO zu einer Zugabe: Man spielte den Presto-Schlusssatz aus Mozarts Sinfonie Nr. 28 (KV 200), der wie ein glitzerndes Feuerwerk die diesjährigen Gezeitenkonzerte beendete. Tatsächlich ein Abschlusskonzert vom Feinsten!

Nachts also Autofahrt zurück nach Hamburg. Und bei aller Liebe für die schönste Stadt der Welt, die ich eigentlich nicht ohne Not zu verlassen bereit bin, habe ich mich doch während der Rückfahrt bei dem Gedanken ertappt, dass es leider ein bisschen zu weit ist, um mal eben im faszinierenden Ostfriesland aufzukreuzen und diese besonderen Menschen dort noch öfter zu besuchen. Das hat man dann davon…

Ulf Brenken

 

Anmerkung von Wibke: Der Text wurde nicht verändert; ich habe mir lediglich erlaubt, die Fotos hinzuzufügen!

Adrian Brendel und Andrej Bielow: Zwei Meister in Wittmund

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Adrian Brendel, Foto: Emile Holba

Morgen, Dienstag, 4. September, findet bereits das vorletzte nicht ausverkaufte Gezeitenkonzert in der schönen Nicolaikirche zu Wittmund statt. Dort spielen der Violinist Andrej Bielow, der bereits eine Woche zuvor bei unserem Konzert in der Großen Kirche Leer mit dem Szymanowski Quartett zu Gast war, und Adrian Brendel (Cello) zusammen. Spontan Entschlossene sind an der Abendkasse willkommen! Zudem gibt es noch die öffentliche Generalprobe (dafür gibt es noch Plätze) am Freitagvormittag in Emden, bevor dann die ersten Gezeitenkonzerte der Ostfriesischen Landschaft am 7. September abends um 20:00 Uhr in der Johannes a Lasco Bibliothek ihr Ende finden.

Andrej Bielow, Foto: Marco Borggreve

Aber erst einmal bin ich auf das Zusammenspiel dieser beiden fantastischen Musiker gespannt. Andrej gehört zu denen, die wirklich 365 Tage im Jahr durch die Weltgeschichte zu jetten scheinen, und dabei gefühlt mindestens 300 Konzerte spielen. Ich muss ihn morgen einmal fragen. Dadurch, dass wir seit Anfang des Jahres auf Facebook befreundet sind, bekomme ich ja mit, dass er von Hawaii in die Türkei fliegt, um dann kurz darauf in Polen wieder aufzutauchen. Herzlich gelacht hat er, als ich heute morgen gleich wusste, wohin er nach unserem Gezeitenkonzert fliegen wird. Aber da übermorgen sein Festival in Lviv in der Ukraine beginnt, wo er gemeinsam mit den Kollegen vom Szymanowski Quartett die künstlerische Leitung inne hat, war das sonnenklar. Allerdings muss ich zugeben, dass ich nicht wusste, ob er Adrian vielleicht gleich mitnimmt. Schließlich war Andrej im Sommer erst bei Adrians Festival „Music at Plush“ zu Gast und sicher tauscht man sich aus. Das finde ich auch sehr schön. Beide sind regelmäßig Gäste der bedeutenden deutschen Festivals und spielen nebenbei in der Wigmore Hall, beim Bath Festival und in Verbier. Gemeinsam mit Kit Armstrong, dem jungen talentierten Pianisten, über den ich vor kurzem einen Artikel in der Zeit (allerdings von 2009) gelesen habe, bei dem ich mich köstlich amüsiert habe, spielen Adrian und Andrej als festes Klaviertrio zusammen.

