Das war doch mal ein Gezeitenkonzert-Abend, wie er im Buche steht. Die Sonne scheint vom Himmel, eine laue Sommerbrise lässt die Kleider der Damen flattern. Die Sonnenbrille sitzt fest auf der Nase, während man nach der musikalischen Lesung mit Gudrun Landgrebe und Sebastian Knauer ein kühles Gläschen Weißwein schlürft, sich Gegrilltes schmecken lässt und mit Freunden im Schatten der alten Bäume plauscht.
Die Friedhofsbesucher nehmen den Trubel an diesem Abend rund um ihre kleine Münkeboer Kirche und das Gemeindehaus ganz gelassen, versorgen die Blümchen auf den Gräbern nach dem heißen Tag mit ausreichend Wasser.
A propos Versorgung: Dafür, dass es den Künstlern bei den Gezeitenkonzerten an nichts mangelt, sorgen viele fleißige Helfer. Da sollen natürlich auch kulinarisch keine Wünsche offen bleiben. Zum Glück zeigten sich Sebastian Knauer und Gudrun Landgrebe genügsam. Eine Portion Pasta mit Tomatensoße vom Imbiss gegenüber, Pfefferminztee und Cola reichten, um die Künstler in Münkeboe glücklich zu machen. Glück auch für eine Kollegin vom Orga-Team: Sie hatte ihr letztes Joghurt mit Himbeeren aus dem heimischen Kühlschrank für die Künstler gegeben. Doch dann standen die italienischen Teigwaren unerwartet höher im Kurs, der Joghurt kehrte an die Spenderin zurück und wurde in der Abendsonne gemeinschaftlich verspeist. Lecker!
Leider hat man, sobald die Gezeitenkonzerte begonnen haben, nicht mehr so viel Zeit, sich ausgiebig mit den Künstlern und deren Programmen zu beschäftigen. Schade eigentlich. Ab Montag legt mir Kollege Gert Ufkes jeden Tag mindestens eine neue Version eines Abendprogramms auf den Tisch, mit der Bitte um Korrekturlesung, bevor er sie durch den Kopierer jagt. Es ist jedes Mal aufs Neue interessant, was Ulf Brenken zu den ausgewählten Kompositionen schreibt und oft denke ich: „Mensch, was ist denn das wieder für ein geniales Konzert!“ Dann blättere ich weiter zu den Vitae der Künstler und frage mich, ob das wirklich noch Gipfelstürmer sind. Speziell beim Mariani Klavierquartett ist mir das in dieser Woche aufgefallen, vermutlich, da ich viele der anderen Künstler in dieser Woche persönlich kenne und dementsprechend schon eine ganz andere Beziehung zu ihnen habe.
Das Mariani Klavierquartett spielt erst seit knapp vier Jahren zusammen. Im März 2011 wurde das Klavierquartett im Finale des Deutschen Musikwettbewerbs mit einem Stipendium ausgezeichnet und in die Konzertreihe „Konzerte junger Künstler“ aufgenommen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wurde es zu den beiden größten deutschen Flächenfestivals in Deutschland, den renommierten Festspielen Mecklenburg-Vorpommern und dem Schleswig Holstein Musikfestival sowie den Ludwigsburger Schlossfestspielen eingeladen. Darüber hinaus gibt es tolle Konzertmitschnitte (einen davon hat uns das Management im Vorfeld zum Reinhören freundlicherweise zur Verfügung gestellt) von SWR, NDR und Deutschlandradio. Im September – leider ein bisschen zu spät für die Gezeitenkonzerte – erscheint ihre erste CD beim Label Genuin in Kooperation mit dem Deutschlandradio mit Werken von Martinů, Bridge und Schumann. Die Auflistung der Preise und Konzertorte aller einzelnen jungen Künstler liest sich beeindruckend – schauen Sie doch mal auf der neu gestalteten Homepage vorbei, bevor Sie sich für das letzte Konzert der Marianis in dieser Saison über unseren Ticketpartner ReserviX ihre Eintrittskarten sichern. Bestimmt bekommen Sie aber auch noch spontan welche an der Abendkasse ab 19:30 Uhr.
