Wer braucht schon Sonnenschein? Das Alte Kurhaus in Dangast präsentierte sich am Mittwochabend von seiner stürmischen Seite. Der Wind pfiff um das alte Gemäuer, zerrte an Jacken und Röcken und versetzte so mancher Frisur den haartechnischen “Todesstoß”. Das hatten sich viele Gäste des Gezeitenkonzertes mit dem SIGNUM Saxophonquartett wohl anders vorgestellt: Mit der Sonnenbrille auf der Nase und der Abendsonne im Gesicht hatte man sich auf der Terrasse mit Meer- oder wahlweise Wattblick sitzen sehen. In der Hand eine Weinschorle oder eine Tasse Kaffee, auf dem Teller ein Stück des legendären Rhabarber-Baiser-Kuchens. Soweit der Plan – wenn es da nicht dieses für diese Region so typische Schietwetter gäbe…
Denn zugegeben – die letzten Wochen wurden wir von den hochsommerlichen Temperaturen nun wirklich auf eher ungewohnte Art und Weise verwöhnt. Und so machte es den meisten Besuchern am Mittwochabend auch nichts aus, den Kuchen, einen Kaffee oder alternativ auch einen Teller dampfendem Möhreneintopf hinter den hohen Fenstern des Kurhauses einzunehmen, vor denen der Sturm tobte. Manch einer schien sogar einmal tief durchzuatmen, ob der Hitze der letzten Wochen. Frischluft frei Haus. Doch nun genug vom Wetter…
Das Kurhaus in Dangast platzte am Mittwoch jedenfalls aus allen Nähten – und das mit Recht. Denn die vier charismatischen Musiker des SIGNUM Saxophonquartetts machten einfach Spaß. Und das sogar schon vor dem Konzert. Mit unserem Festivalfotografen Karlheinz Krämer stapften sie im schwarzen Abenddress durch den Sturm zum Steg, der in der Nähe des Kurhauses ins Wasser/Watt ragt. Dort posierten die vier mit ihren Instrumenten und fliegenden Rockschößen für das Plakat der Gezeitenkonzerte 2014. Locker und unbefangen machten die Künstler Quatsch und sorgten so bei unserem Fotografen für einen lockeren Finger am Auslöser. Das Ergebnis sind Aufnahmen mit Aussage, Witz und Dynamik. Da wird es – glücklicherweise – schwer werden, das Passende für die Gezeitenkonzerte 2014 zu finden.
Freude und Spaß am Spiel bewiesen die Musiker anschließend auch beim Konzert. Vieles spielten sie auswendig und mit jeder Menge Verve – das riss mit, das begeisterte. Ob bekannte Klänge aus Gershwins “Porgy and Bess” oder extra für das Quartett geschriebene Werke aus der Feder der litauischen Komponistin Zita Bružaitė – so schön, kraftvoll und energiegeladen hat man Saxophon selten gehört. Und während das Ohr ganz bei den Künstlern auf der Bühne war, suchte das Auge hin und wieder den Jadebusen vor dem Fenster. Dort suchte sich in der Abenddämmerung das Wasser glucksend seinen Weg zurück in die Priele. Musik, Natur, Gefühl, Genuss. Ein Konzert mit dem gewissen Etwas eben!
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Am Rande des Gezeitenkonzertes mit den Gipfelstürmern, dem SIGNUM Saxophonquartett, im Alten Kurhaus Dangast führte Mieke Matthes für Gezeiten-TV ein Interview mit Harald Lesch von den Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems. Seitdem die Ostfriesische Landschaft Konzerte veranstaltet, ist auch die Bankengruppe dabei. Seit dem letzten Jahr engagieren sie sich gemeinsam mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken in Ostfriesland für die Gezeitenkonzerte und freuen sich über deren gute Resonanz und Nachhaltigkeit für die Ostfriesische Halbinsel.
Auch die SIGNUMs sind kurz zu hören und zu sehen.
Der entscheidende Satz (gesprochen, nicht vertont!) fiel ganz am Ende. Tief hatten Sharon Kam (Klarinette), ihr Bruder Ori Kam (Bratsche) und Matan Porat (Klavier) in der Repertoirekiste für diese ungewöhnliche Besetzung gewühlt und ein wunderbares Programm zusammengestellt. Aber: für die Zugabe blieb kein Stück übrig. Wie kann man das ändern? Ganz einfach, man lässt sich ein Stück schreiben. So scherzte Sharon Kam; aber so selbstbewusst, dass alle Komponisten mit den Ohren zucken müssen.