Morgen spielen die beiden sowohl je solo als auch gemeinsam, so dass jeder seinen Entfaltungsspielraum bekommt. Bachs Suite Nr. 3 in C-Dur für Violoncello solo, eines der Meisterwerke für Cello, steht ebenso auf dem Programm wie Ysaÿes Sonate d-Moll op. 27 Nr. 3. Ysaÿe war der belgische Komponist mit dem prominenten Umgang: von Debussy über Franck, Fauré oder Elgar – er kannte sie alle. Das morgige Stück widmete er dem rumänischen Komponisten und Violinisten George Enescu, ein Werk mit wundervollen Herausforderungen, die Andrej Bielow in seinem Spiel sucht. Gemeinsam spielen sie die Sonate für Violine und Violoncello von Ravel und Kodálys Duo op. 7, ein sehr originelles Stück.

Das Szymanowski Quartett in Leer

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Szymanowski Quartett, Foto: Marco Borggreve

Nun wird man schon angesprochen, wenn man mal ein paar Tage nicht zum Bloggen kommt. Aber es stimmt ja. Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich erst am Tag des Konzertes etwas über das Szymanowski Quartett schreiben würde. Dabei ist das eines der Gezeitenkonzerte, das schon lange feststeht. Das Datum wurde noch ein paarmal variiert, aber es war klar, dass die vier sympathischen Jungs dabei sein würden.

Heute Abend ist es also schon so weit: In der frisch renovierten Großen Kirche in Leer, die wirklich sehr schön geworden ist, treten Andrej Bielow (Violine), Grzegorz Kotów (Violine), Vladimir Mykytka (Viola) und Marcin Sieniawski (Violoncello) als Szymanowski Quartett auf. Sie haben sich ein meiner Meinung nach wunderschönes Programm ausgesucht. Es beginnt mit dem Streichquartett Nr. 23 f-Moll op. 20/5 von Joseph Haydn, einem der „Sonnenquartette“. Ulf Brenken hat bei uns mal wieder Aufklärungsarbeit geleistet: Die Bezeichnung ist nicht auf die wärmende, strahlende Sonne zurückzuführen, sondern stammt schlicht und ergreifend daher, dass das Titelblatt einer zeitgenössischen Druckausgabe von 1779 von einer aufgehenden Sonne verziert war. Manchmal staunt man!

Es folgt das Streichquartett Nr. 2 op. 56 des großen Namensgebers des Quartettes, Karol Szymanowski, dessen Werke leider viel zu selten in Konzerten zu hören sind. Mein persönlicher Eindruck wird einmal mehr durch Ulf Brenkens Text für das heutige Konzert untermauert, in dem er schreibt: „Karol Szymanowski [gilt] heute als Repräsentant der beginnenden Neuen Musik in Polen. Aufgrund „beharrlicher Ignoranz unserer Veranstalter und Interpreten“ werden die Kompositionen Szymanowskis nicht allzu häufig aufgeführt, was auf „ihre äußerste Konzentriertheit und sperrige Tonsprache“ (Michael Struck-Schloen) zurückgeführt werden kann. Immerhin hat ein großer Geiger wie Christian Tetzlaff beide Violinkonzerte im Repertoire (und spielt sie im November an einem Abend in Reykjavik!) Im Rahmen der Gezeitenkonzerte kann hier also ein weiterer „weißer Fleck“ von der Landkarte selten zu hörender Streichquartett gestrichen werden.“

Den Abschluss des Konzertes bildet das Streichquartett Nr. 6 f-Moll op. 80 von Felix Mendelssohn Bartholdy, das Werk, das er quasi als Requiem für seine verstorbene Schwester Fanny komponierte, ein sehr dynamisches Werk, von Trotz und Trauer geprägt, das mich sehr berührt.