In dem morgigen Gezeitenkonzert in der interessanten Kirche zu Timmel treten sie um 20:00 Uhr als Gipfelstürmer auf. Unser Festival steht in diesem Jahr unter dem Motto „Entdeckungen“: Das kommt in diesem Fall gleich zweimal zum Tragen. Zu entdecken gilt es zum einen natürlich das Mariani Klavierquartett, bestehend aus Gerhard Vielhaber (Klavier), Philipp Bohnen (Violine), Barbara Buntrock (Viola) und Peter Philipp Staemmler (Violoncello). Dann haben auch sie eine Entdeckung in ihr Programm eingearbeitet. Obwohl: Das ist eigentlich nicht richtig. Denn im Prinzip ist jedes Programm mit jedem Künstler – wenn es dementsprechend gespielt ist – eine Entdeckung oder kann zumindest eine sein. In Timmel vereinen sie Mozart (Klavierquartett Nr. 1 g-Moll KV 478) mit Frank Bridge (Phantasy Piano Quartet fis-Moll H. 94) und Brahms (Klavierquartett Nr. 1 g-Moll op. 25). „Wer ist eigentlich dieser Frank Bridge?“, mag sich mancher fragen. Er war der Lehrer von Benjamin Britten, und als solcher blieb er in Erinnerung. Britten widmete ihm ein Werk für Streichorchester, die „Variations on a Theme of Frank Bridge“ als Huldigung in Zuneigung und Bewunderung. Frank Bridge kam 1879 als zehntes von zwölf Kindern in Brighton als Sohn eines Handwerkers auf die Welt. Dennoch studierte er Violine, Viola und Dirigieren und komponierte, dirigierte und unterrichtete, was das Zeug hält. Unter seinen rund zweihundert Werken finden sich ungehobene Schätze wie z. B. das Phantasy Piano Quartet fis-Moll H. 94 (H. steht für die Katalogisierung von Bridge’s Werken durch Paul Hindsmarsh im Jahr 1980) oder das etwas bekanntere Orchesterstück „The Sea“ (H. 100).
Persönlich freue ich mich auf das Klavierquartett von Brahms zum Schluss, auf das dessen Kompositionskollegen Schönberg und Joseph Joachim ein wenig neidisch waren, da es ihnen nicht gelungen war, ein solch opulentes Werk zu schreiben.
Und auf die Wanderung entlang der Timmeler Meere im Binnenland bin ich gespannt. Ich habe mir fest vorgenommen, wenigstens einen Streifzug in diesem Jahr mitzunehmen. Matthias Bergmann lädt zum Streifzug entlang des sagenumwobenen Frauenmeers zum ehemaligen Hilgenmeer ein und erzählt nebenbei, was eigentlich Pingos sind.
Wo liegt Stapelmoor? Von Hamburg aus irgendwo weit links. Praktischerweise hat Michis Auto ein Navigationssystem, und die Adresse steht im „Programm 2013“ auf Seite 24. Er fährt, ich lasse mich fahren – alles wie immer, sehr schön! Keine Sorge, es folgt jetzt kein Bericht unserer Fußballtour vom Oktober 2012 (Brügge, London, Lille, Mönchengladbach), nein, es geht schon um Mendelssohn, Brahms, Haydn, Piazzola und Bragato. Meine absurd erscheinende Anfrage, ob er sich vorstellen könne, mit mir das Konzert des Mendelssohn Trio Berlin zu besuchen, fand schnell seine Zustimmung. Auf geht’s!
Nach lockerer Fahrt mit ausgedehnter Nachmittagspause (ein Lob auf die Küche des Restaurants „Seeblick“ in Bad Zwischenahn!) erreichten wir sehr rechtzeitig die Kirche in Stapelmoor, wo mir gleich einige aus 2012 vertraute Gesichter entgegen lächelten. Die Konzertvorbereitungen waren in vollem Gange, und auch dank eines Schweizer Taschenmessers aus Hamburger Beständen war der NDR-Aufsteller nicht lange ein wirkliches Problem.