Matan Porat, selber renommierter Komponist, dürfte jedenfalls aufgehorcht haben. „Nächstes Jahr“, sagte Sharon Kam, käme man dann mit dem neuen Stück wieder. Das ist doch eine Ansage. Dreimal hat sie in den letzten zwei Jahren in Ostfriesland gespielt. Zwei davon bei den Gezeitenkonzerten der Ostfriesischen Landschaft. Ein leeres Versprechen für die schnelle Publikumsbefriedigung hört sich anders an. Wir dürfen also sehr gespannt sein.
Nach dem riesigen Applaus wollten sich die Musiker aber trotzdem beim Publikum bedanken und spielten noch einmal den schnellsten Satz von Max Bruchs „Acht Stücken“. Der Applaus von 380 Besuchern brandete in der ausverkauften großen Kirche Arle auf.
Begonnen hatte das Konzert ähnlich spektakulär mit Mozarts Kegelstatt-Trio. Klarinette, Viola, Klavier – das ist nicht gerade eine geläufige Zusammensetzung. Vor allem die Bratsche und die Klarinette stechen sich für gewöhnlich aus. Das sagte Sharon Kam am Ende auch: Eigentlich bestehe diese Besetzung quasi aus Klavier, Bratsche, Bratsche. Und sagt: „Ich bin eine Bratsche“. Aha, Klavier und zwei Bratschen also. Wie gut, dass es nicht so klang. Sonst hätte man nicht Sharon Kams einzigartig weichen, schwingenden Klang vernommen, der schon letztes Jahr in Reepsholt die Leute so verzaubert hatte, dass sich bereits zur Pause eine lange Autogramm-Schlange bildete.
Es ist immer wieder erstaunlich, die Gezeitenkonzerte mit den Nebenstars aus der Instrumentenfamilie mit zu erleben. Wie wunderbar auch diese in Erscheinung treten können, zeigt Mozarts Kegelstatt-Trio, eine 22 minütige Liebeserklärung an seine drei Lieblingsinstrumente. Das Besondere an diesem Werk ist (neben der Besetzung) die absolute Gleichwertigkeit der Instrumente, die in einen Dialog treten, in dem niemand vorlaut oder dominierend auftritt. Einander ebenbürtig und „voller gegenseitiger Achtung und Zuneigung“ (Ulf Brenken) entwickeln die drei ein inniges Gespräch, mit einem wehmütigen Grundton, schattig verhangen. Wobei „entwickeln“ das falsche Wort ist. Denn auch die formale Ebene ist so ungewöhnlich, dass eine thematische Entwicklung im ersten Satz kaum stattfindet. An manchen Stellen scheint die Musik fast auf der Stelle zu treten, die drei interessieren sich plötzlich nicht mehr für Form und Zeit(-geist) und verweilen in ihrem eigenen Kosmos. 1786, Neue Innigkeit. 2013, immer noch berührend. Und gibt es eine bessere Zusammensetzung als die Geschwister Kam für dieses Stück? Wobei auch Matan Porats Spiel in der Pause hochgelobt wurde. Ein fantastisches Trio.
Inniger, romantischer, phantastischer, geheimnisvoller wurde es in Schumanns „Märchenerzählungen“, vier knappen Stücken. Auch hier wird das Trio wieder zum Experimentierfeld und die drei Musiker haben das Publikum da längst für sich eingenommen.
Nach der Pause (deutlich frischer Wind auf dem Kirchhügel) ging die Entdeckungsreise weiter. Frisch wirkte auch Kurtágs Hommage an Schumann, beseelt von allen modernen Kompositionsmöglichkeiten, inklusive Hand im Klavierkörper.
Achja. Zeit für das Fashion-Intermezzo. A propos frisch. Mode und Musik haben ja manchmal doch miteinander zu tun. Sharon Kam trug ein strahlend grünes Kleid. Kam sehr gut an. Nichts gegen schwarz, aber etwas Farbe ist immer gut. Auch das sollte hier mal geschrieben werden. Intermezzo ende.