Andrej Bielow durfte ich schon begegnen, die anderen Herren kenne ich noch nicht, bin aber sehr gespannt. Andrej habe ich als begeisterten Musiker und sympathischen Menschen kennengelernt. Aus dem Interview, das Karin Baumann für die Ostfriesischen Nachrichten am Samstag mit ihm geführt hatte (s. Rubrik “Presse” hier im Blog), konnte ich ihn sehr gut herauslesen. Das Szymanowski Quartett gibt es seit 1995; mittlerweile gehört es zu einem der bemerkenswertesten Streichquartette seiner Generation. Ausgebildet wurde es an der Musikhochschule Hannover von Hatto Beyerle. Seit dem Herbst 2000 unterrichtet das Quartett selbst ebenda eine Kammermusikklasse. Es ist zu Hause auf den verschiedensten Bühnen der Welt und hat zahlreiche Preise gewonnen (s. Homepage). Schön finde ich, dass das Szymanowski Quartett im Jahr 2008 das „Lviv Chamber Music Festival“ gegründet hat. Bekannt ist Lviv ja spätestens seit diesem Jahr durch die gemeinsame Fußball-EM in Polen und der Ukraine, allerdings eher unter dem deutschen Namen Lemberg. Als musikalische Grenzgänger will das Szymanowski Quartett zu einem aktiven Kulturaustausch beitragen und lädt dazu namhafte Künstlerkollegen zu gemeinsamen Konzerten nach Lviv ein. Übrigens stammt auch der junge Pianist Vasyl Kotys, der das Gipfelstürmer-Konzert in Bagband bestritten hat, von dort.

 

Was für ein Abend

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Christian Tetzlaff, Foto: Karlheinz Krämer

Vor zwei Jahren erschien im Hamburger Abendblatt ein Porträt, das Christian Tetzlaff als Gegenmodell zum massentauglichen David Garrett darstellte. Ein norddeutsch sympathischer und bodenständiger Typ sei er (immer die gleiche Kurzhaarfrisur!), der mit Starrummel nichts anfangen kann. Sein Motto: „Die Menschen zu berühren, die ins Konzert kommen und vielleicht – im Idealfall – dafür zu sorgen, dass sie ihr Leben nachher anders fühlen, ist doch ein wunderbares und wichtiges Ziel!“. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Matthias Kirschnereit dieses Motto zum Start der Gezeitenkonzerte ganz ähnlich formuliert.

„International berühmt“, „Weltstar“ – solche Worte fallen ja schnell. Aber Christian Tetzlaffs Konzerttermine sind wahrlich global. Und man muss sich nur einmal die euphorische ausländische Presse (vor allem in den USA) durchlesen, um das Renomee dieses Mannes zu verstehen. Vorige Woche spielte er in Chicago und Montreal, im September stehen die Royal Albert Hall in London, die Berliner Philharmonie, Zürich, Paris und Stockholm an.

Die Kirche Remels mutet in dieser Reihe der bedeutendsten Spielorte der Welt fast ein bisschen exotisch an. Große Dankbarkeit sprach Landschaftspräsident Helmut Collmann darum auch den Sponsoren aus, die das Konzert ermöglichten. Dankbar nahmen auch die Besucher die beiden Ausnahmemusiker an. Allen war bewusst: Dieser Abend, diese Künstler sind etwas Besonderes.

Die Kirche war so voll, dass wir auf der Bühne noch Besucher platzieren mussten. Die Musiker fühlten sich dadurch nicht gestört, und wir waren froh, den Platz nutzen zu können. Wie die beiden dann die Beethovensonate spielten, war atemberaubend. Christian Tetzlaff verfügt über ein solches Register an Ausdrucksmöglichkeiten, wie es wirklich nur ganz wenige Geiger besitzen. Auf allen Lagen war das Spiel und der vollendete Klang so nuancenreich, dass in der Kirche eine atemlose Stille herrschte.

Dass Matthias Kirschnereit die Violine perfekt ergänzte, muss ja kaum gesagt werden. Die beiden sind seit langem befreundet und sprechen musikalisch die gleiche Sprache.Etwas bange war uns um die Glockenschläge. Leider konnten die Zuschauer auf der Empore das Uhrwerk hören, und die Glocke ließ sich auch nicht ausschalten. Zum Glück passten die 22:00-Uhr-Schläge perfekt in die Pause zwischen den Schumann-Sätzen.