Das Innere der ev.-ref.-Kirche mit seinem kreuzförmigen Grundriss, den kleinen Emporen, der beeindruckenden Orgel und den bemalten Gewölben machte Eindruck. Hier sollten heute abend also etwa zweihundert Besucher Platz finden… Der Flügel stand auf einem Podest in der Mitte der Kirche, quasi unter der zentral postierten Kanzel, entsprechend versetzt waren die Plätze für Geige und Cello zu erahnen. Alles schien ziemlich eng bemessen. Das Notenpult des Cellisten stand im Gang.
Noch war Zeit, es gab Cola und Kaffee, in den Räumen der „Alten Schule“ um die Ecke waren auch Rückzugsräume für die Künstler. Auf dem Parkplatz stand sogar ein Auto mit schwedischem Kennzeichen und nicht weit entfernt ein Wagen aus dem aktuellen VW-Gezeiten-Fuhrpark vom Volkswagenwerk Emden. Alles lief sowohl wie am Schnürchen als auch routiniert, dabei ebenso unaufgeregt wie freundlich. Behindertenparkplatz gesucht? Kein Problem – da drüben ist Platz, stellen Sie sich einfach so hin, dass links und rechts kein anderes Auto dazwischen paßt!
Kurz nach acht saßen alle Besucher auf ihren (wie immer personalisiert vorbereiteten) Plätzen. Mit einer kurzen Ansprache begrüßte Landschaftspräsident Helmut Collmann die Anwesenden, dankte der Kirchengemeinde (für die Räumlichkeiten), den Sponsoren (für die Zuschüsse) und uns Besuchern (für den Besuch). Dann bahnte sich das Mendelssohn Trio Berlin seinen Weg auf das Podium und begann das Konzert mit dem Trio c-Moll seines Namensgebers Felix Mendelssohn Bartholdy, das er 1820 mit elf Jahren komponiert hatte. Die Vorbilder Mozart und Beethoven blieben nicht verborgen. Das Geheimnis, weshalb die Interpreten die Mittelsätze (Scherzo und Adagio) umstellten, konnte ich aber erst in der Konzertpause lüften…
Es folgten sieben Lieder von Johannes Brahms, die für Violoncello (Ramón Jaffé) und Klavier (Andreas Frölich) eingerichtet waren. Nach dem vierten Lied spielte der Pianist mit Uta Klöber (Violine) Brahms’ Scherzo c-Moll zur F.A.E.-Sonate aus dem Jahr 1853. Eine insgesamt abwechslungsreiche Darbietung! Noch vor der Pause ging es hochkarätig weiter: Joseph Haydn kam an die Reihe, von ihm erklang das Klaviertrio Nr. 45 Es-Dur von 1797. Mit Charme und Witz stürmte das Ensemble durch die drei Sätze, am Ende prasselte der Beifall. Es war bereits viertel nach neun.
In der angenehm temperierten Pause (wir hatten aus Hamburg sonniges Wetter mitgebracht) konnte ein imaginärer Flüssigkeitsverlust am „Haase“-Stand ausgeglichen werden. Andererseits trifft man nicht jeden Abend aktive Konzertpianisten beim Händewaschen in der Herrentoilette – also nutzte ich die Gelegenheit, Andreas Frölich zu fragen, weshalb die Mendelssohn-Mittelsätze umgestellt wurden. Er erklärte mir engagiert und bereitwillig, dass das Trio beim Üben den Eindruck gewonnen hatte, die Reihenfolge sei so musikalisch plausibler (Tonartenbezug der Sätze untereinander, Vergleich zu seinen späteren Klaviertrios mit Scherzo immer an dritter Stelle). Sehr sympathisch!