Mit Bruchs „Acht Stücken“ für diese Besetzung endete der Abend fulminant, noch ganz in der Romantik des 19. Jahrhunderts versunken, wunderbare Charakterstücke, mal schwermütig, dann wieder ausufernd wild. In Arle erlebten wir einen Abend voller Ausnahmen und drei echten Ausnahmekünstlern. Und wer weiß, im nächsten Jahr gibt es dann eine Uraufführung bei den Gezeiten?!
Was haben fünfzehn taiwanesische Streicher, ein süddeutscher Geiger, drei italienische Komponisten, vier Zugaben und dreihundert überwiegend ostfriesische Zuhörer gemeinsam? Alles traf sich beim Gezeitenkonzert in der Großen Kirche in Leer, das am vergangenen Sonntag über die Bühne ging. Übrigens mit neuem Abendkassenrekord – auch das sollte hier mal geschrieben werden.
Die fünfzehnköpfige Academy of Taiwan Strings (plus Management) hatten zusammen etwa die zehnfachen Anreisekilometer wie die komplette Zuhörerschaft auf dem Tacho – das musikalische Engagement des jungen Ensembles aber war trotz Nachwirkung der transkontinentalen Anreise ungebrochen. Zunächst stellte es uns ein Werk des 1970 geborenen taiwanesischen Komponisten Zhe-Yi Li vor: „String dance“ – das klang nach schmissiger Filmmusik, wie sie ein entspannter Bernard Hermann hätte schreiben mögen, wenn „Psycho“ eine Balletteinlage gehabt hätte. Stomp!
Dann trat er aufs Podium: Ingolf Turban. Der Münchner mit badensischen Wurzeln hatte bereits am Nachmittag im Martin-Luther-Haus der Berufsakademie Ostfriesland den 2006 gedrehten Film „Paganinis Geheimnis“ vorgestellt, in dem er auch in die Rolle des italienischen Geiger schlüpfte. Nach der Vorführung nahm er sich noch über eine halbe Stunde Zeit, manche Fragen zum ambivalenten Thema „Teufelsgeiger“ zu beantworten und Missverständnisse aufzuklären – sehr informativ!
Mit der Academy of Taiwan Strings spielte er nun gemeinsam drei Stücke von Tartini, Paganini und Sivori – also Werke von einem verehrten Vorläufer Paganinis, dem Meistergeiger selbst und von seinem einzigen Schüler. Giuseppe Tartinis berühmte „Sonate mit dem Teufelstriller“ hat mehr als nur den letzten Satz, und tatsächlich kommt dann ein hörenswertes Barockkonzert zum Vorschein. Natürlich wurde diese Darbietung von Niccolò Paganinis „Le streghe“ (Hexentanz) getoppt, denn nun zupfte, klimperte, spritzte und sprang es von der Geige in den Saal, dass man sich fragte, ob die Ohren mehr sehen als die Augen hören: Faszinierendes Virtuosentum, und das über ein eigentlich melodiöses Thema aus einem Ballett von Franz Xaver Süßmayr, das 1813 halb Mailand vor sich hinsummte! Paganini, der Marketing-Fuchs, nutze das brillant aus und schrieb ein Stück, das auch heute noch großen Spaß verbreiten kann. Dann noch eine wunderschöne Romanze von Camillo Sivori – und ich hätte die Quizfrage auch nicht zu beantworten gewusst, was es mit diesem Namen auf sich hat. Wie heißt noch gleich das Motto der diesjährigen Gezeitenkonzerte? Entdeckungen! Da war wieder eine!
Noch vor der Pause gab es schon mal zwei Zugaben. Ingolf Turban spielte zunächst Paganinis Introduktion und Variationen über die Arie „Nel cor piu non mi sento“ aus der Oper „La bella molinara“ von Giovanni Paisiello. Und als der tosende Applaus partout nicht enden wollte, hatte er noch einen Joker im Ärmel beziehungsweise in den Fingern: Angesichts der strahlenden Spätnachmittagssonne, die den Kirchenraum freundlich beleuchtete, gab es noch den ersten Satz aus der Sonate für Violine allein op. 31/2 von Paul Hindemith. Die hat nämlich einen sensationellen Untertitel: „Es ist so schönes Wetter draußen”.
Das Wetter konnten die Besucher dann in der Pause genießen. Mancher sah sich jetzt erst die imposante Große Kirche bewusst von außen an und beschloss, das frisch renovierte Gebäude bei Gelegenheit noch einmal zu besichtigen.