Schumanns Große Sonate op. 121 ist tiefgründig und vielschichtig.  Der leidenschaftlich drängende d-Moll Gestus prägt den Kopf- und Schlusssatz. Ein sehr zarter dritter Satz besteht fast nur aus gezupften Akkorden. Interessant sind auch die harmonischen Wendungen: So wird die Zieltonart D-Dur erst ganz am Ende in der Coda atemlos erreicht, fast so, als wäre es zu spät. Es bleibt das Gefühl, als würde Überdruck herrschen. Zum Glück entlädt sich der Überdruck im Konzert in den Applaus. Langer Applaus, bis die Hände schmerzen. Dann eine Zugabe. Beethoven. Nochmal langer Applaus. Was für ein Abend!

Christian Tetzlaff und Matthias Kirschnereit, Foto: Karlheinz Krämer

Stimmungsvoller Abend in Dangast

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Nicolai und Alexej Gerassimez, Foto: Karlheinz Krämer

Dangast ist etwas Besonderes. Ebbe und Flut, Laut und Leise, Kommen und Gehen, Watt und Meer – hier bestimmen die Gezeiten den Lauf der Dinge. Jede Musik, die vor dieser Kulisse erklingt, erhält unweigerlich eine größere Bedeutung.

Passend zum Kommen und Gehen der Gezeiten kamen und gingen die Brüder Gerassimez. Vibraphon und Klavier, Violoncello und Klavier, Violoncello solo, Schlagzeug und Klavier, Violoncello solo, Snare Drum Solo, und am Ende alle zusammen – so abwechslungsreich war das Programm gestaltet. Das hieß, dass Alexej (Vibraphon, Schlagzeug), Nicolai (Klavier) und Wassily (Violoncello) sich die Bühne abwechselnd und in unterschiedlichen Kombinationen teilten.

Besonders informativ und auch unterhaltsam waren ihre Ankündigungen. Alexej zeigte, was man aus so einer einzelnen Snare Drum alles herausholen kann an Dynamik, Rhythmen und Klängen. „Besonders beim Schlagzeug erschließen sich bestimmte Stücke im Konzert leichter. Der Zuhörer kann sehen, wie der Klang entsteht, welches Schlaginstrument wie gespielt wird“, schreibt der 25-jährige über seine Eigenkomposition „Asventuras“ (Abenteuer). Ein Abenteuer war es auch, wie die Brüder von den klassischen Klängen einer Debussy-Sonate über argentinische Traurigkeit (Piazzollas „Grand Tango“) hin zu jazzigen Elementen (Séjourné) in allen musikalischen Gefilden zuhause waren.

Die Brüder waren wahrlich energiegeladen, sportlich locker (vor dem Konzert waren sie noch entspannt im Meer schwimmen), aber zugleich hochkonzentriert und auf den Punkt genau. Das Publikum dankte mit johlendem und anfeuerndem Applaus. Es lässt sich gar nicht sagen, was am Ende der musikalische Höhepunkt war. Alle drei musizieren und ergänzen sich auf so einem hohen Niveau, dass man auch gut drei Abende hätte füllen können.

Wibke hat ja schon auf die spezielle und einzigartige Atmosphäre in Dangast hingewiesen (siehe unten): Sonnenuntergang, Wattenmeer, lauwarmer Wind und das perfekte Wetter machten die Pause zu einem besonders stimmungsvollen Intermezzo.

Lauter glückliche Gesichter verließen nach der Zugabe den Raum. Die Besucher sprachen von einem überwältigenden, ja geradezu spirituellen Konzerterlebnis. Groß war der Andrang beim CD-Stand; jeder wollte ein kleines Autogramm als Erinnerung haben, und die Brüder durften fleißig schreiben und Hände schütteln. Auch im Gerassimez’schen Gästebuch bedankten sich einige Besucher überschwänglich für das schöne Konzert. Das freut uns ganz besonders!