Das Konzert ging nun weiter mit dem „Tango-Teil“, wie ihn Ramón Jaffé ankündigte. Es erklangen einige Werke von Astor Piazzolla und „Graciela y Buenos Aires“ (für Violoncello und Klavier) seines langjährigen Weggefährten José Bragato. Piazzollas Kunst, den „Tango Nuevo“ aus der folkloristischen Ecke aufs Konzertpodium zu holen, halte ich für eine große künstlerische Leistung, zumal die Werke immer spannend klingen (wenn sie so gut gespielt werden wie in Stapelmoor) und von berückender, traurig anmutender Schönheit sind. „Meditango“ für Klaviertrio, „Tanti Anni Prima“ (für Violine und Klavier), dazu die aufgeteilten vier Sätze „Las Cuatro Estaciones Porteñas“ (Die vier Jahreszeiten, für Klaviertrio arrangiert von José Bragato), bezauberten die Zuhörer.
Der donnernde Schlussbeifall (Holzfußboden!) animierte die Künstler zu zwei Zugaben: zunächst den 1945 komponierten „Tango pathétique“ von Peter Kiesewetter [den man im Internet auch von sehr prominenten Musikern dargeboten bekommen kann, sollte man das Stapelmoor-Konzert zufällig verpasst haben, empfehle ich das YouTube-Video und abschließend Astor Piazzollas Meisterwerk „Oblivion“. Jetzt war es bald elf Uhr.
Wie eigentlich immer, wenn man aus Hamburg aufs Land fährt, will man nachts trotzdem zurück, so auch diesmal. Wäre nicht auch noch ein mehrteiliger, nicht überholbarer Schwertransport zwischen Oldenburg und Bremen unterwegs gewesen, hätten wir es sogar in zwei Stunden geschafft. Aber auch so gilt Michis kompetentes Fazit zu diesem Konzertausflug nach Stapelmoor: „War gut!“
“So kann Chor auch klingen!”, war das Fazit am späten Samstagabend beim Verlassen der Osteeler Warnfriedkirche. Glückliche und beseelte Gesichter gab es sowohl bei den Künstler als auch bei den Besuchern dieses Gezeitenkonzertes mit den Vocalisti Rostochienses unter der Leitung von Prof. Dagmar Gatz.
Für uns vom Team der Ostfriesischen Landschaft war es das erste Chorkonzert, das wir organisiert haben. Dementsprechend waren wir uns nicht ganz sicher, wie unser Angebot ankommen würde. Im Vorverkauf zeigte sich schnell: sehr gut!
Die 30 Sängerinnen und Sänger von der Hochschule für Musik und Theater Rostock sind für ihren Wahnsinnsaufwand belohnt worden. Schließlich kamen sie erst Freitagabend an und mussten noch nach dem Konzert wieder mit dem Bus zurück in die andere Störtebeker Hochburg rund 600 km östlich. Das Publikum war hellauf begeistert von diesen Stimmen. Geboten wurde eine sehr gelungene Mischung aus geistlicher Musik von Giovanni Gabrieli, Heinrich Schütz und Albert Becker, bekannten und beschwingenden (Volks-) Liedern und zeitgenössischen Werken beispielsweise vom jungen Schweden Emil Råberg (*1985). Ein leichtes Raunen ging durch das Kirchenschiff, als Dagmar Gatz Helmut Barbes “Es waren zwei Königskinder” anstimmen ließ. “Das war Chorgesang in Vollendung!”, war ein Urteil, dem vielfach beigepflichtet wurde.