Ingolf Turban kam rechtzeitig zum zweiten Teil des Konzertes aus seinem Künstlerzimmer zurück, um sich anzuhören, wie die Academy of Taiwan Strings das Werk eines national-romantischen Europäers wiedergeben würden. Sie spielte Antonín Dvořáks Serenade für Streichorchester, die mit ihren fünf in der Tat nachtmusikalischen Sätzen sehr bezaubernd ist. Auch das asiatische Ensemble kam nicht unter zwei Zugaben aus der Kirche und spielte daher zunächst das Larghetto, den langsamen Mittelsatz, aus Edward Elgars Serenade for Strings. (Sie wird übrigens in voller Länge beim Abschlusskonzert in Emden zu hören sein.) Und zum guten Schluss rundete wiederum ein Werk aus der Heimat des Gastensembles das Konzert ab: Es gab den „Handpuppentanz“ von Pong Jing (wenn ich die Managerin des Orchesters richtig verstanden habe), ein witziges, kurzes Stück, mit dem alle nach fast zweieinhalb Stunden unbeschwert die Kirche verließen.
Das Orga-Team, dessen freundliche Bekanntschaft ich nun schon ein halbes Dutzend Mal persönlich machen durfte, war übrigens noch gezeichnet von der Langen Nacht vom Vortag. Manchmal bin ich ganz froh, im Anschluss an ein Konzert nur noch im Auto von Matthias Kirschnereit gemütlich zurück nach Hamburg gefahren zu werden. Aber ich komme gern wieder!
Eine Lange Nacht hat einen Vorlauf von einem langen Tag. Bereits am Donnerstagabend waren die ersten Künstler, nämlich Wassily und Nicolai Gerassimez, angereist, die wir dann gleich am Freitag für eine andere wichtige Veranstaltung eingespannt haben. Freitag folgten weitere, Samstagnachmittag die letzten. Gleich in diesem Zusammenhang ist es tatsächlich zur ersten Panne bei den Gezeitenkonzerten gekommen. Unser einziger Schauspieler zwischen all den Musikern, Tino Kühn, rief mich Samstagmittag an, um mir zu erzählen, dass er in Leer angekommen sei. Wunderbar eigentlich, aber sowohl unser Fahrdienstleiter als auch sein Kollege waren doch noch in Aurich?! Also sagte ich ihm: „Tino, herzlichen Glückwunsch! Ich freue mich, dass Du da bist, aber wir haben ein Problem. Du bist der erste Künstler, der bei den Gezeitenkonzerten auftritt, den wir vergessen haben, abzuholen.“ Glücklicherweise war das halb so wild. Schmunzelnd hat er sich in den nächsten Bus nach Aurich gesetzt und kam gut gelaunt bei uns in der Ostfriesischen Landschaft an.
Es begann eigentlich schon mit dem Regenschauer am Morgen. Nachdem wir wettertechnisch in den letzten Tagen dermaßen verwöhnt worden waren, wollten wir mutig sein und den Auftritt von JOCO als Schlussact in den Garten verlegen. Unser Bühnen-, Licht- und Ton-Mann Dieter Schur war skeptisch. Das ginge nur bei wirklich gutem und stabilem Wetter. Und dann so etwas. Die Bühnenteile standen doch schon auf dem Hof. Wenig später klarte es wieder auf und wurde warm. Das Pagodenzelt wurde geliefert; Dieter kam und baute auf. So weit, so gut. Kurz nach dem oben erwähnten Anruf von Tino ging es weiter mit einem Anruf von Berit Sohn, unserer Künstlerbetreuerin, die mich von der Probe der Academy of Taiwan Strings (ATS) anrief, um mich zu fragen, ob wir kurzfristig noch ein Cello in unsere Instrumentenversicherung einschließen könnten. Am Samstagnachmittag äußerst schwierig… Was war passiert? Beim Transport war das Cello einer der Streicherinnen der ATS bedauerlicherweise kaputt gegangen, und es musste für Ersatz gesorgt werden. Glücklicherweise half uns Albrecht Kottmeyer, zufälligerweise der Gastgeber von Tino, aus und lieh uns sein Cello für die Probe und das Konzert der ATS zusammen mit Ingolf Turban am Sonntag. Herzlichen Dank dafür!