Als gegen 23 Uhr alle Besucher gegangen waren, ging es für uns noch ans große Stühle und Tische rücken. Am Wochenende muss hier ja wieder Rhabarberkuchen gegessen werden. Ach ja, der legendäre Rhabarberkuchen. Den darf man nicht vergessen, wenn von Dangast die Rede ist – er war natürlich vorzüglich. Auch hier gilt noch einmal der Dank an Familie Tapken und das Team vom Alten Kurhaus für seine Gastfreundschaft und das tolle Miteinander. Gerne im nächsten Jahr wieder! Als der große Raum dann wieder hergestellt war, machten wir uns nachts auf den Heimweg und dachten: Ja, Dangast ist doch immer etwas Besonderes.

Das Lisbeth Quartett im Pumpwerk

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Lisbeth Quartett im Pumpwerk, Foto: Karlheinz Krämer

Richtig schönen melodiösen Jazz gab es am Donnerstagabend im Pumpwerk. Das Wetter hatte gehalten, die Stimmung war gut, sodass einem entspannten Konzert nichts im Wege stand. Interessant fand ich, dass viele Wilhelmshavener mich beim Einlass um halb acht fragten, ob es denn heute nicht so gut besetzt sei. Dem war nicht so, aber unsere Gäste genossen bis zum letzten Augenblick das gute Wetter und die Getränke draußen, da sie wissen, dass bei fast allen Gezeitenkonzerten die Plätze nummeriert sind. Dann reicht es, um fünf vor acht den Platz aufzusuchen.

Nach einer kurzen Begrüßung legte das Quartett um Frontfrau und Saxophonistin Charlotte Greve los. Im Laufe des Konzertes zeigte sich, dass sie sich zugunsten ihrer Bandkollegen aber durchaus zurücknehmen konnte und wollte. So bekamen Pianist Manuel Schmiedel, Bassist Marc Muellbauer und Moritz Baumgärtner am Schlagzeug, die musikalisch alle auf gleich hohem Niveau spielten, ihren Raum. Die meisten der Stücke stammten aus der Feder von Charlotte und zeigten eine große Vielfalt. Das Publikum war sehr angetan und forderte mit Applaus und Bravo-Rufen seine Zugabe. Schlussendlich waren allerdings alle froh, nach dem Konzert wieder draußen zu sein, denn Musik und Hitze hatten das Pumpwerk zum Kochen gebracht.

Beseelende Klänge in Reepsholt

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Sharon Kam, Foto: Karlheinz Krämer

Gestern Abend haben die zauberhafte Klarinettistin Sharon Kam und ihr ausgezeichneter Klavierpartner Stephan Kiefer das Gezeitenkonzert in der ausverkauften Reepsholter Kirche bestritten. So etwas habe ich noch nicht erlebt – diese Klänge, die da aus Klarinette und Klavier kamen, waren wirklich wundervoll. Sie verliehen dem Publikum nach dem Konzert fast Flügel, als sie die wahnsinnig steile Treppe von der Empore herunterkamen. Wir hatten befürchtet, dass sich möglicherweise Gäste beschweren würden, aber sie waren so von der Musik beseelt, dass sie einfach nur froh waren, dieses Erlebnis teilen zu dürfen. Unser Vorteil war auch, dass wir bereits beim Kartenverkauf stets darauf hingewiesen hatten, dass die Treppe extrem steil sei.

Der Abend begann modern mit Alban Berg, es folgte die selten aufgeführte 1. Sonate von Brahms, die das Publikum teilweise zu Tränen rührte. In der Pause fand ich es unglaublich nett, dass Sharon Kam sich den Fragen der Zuhörer stellte und mit einer Engelsgeduld antwortete. Anschließend standen noch Debussy, die bei Klarinettenschülern sehr beliebten Fantasiestücke von Gade und die Sonate für Klarinette und Klavier von Poulenc auf dem Programm; dann hielt es das Publikum kaum noch auf den teilweise unbequemen Kirchenbänken. Der Applaus drang sogar durch die dicken Kirchenmauern nach außen und wurde mit zwei fantastischen Zugaben belohnt.