Nach der Pause gesellte sich der künstlerische Leiter, Prof. Matthias Kirschnereit, am Klavier dazu. Den Abschluss bildeten Schumanns Zigeunerleben und Brahms’ Zigeunerlieder, die mit donnerndem Applaus und Standing Ovations belohnt wurden. Sie wurden extra für diesen Abend ins Repertoire der Vocalisti Rostochienses aufgenommen. Als Zugabe gab es dann noch “Dat Du min Leevsten büst”, was die Begeisterung des ostfriesischen Publikums endgültig an den Siedepunkt brachte. Es ist eben nicht nur Störtebeker, der diesen Küstenregionen gemein ist; auch Plattdeutsch hat einen verbindenden Charakter. Es war ein hinreißender Abend, der Zuhörenden und Mitwirkenden noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
Ein ganz großer Dank, dass bei diesem Gezeitenkonzert alles so gut geklappt hat, dass die Sängerinnen und Sänger so entspannt waren und sich wohlgefühlt haben, gilt zum einen unserer Künstlerbetreuerin Berit Sohn, unterstützt von unseren Mädels, und zum anderen vor allem den zahlreichen Gastgeberinnen und Gastgebern aus Aurich!
Die Warnfriedkirche in Osteel war auf der anderen Seite der ideale Ort für so einen großen Chor und das Klavier – wir haben lange danach gesucht. Dementsprechend gilt unser herzlicher Dank auch der Kirchengemeinde Osteel und für Samstagabend vor allem Frau Kruse, der stellvertretenden Küsterin.
Nachdem Caspar Frantz im letzten Jahr sein Debüt in Ostfriesland bei den deutsch-niederländischen Grenzkonzerten in Backemoor gegeben hat, kam er in diesem Jahr zusammen mit dem Cellisten Julian Arp zu den Gezeitenkonzerten wieder. Die beiden jungen Männer machen nun schon seit 15 Jahren zusammen Musik und haben sich bereits einige Preise erspielt. Vor kurzem ist ihre neueste CD “Time isn’t passing” erschienen, die uns bereits vor dem Auftritt in der Kirche zu Groothusen große Lust auf gerade dieses Gezeitenkonzert gemacht hat. Freitagabend gab das Duo Arp/Frantz also das erste von insgesamt sechs Gezeitenkonzerten, in denen die Gipfelstürmer zum Zuge kommen. Diese Bezeichnung verleitet manchen zum Schmunzeln, einige haben ein großes Fragezeichen im Hinterkopf ob der künstlerischen Qualität.
Caspar und Julian konnten diese Bedenken gleich mit dem ersten Stück zerstreuen. Zwei hochkonzentrierte, ausdrucksstarke und vor allem leidenschaftliche junge Musiker begannen mit Beethovens Sonate g-Moll für Klavier und Violoncello op. 5 Nr. 2. Es folgte ein Applaus, der – entgegen der Musik – deutlich draußen vor der Kirche zu hören war – ein Wahnsinn. Energiegeladen ging es weiter mit zwei Kurtág-Stücken, die beide nur wenige Minuten dauerten, dann aber äußerst geschickt mit der folgenden Sonate in D-Dur BWV 1028 von Bach verwoben wurden. Überhaupt war es eine spannende Auswahl von Stücken, die das ganze musikalische Können der beiden sympathischen Künstler zeigten. Es herrschte eine geradezu magische Atmosphäre in der wunderbaren Kirche, die das schlechte Wetter zumindest für den Moment vergessen ließ.
In der Pause wurden alle kurzfristig wieder vom ostfriesischen Sommer eingeholt, denn pünktlich zu deren Beginn setzte der Regen wieder ein, sodass unser gastronomisches Angebot durch die “Haasen” fast ins Wasser fiel. Glück hatten die Teilnehmer des Streifzuges durch die Osterburg Groothusen, einem tollen, geschichtsträchtigen Ort. Die Besitzerin Dorothea Kempe gewährte einen Blick ins Innere der letzten von ursprünglich drei Burgen und auf die berühmten goldledernen Tapeten, bevor die Besucher durch das denkmalgeschützte Gehölz im Park geleitet wurden.