Mittlerweile war es ganz unbemerkt schon 16:30 Uhr geworden. Die ersten Gäste aus dem Emsland kamen schon in den Landschaftsgarten. Glücklicherweise war sowohl das Catering-Team als auch der Förderer der Langen Nacht, die Firma Thiele & Freese aus Emden, schon fertig. Erstmalig gab es nicht nur kalte Getränke und Kaffee, sondern auch Thiele Tee, stilecht serviert in den Teetassen mit der Friesischen Rose mit Kluntje und Sahne. Dazu gab es Scoontjes, die ostfriesische Variante der englischen Scones. Diese Neuerung kam sehr gut beim Publikum an, und gerne hätte auch ich zwischendurch ein Tässchen Tee getrunken. Franz Thiele war extra für diesen Abend mit dem Morris Minor, einem wunderschönen Oldtimer der Firma Thiele, nach Aurich gefahren: ein tolles Auto!
Donnerstagabend gab es das Gezeitenkonzert mit den 60 jungen Musikerinnen und Musiker der beiden Jugendorchester, dem Haydn Jeugd Strijkorkest und dem Puchheimer Jugendkammerorchester, in der Kirche zu Weener und wir hatten es noch nicht geschafft, alle Notenpulte aus dem Landschaftsforum zu räumen. Jetzt hieß es, schnell zu handeln, damit alles ordentlich aussieht, bis das Publikum in die Räume strömt. Was sich leider nicht mehr vermeiden ließ, war, dass der Abfallcontainer im Hof stehen bleiben musste, obwohl der Archäologische Dienst seit zwei Wochen eine Abholung gefordert hatte. Dirk Lübben und Lothar Milkau haben ihn kurzerhand zur Werbefläche umfunktioniert.
Dadurch, dass Berit immer a l l e s so wunderbar für die Künstler vorbereitet und dabei jegliche Eventualität im Blick hat, sind wir äußerst verwöhnt, weil wir mit diesem Part nichts zu tun haben, ihr höchstens mal beim Aufräumen zur Hand gehen – und das freiwillig, weil sie nicht fragen würde. Nun aber war es so, dass Berit die Proben der ATS in Leer begleiten musste. Natürlich konnten sich alle Künstler beim Caterer mit Getränken und den kulinarischen Angeboten bedienen, aber es ist doch nett, wenn auch in der Künstlergarderobe Getränke, Obst und ähnliches bereit steht. Es fiel mir ganz kurz vor dem Eintreffen der Künstler ein. Glücklicherweise war fast alles da, bzw. konnte umgehend besorgt werden. Wie gut, dass solche Kleinigkeiten nach außen hin nicht auffallen.
Allein die Organisation von gut 220 Gästen und 14 Künstlern in zwei Räumen bedarf vieler Überlegungen, und angesichts der Wärme fließen viele Schweißtropfen über Stirn und Rücken. Um die beiden Gruppen gleichmäßig aufs Landschaftsforum und den Ständesaal zu verteilen, gab es beim Einlass gelbe und blaue Karten. Thieles bekamen die gelbe Karte, was auf beiden Seiten zur Erheiterung führte, zeigt man diese doch eigentlich nicht seinem Förderer!
Pünktlich um 18:00 Uhr ging es mit der Begrüßung durch Matthias Kirschnereit für alle im Garten los, die beiden Gruppen verteilten sich auf die jeweiligen Räume, die Musiker warteten geduldig auf ihre Auftritte und legten los. Meisterleistungen fast non stop gab es bis Mitternacht, danach ein zufriedenes Beisammensein von Künstlern und einem Teil des Teams. Andere mussten leider abbauen. Um drei Uhr nachts konnten wir die Türen der Ostfriesischen Landschaft abschließen.
Mein Fazit am Ende einer Langen Nacht: Es war grandios! Alle Mühe hat sich gelohnt. Simon hat es schon beschrieben: Unsere Gipfelstürmer haben mal wieder ein Feuerwerk abgebrannt und das Publikum war begeistert. Viele enthusiastische Mails oder Anrufe, bzw. Ansprachen beim gestrigen Konzert in Leer machten das auch im Anschluss noch einmal deutlich. Alle waren sich einig: Die Ostfriesische Landschaft war ein toller Organisator und Gastgeber eines großartigen Gezeitenkonzertes und hat den Gipfelstürmern ein wunderbares Podium geboten.