Passend zum Abbau fing es an zu regnen, sodass der Klaviertransport noch ein wenig warten musste, ist dieses Instrument doch arg empfindlich. Auch wenn das Konzert bereits,  aufgrund des – leider von unserer Mannschaft verpassten – Endspiels um 17:00 Uhr begann, war ein Teil der Mannschaft erst um viertel nach zehn, erst kurz vor Schluss des Finalspiels, zu Hause. Großes Mitleid hatte ich mit den insgesamt sechs Gästen, die diese Zeitabweichung schmerzhaft um kurz vor acht in Reepsholt bemerkten, als sie sich zur gewohnten Zeit in der Kirche einfanden.

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal für den Einsatz von Thorsten Bünting und seinem Team. Uns fiel ausnahmsweise erst vor Ort auf, dass die Toilettenkapazität für mehr als dreihundert Gäste doch etwas knapp bemessen war. Also habe ich spontan am Sonntag bei ihm angerufen und gefragt, ob er uns umgehend einen Wagen bringen könnte. Keine Stunde später war dieser da. Dank der anwesenden Reepsholter Feuerwehr war bereits ein Platz mit Abfluss und Frischwasserzufuhr für ihn abgesperrt. Stefan Flessner, der Küster, der uns ebenfalls sehr unterstützt hat, wies uns dann nach dem Konzert darauf hin, dass der Klowagen die Zufahrt zum Spielkreis versperren würde. Also musste ich Thorsten auch noch bitten, ihn gleich morgens vor acht Uhr wieder abholen zu lassen, was er mir versprochen hat! Pastorin Neese hat uns sehr herzlich empfangen und uns bereits für nächstes Jahr eingeladen. Mich mochte ihr Hund sehr gern: So feucht und stürmisch bin ich schon lange nicht mehr geküsst worden … .

Vor der Kirche, Foto: Karlheinz Krämer

Am Sonntag in Reepsholt

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Sharon Kam, Foto: Maike Helbig

Heute bekamen wir die Nachricht, dass Lars Vogt, der zusammen mit Sharon Kam das Konzert am Sonntag in Reepsholt bestreiten sollte, krank geworden ist. Wir bedauern das sehr und wünschen baldige Genesung. Ihm tat es so leid, dass er so kurzfristig absagen musste, dass er uns sofort versichert hat, im nächsten Jahr auf jeden Fall bei den Gezeitenkonzerten dabei zu sein. Mit dem Vorlauf dürfte es auch nicht ganz so schwierig sein, einen passenden Termin zu finden.

 

Stephan Kiefer

Glücklicherweise hat Sharon Kam gleich einen nicht minder guten Ersatzpianisten für das Konzert in Reepsholt in petto: Stephan Kiefer, der unter anderem bei dem kürzlich verstorbenen Karl-Heinz Kämmerling studierte und derzeit Solo-Pianist beim Radio Filharmonisch Orkest Holland in Hilversum ist. Mit ihm spielt sie ohnehin eine Woche später zusammen, sodass beide ein ebenso eingespieltes Team sind wie Kam und Vogt.
Das Programm wird geringfügig von dem ursprünglich geplanten abweichen, um ein optimales Zusammenspiel zu erzielen. Es bleibt bei Berg und dem zweiten Brahms-Werk, hinzu kommt je ein Werk von Debussy, Poulenc und Niels Gade. Wieder einmal muss ich gestehen, dass ich einen Komponisten gar nicht kannte, aber man kann sich ja – gerade dank der sachkundigen und unglaublich schnellen und flexiblen Unterstützung unseres „Programmtexters“ Ulf Brenken – fix schlaumachen. Niels Wilhelm Gade, ein dänischer Komponist, geboren 1843, ließ sich auf Vermittlung von Mendelssohn Bartholdy sowohl zu Studienzwecken als auch als musikalischer Leiter der Gewandhauskonzerte eine Zeit lang in Leipzig nieder. Seine Fantasiestücke, die in Reepsholt erklingen, sind während dieser Zeit entstanden und erinnern ein wenig an Schumanns gleichnamigen Klavierzyklus.

Fesselnder Klavierabend mit Matthias Kirschnereit

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Matthias Kirschnereit, Foto: Karlheinz Krämer

Gestern Abend hatte der künstlerische Leiter der Gezeitenkonzerte seinen eigenen ersten Auftritt. Die Kirche in Norden-Bargebur, schnuckelig und versteckt hinter hohen Bäumen, bot sich dafür an. Gerne hätte sie etwas größer sein können, aber das wäre einem intimen Klavierabend vielleicht nicht gerecht geworden. So freute sich Matthias Kirschnereit über ein ausverkauftes Haus.

Landschaftsrat Helmut Markus begrüßte kurz und bedankte sich bei Gastgebern und allen Sponsoren und übergab das Wort an Matthias Kirschnereit. Der wiederum gab eine kurze informative Einführung in die beiden ersten Werke des Abends, das Lied ohne Worte und die Variations sérieuses von Felix Mendelssohn Bartholdy, einem seiner Lieblingskomponisten, der seiner Meinung nach nie die Aufmerksamkeit bekommen hat, die ihm durchaus gebühren würde. Danach setze er sich locker ans Klavier und spielte. Diese Moderation folgte dann vor jedem Stück, was beim Publikum sehr gut ankam, konnte man dadurch und durch die Informationen aus dem Programmheft sich doch viel besser in die Musik einfühlen. Schließlich ist nicht jeder Musikliebhaber gleich Musikwissenschaftler – und zu theoretisch soll es ja auch nicht sein.

Wie beschreibe ich nun sein Spiel und nehme dafür nur so viele Adjektive wie unbedingt nötig? Lassen Sie es mich einfach so sagen: Ich war mitgerissen, versunken in der Musik und begeistert vom Spiel Matthias Kirschnereits, obwohl ich hinten in der Kirche stand, so gut wie nichts sah und fror, da die Temperaturen eher herbstlich waren. Dennoch störte mich das während des Konzertes wenig.

Das Publikum war letztendlich so begeistert, dass es neben stehenden Ovationen gleich vier Zugaben gab, als „Rausschmeißer“ zuletzt den „Abschiedswalzer“ von Brahms. Matthias Kirschnereit konnte es gar nicht glauben wie begeisterungsfähig „sein Publikum“ war. Er freut sich schon auf sein nächstes Konzert gemeinsam mit Christian Tetzlaff im August.

Falls er geglaubt haben sollte, er dürfe sich schnell auf den Weg nach Hause machen, hatte er sich getäuscht, denn die enthusiastischen Zuhörer nutzten draußen die Gelegenheit, ihm Fragen zu stellen oder ein Autogramm für die just erworbene CD zu erbitten. Dadurch verzögerte sich zwar auch unser Abbau, aber wir haben uns einfach mitgefreut und später gemeinsam „einen Schlag ran gehauen“.

Fast hätte es an diesem Abend eine kleine, aber unangenehme Panne gegeben. Glücklicherweise fragte unsere Künstlerbetreuerin Berit Sohn nachmittags nach, wo denn weitere Toiletten seien, woraufhin ich entgeistert fragte, ob denn der Toilettenwagen noch nicht da sei … . Der Wagen war zwar unterwegs, aber eigentlich nicht nach Norden. Nach einem kurzen Telefonat stand er jedoch pünktlich zum Beginn des gastronomischen Angebots parat.

Sieben auf einen Streich

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Sharon Kam, Foto: Maike Helbig