14 Künstler, 2 Moderatoren, 6 Stunden Musik, 3 Bühnen, 220 Besucher, bestimmt tausende Takte Musik, Klassik, Jazz, Pop, Gesang, Schauspiel. Allein die Statistik enthält Superlative. Die Lange Nacht der Gipfelstürmer bot so ziemlich alles, was sich ein Mensch erträumen kann, wenn er sich für Musik und Kultur interessiert. In vielerlei Hinsicht war die Lange Nacht schon vorher als einer der Höhepunkte der Gezeitenkonzerte bezeichnet worden. Denn dass die Gipfelstürmer das Potenzial haben, die Besucher vom Hocker zu reißen, erleben wir seit anderthalb Jahren. All diese Gipfelstürmer zusammen an einem Abend? Ein Traum.
Wie lief dieses Wandelkonzert nun ab? In zwei Räumen, dem wunderschönen Ständesaal und dem Landschaftsforum, fanden zeitgleich Konzerte statt, in denen sich die Musiker abwechselten. Vorher wurden die Besucher in zwei Gruppen, die blaue und gelbe Gruppe eingeteilt. Nach der ersten Pause wechselten dann die Gruppen die Räume, man „wandelte“ also durch die Räumlichkeiten der Ostfriesischen Landschaft. Aber nicht nur die Besucher, sondern auch die Musiker flitzten noch während des Konzertes zwischen den Räumen hin und her, sodass jeder Besucher auch in den Genuss aller Stücke kam. Nach der zweiten Pause fanden sich dann alle – Musiker und Besucher – im Forum zusammen, wo alle Künstler noch einmal spielten und dann bei der Musik von JOCO den Abend im Innenhof der Landschaft ausklingen ließen.
So viel zur Struktur, die viel komplizierter klingt als es tatsächlich war und sich als riesiger Erfolg herausstellte. Pünktlich um 18:00 Uhr ging es bei besten sommerlichen Temperaturen entspannt im Innenhof los, wo Matthias Kirschnereit die Gäste begrüßte und mit der Struktur des Abends vertraut machte. Bereitwillig zogen alle in ihre jeweiligen Räume und ließen sich verzaubern von den jungen Künstlern, die euphorisiert und elektrisierend alle in ihren Bann zogen. Matthias Kirschnereit und Ulf Brenken moderierten jeweils die Konzerte, unterhielten das Publikum mit kurzweiligen Anekdoten und Informationen zu Komponisten, Werken und Musikern und führten so bereichernd durch die Lange Nacht.
Ein einzelner Blogeintrag reicht überhaupt nicht aus, um alle Künstler entsprechend zu würdigen. Für diejenigen, die diese Nacht leider verpasst haben, reicht vielleicht schon die Auflistung all derer aus, die mitgewirkt haben, um eine Vorstellung zu bekommen. Einige bekannte Namen kennt man noch aus dem letzten Jahr, einige sind dazu gekommen, wie der Tenor Karo Khachatryan, der mit seinen Arien die Landschaft zum Beben brachte, oder der Schauspieler Tino Kühn, der Texte vortrug und alle Register der schauspielerischen Darbietung zog. Vasyl Kotys (Klavier), Lilit Grigoryan (Klavier), Liya Petrova (Violine), Pau Codina Masferrer (Violoncello), Nicolai Gerassimez (Klavier), Wassily Gerassimez (Violoncello), Helge Aurich (Klavier) und David Kindt (Klarinette) standen am Ende gemeinsam auf der Bühne und verbeugten sich und erhielten donnernden Applaus, ein Bild für das Geschichtsbuch der Gezeitenkonzerte.
Matthias Kirschnereit bedankte sich für die gelungene Premiere. Dass dieses Wandelkonzert wiederholungswürdig ist, stand da schon fest. Vor allem der letzte gemeinsame Teil im Forum war für den künstlerischen Leiter eine Herzensangelegenheit. Denn es gab zwar ein offizielles Programm – das wurde aber am Ende über den Haufen geworfen und jeder spielte mehr oder weniger spontan. So wurde der Abschluss eine spannende Improvisation („Überraschungen“ stand im Programm), das Ganze funktionierte quasi auf Zuruf: „Wassily, willst du noch spielen?“. So wurde die oft übliche und strenge Liturgie des Klassikkonzertes abgelöst von einer entspannten, aber zugleich höchst konzentrierten und intensiven Atmosphäre mit dem Gefühl von „Hier und jetzt kann jetzt alles passieren“. Der Kreislauf des Kunstwerkes von Werk, Interpret und Publikum – selten wurde er so deutlich wie bei der Langen Nacht. Lang war der Sonnabend tatsächlich, der dritte Teil endete gegen 23:15 Uhr (man bedenke: es ging um 18:00 Uhr los!). Das störte niemanden, im Gegenteil: alle strömten zurück in den Innenhof, wo den ganzen Abend lang das Haase Catering und Thiele Tee für das Leib und Wohl sorgten und die ostfriesische Band JOCO den letzten musikalischen Höhepunkt bot. Zu deren wunderbaren Klängen und dem harmonischen Gesang der beiden Schwestern Cosima und Josepha ließ man die laue Sommernacht mit einer Gartenparty ausklingen. Die Lange Nacht der Gipfelstürmer – auch im nächsten Jahr!
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Das Gezeitenkonzert am Donnerstagabend in der St. Georgskirche zu Weener gestalteten gleich zwei Jugendorchester. Vor dem Konzert und in der Pause gelang es Mieke Matthes, für Gezeiten-TV Mitglieder sowohl vom Haydn Jeugd Strijkorkest aus Groningen als auch dem Puchheimer Jugendkammerorchester und deren musikalische Leiter Jan-Ype Nota und Peter Michielsen vor die Kamera zu bekommen. Lukas (15 Jahre), Amrei (11 Jahre) und Gabriel (18 Jahre) erzählen, was Musik für ihr Leben bedeutet und wie viel Spaß sie gerade in der intensiven Probenphase haben.
Im Vorfeld des Gezeitenkonzertes mit Ingolf Turban und der Academy of Taiwan Strings (ATS) am Sonntagnachmittag um 17:00 Uhr in der Großen Kirche Leer wird in der Berufsakademie Ostfriesland (im Martin-Luther-Haus), Kirchstraße 54 (gegenüber vom Borromäus-Hospital – fünf “Fußminuten” zum Konzertort) der Film “Paganinis Geheimnis” gezeigt. Für Konzertbesucher ist die Filmvorführung im Ticketpreis erhalten! Die Tellux Film GmbH als Rechtsnachfolgerin von Merkur TV hat uns freundlicherweise die Rechte dafür zur Verfügung gestellt. Für diesen Film schlüpfte der profilierte Geiger Ingolf Turban in die Rolle Niccolò Paganinis. Außerdem zeigt er Artefakte aus dem Leben des großartigen Virtuosen und Komponisten – und erzählt etwas über die Entstehung des Films, bevor er im Gezeitenkonzert zusammen mit der ATS erneut seine Musik auf der Bühne interpretiert.
Für dieses Konzert sind noch Karten erhältlich – selbstverständlich sind wir auch am Wochenende für Sie da: Tickethotline: 04941 179967. Sollte dort wider Erwarten keiner ans Telefon gehen, ist Wiebke Schoon übers Handy erreichbar: 0177 8554224.
Frischer Wind in alten Mauern: Am Donnerstagabend standen die Gezeitenkonzerte der Ostfriesischen Landschaft ganz im Zeichen des Nachwuchses. In der imposanten Kirche von Weener gab es klassische Klänge von Jugendorchestern – und das gleich im Doppelpack. Auch für das ungeübte Ohr klang das richtig gut. Es machte einfach Spaß zuzuhören. Auf der Bühne musizierten das Puchheimer Jugendkammerorchester aus der Nähe von München sowie das Haydn Jeugd Strijkorkest aus dem niederländischen Groningen. Und das taten die knapp 60 Musiker im Alter zwischen 11 und 19 Jahren mit solch einer Spielfreude und Hingabe, dass man einfach nur die Augen schließen mochte und lauschen.
Neben der Musik vermittelten die jungen Musiker aus beiden Ländern aber noch etwas ganz Anderes, und das eigentlich ganz nebenbei: Musik verbindet, gemeinsames Musizieren noch viel mehr – und Klassische Musik ist alles andere als langweilig oder gar verstaubt. Schon vor dem Konzert herrschte rund um die altehrwürdige Kirche reges Leben. Da wurde gelacht und gealbert, die jungen Nachwuchstalente saßen in konzertanter Abendrobe auf dem Geländer des Pfarrhauses oder spielten sich auf dem Kirchplatz warm – unkompliziert, unbefangen, einfach herrlich. Dass die Stimmung unter den Mitgliedern der beiden Orchester entspannt war, war sicher auch den gemeinsamen Konzerten zu verdanken, die sie in den vergangenen Tagen zusammen gespielt haben. Der Strandtag mit integriertem Auftritt auf der Insel Schiermonnikoog dürfte sein Übriges getan haben. Zudem haben für die Puchheimer Musiker gerade erst die Sommerferien begonnen – das Gastspiel in Ostfriesland, ein klasse Start in die Ferien.