Montagmorgen haben wir Matthias Kirschnereit in Oldenburg am Bahnhof aufgelesen. Auf der der gemeinsamen Autofahrt von Oldenburg nach Aurich haben Dirk Lübben, er und ich erstaunt festgestellt, dass wir in diesem Jahr bei den Gezeitenkonzerten allein sieben Echo-Preisträger dabei haben. Das sind: Sharon Kam, Lars Vogt, Christian Tetzlaff, Matthias Kirschnereit, Maurice Steger, Vilde Frang und das Lisbeth Quartett. Alle anderen sind natürlich auch nicht schlecht und wären es wert, selbst einen zu bekommen. Da werde ich auf jeden Fall in den nächsten Jahren unsere Gipfelstürmer im Auge behalten. Der junge, aufstrebende Pianist Vasyl Kotys, der am 7. Juli in Bagband spielt, hat erst gestern den Publikumspreis bei der International Piano Competition Gaillard abgesahnt. Und wenn ich mir anschaue, welche Preise allein diese jungen Künstler schon verliehen bekommen haben, weiß ich, warum ich mich bei den arrivierten immer so schwer tue, etwas aus deren Lebensläufen zu kürzen.

Gezeiten-TV: Matthias Kirschnereits musikalische Vorstellung

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Am Donnerstag hat Karlheinz Krämer, unser Fotograf, nicht nur ein paar schöne Fotos gemacht, sondern die musikalische Vorstellung von Matthias Kirschnereit auch in einem Beitrag für Gezeiten-TV verarbeitet. Hier kommt die filmische Zusammenfassung eines rundum gelungenen Abends. Die zufriedenen Gesichter der Anwesenden sprechen für sich.

Lisbeth Quartett im Pumpwerk

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Lisbeth Quartett (c) Jochen Quast

Schon vor langer Zeit haben wir mit Charlotte Greve vereinbart, dass sie gemeinsam mit ihrem genialen Lisbeth Quartett ein Gezeitenkonzert im Pumpwerk spielen soll. Umso mehr freut es uns, dass genau diese Formation in der letzten Woche mit dem Echo im Bereich Jazz als Newcomer des Jahres national ausgezeichnet worden ist. Dafür war dann auch das Pumpwerk bereit, unseren vorher ins Auge gefassten Termin vorzuverlegen, obwohl der neue für das Team dort nicht besonders günstig ist.

Am 5. Juli 2012 stellt das Lisbeth Quartett seine aktuelle CD „Constant Travellers“ im Pumpwerk in Wilhelmshaven vor. Vor etwa drei Jahren haben die vier jungen, erstklassigen Instrumentalisten zum ersten Mal gemeinsam mit ihrer CD „Grow“, die in der Reihe „Jazz thing Next Generation“ erschienen ist, auf sich aufmerksam gemacht. Die Saxofonistin Charlotte Greve, Praetorius Preisträgerin 2008, die mit zweitem Vornamen Lisbeth heißt, ist Namensgeberin des Quartetts. Gemeinsam mit Pianist Manuel Schmiedel, Bassist Marc Muellbauer und Schlagzeuger Moritz Baumgärtner finden sie miteinander ihren ganz eigenen Ton. Über das aktuelle Album heißt es, sie „begeben sich da auf eine Expedition zum Ursprung der Musik, zur Melodie. Sie machen sich dabei auf einen ähnlichen Weg wie ihre Forschungskollegen im Geiste, Lee Konitz, Bill Evans, Charlie Haden oder Paul Motian, aber sie kommen ganz woanders heraus.“ (www.charlottegreve.de)

Auf der Bühne fordern diese vier Persönlichkeiten einander, ergänzen und schaffen sich gleichzeitig solistische Freiräume, so dass ihr gemeinsames Spiel zu einem akustischen Erlebnis fürs Publikum wird.

Matthias Kirschnereit bei Gezeiten-TV

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Bei seiner Stippvisite letzte Woche in Ostfriesland haben Karlheinz Krämer und Björn Arp das erste Video für die Rubrik “Gezeiten-TV” mit Matthias Kirschnereit abgedreht. In gut sechs Minuten gibt er Antwort auf fünf Fragen. Dabei erklärt er seinen Bezug zu Ostfriesland, bzw. der ostfriesischen Halbinsel, wagt einen ersten Ausblick auf die Gezeitenkonzerte, und man kann sogar einen kleinen Eindruck von seiner Persönlichkeit erhaschen.

Wir bedanken uns bei unseren Festivalförderern