Kurzum – der Konzertabend in Weener war ein perfektes Beispiel für die Musik als verbindendes Element und die Kraft und Begeisterungsfähigkeit der jungen Generation. Davon will man mehr!
Morgen wird es spannend! Dann kommen gleich zwei Jugendorchester zum Gezeitenkonzert nach Weener. Sowohl das niederländische Haydn Jeugd Strijkorkest aus Groningen als auch das Puchheimer Jugendkammerorchester umfassen je rund 30 frische, junge und unverbrauchte Streicherinnen und Streicher. Wir mussten lange suchen, bis wir einen geeigneten Raum im Grenzgebiet für so viele Künstler gefunden hatten und waren sehr froh, als uns die ev.-ref. St. Georgskirche in Weener die Zusage gab. Für alle Kurzentschlossenen: Die Kirche bietet Platz für über 900 Personen, und wir haben noch einige Plätze frei, da es uns eher um den Platz auf der Bühne ging. Schließlich sollen sich die jungen Musiker frei bewegen können und nicht wie die Ölsardinen aneinander kleben!
Mit enormer Spielfreude interpretieren die Nachwuchsmusiker Werke von den alten Meistern. Seit Anfang der Woche proben sie gemeinsam in den Niederlanden. Heute haben sie den Tag auf der schönen, unaussprechlichen niederländischen Insel Schiermonnikoog geprobt und ein sogenanntes Lunchconcert gegeben. Am Vortag gab es bereits einen gemeinsamen Auftritt im schönen Leeuwarden. Zu Beginn des Konzertabends morgen präsentiert das Puchheimer Orchester Werke von Mozart (Divertimento in B-Dur KV 137) und die Dvořák-Serenade in E-Dur op. 22. Nach einer Pause folgen die niederländischen Musikerinnen und Musiker mit Strawinskys Suite Italienne und Schostakowitsch (Streichquartett Nr. 4 in D-Dur op. 83).
Im 1993 gegründeten Puchheimer Jugendkammerorchester (PJKO) musizieren 25 bis 30 junge Streicher, darunter zahlreiche Preisträger des Wettbewerbs „Jugend musiziert“. Ihre Leidenschaft für die Musik führte die Musiker erfolgreich zu zahlreichen Wettbewerben. Auf Konzertreisen entdeckten sie ferne Länder und kamen dabei schon bis nach Japan. Das Repertoire des Orchesters reicht dabei vom Barock bis hin zur zeitgenössischen Musik. Geleitet wird es vom gebürtigen Niederländer Peter Michielsen.
Das Haydn Jeugd Strijkorkest (HJSO) aus Groningen wurde 1989 gegründet und gibt Nachwuchstalenten im Alter zwischen 12 und 19 Jahren ein Podium und die Möglichkeit mit- und voneinander zu lernen. Im Orchesterverband entwickeln die jungen Musiker ihr Können weiter, werden gefördert und üben den „Konzertalltag“. Dazu dienen unter anderem die rund 25 Auftritte, die das Haydn Jeugd Strijkorkest pro Jahr gibt. 15 Konzerte werden in den Niederlanden gespielt, zehn im meist europäischen Ausland. Seit 2005 ist Jan-Ype Nota künstlerischer Leiter und Dirigent des HJSO.
Durch Eduard Heyning, der seit vielen Jahren freundschaftlich mit dem Team der Ostfriesischen Landschaft verbunden ist, kam die Idee zustande, ein Konzert dieser gemeinsamen Tournee der Jugendorchester auch in Ostfriesland stattfinden zu lassen. Wir haben das begeistert aufgegriffen und freuen uns auf alte Bekannte und neue Freunde. Gleichzeitig ist es für uns praktizierte Nachwuchsförderung – ein wichtiger Baustein der Philosophie der Ostfriesischen Landschaft und des künstlerischen Leiters der Gezeitenkonzerte.