Zum Abschluss gab es nach der Pause erneut zwei Werke von Kurtág, die danach in Brahms’ Sonate für Violoncello und Klavier Nr. 1 in e-Moll op. 38 mündeten. Erneut ließ sich das Publikum von Julian Arp am Cello und Caspar Frantz am Klavier mitreißen. Die beiden fühlten sch wiederum von den begeisterten und fachkundigen Zuhörern beflügelt. Nach der Zugabe, für die sie noch einmal alles gaben, inklusive eines Sprints zum Gemeindehaus um die Noten zu holen, gab es kein Halten mehr. Enorme Beifallsstürme erfüllten die die voll besetzte Kirche.
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Der Erlebnistag bei den Gezeitenkonzerten rund um die Musik ist immer eine tolle Sache für Groß und Klein. Am Sonntag (30. Juni 2013) standen im Ostfriesischen Landwirtschaftsmuseum Campen zwei musikalische Märchen im Mittelpunkt. Das Bremer Figurentheater “Mensch, Puppe!” führte zuerst Schneewittchen und nachmittags Aschenputtel auf. Dazwischen waren die Kinder eingeladen, sich in Workshops mit den Nekkepenns, unterstützt von Mitgliedern aus dem Freundeskreis der Gezeitenkonzerte, gemeinsam auf den zweiten Teil vorzubereiten. Da wurde gesungen, gebastelt und getanzt. Die Museumsfrünnen luden zum Trecker fahren ein. Mieke Matthes hat für Gezeiten-TV den künstlerischen Leiter der Gezeitenkonzerte der Ostfriesischen Landschaft, Matthias Kirschnereit, befragt, wie wichtig seiner Meinung nach das Heranführen von Kindern an Musik ist.
Wenn gestandene Treckerfahrer das Lachen kaum aus dem Gesicht kriegen und sich künstlerische Leiter mitsamt Kind und Kegel “abschleppen” lassen – dann ist Erlebnistag bei den Gezeitenkonzerten. Heute pausierte das ostfriesische Schietwetter endlich einmal, und mit ein wenig Glück konnte man sogar den ein oder anderen Sonnenstrahl erhaschen. Eine wahre Wohltat nach den Regenmassen der vergangenen Tage. Im Ostfriesischen Landwirtschaftsmuseum Campen hatten die Macher für Familien – ob mit großen oder kleinen Kindern, wirklich was auf die Beine gestellt. In der großen Scheune saß man zwischen Treckern und altem landwirtschaftlichem Gerät, während Jeanette Luft auf der Bühne mit Hingabe Prinzessin Othilie gab und uns in die Märchenwelt entführte. Man ist doch immer wieder erstaunt mit wie wenigen und simplen Requisiten die Künstler des Bremer Figurentheaters “Mensch Puppe!” das Publikum in den Bann ziehen.
Anschließend standen Workshops mit den Nekkepenns auf dem Programm – da wurde in der Scheune hochkonzentriert gebastelt und geklebt, geprobt und getanzt. Beim zweiten Stück – “Aschenputtel” – durften die Kids dann mitspielen und taten das mit Feuereifer als fleißige Vögelchen oder als tanzende “Ball”-Prominenz. Da zückten die Eltern Smartphone oder Fotoapparat und hielten den großen Auftritt ihrer Kleinen fest.
Überhaupt war der Erlebnistag für die Kleinen teilweise echt das Größte. Vor allem die Fahrten mit den historischen Traktoren standen hoch im Kurs. Und nicht nur die Kinder brausten mit Glitzern in den Augen im “Schlitten” hinter den Zugmaschinen her. Die Väter hatten mindestens genau so viel Spaß. Und die Mamas? Die verzehrten Hüftgold in Form von unverschämt leckeren Torten – gebacken von den Museumsfrünnen – und müssen morgen wieder eine Runde mehr joggen. So kann er sein, ein perfekter Sonntag!!!
Da ist unser Team schon ganz schön im Einsatz. Der Donnerstag war noch ganz entspannt, aber gestern reisten die 30 Sängerinnen und Sänger des Kammerchores gemeinsam mit ihrer Leiterin Prof. Dagmar Gatz parallel zum Konzert von Caspar und Julian an. Als Treffpunkt war ausgemacht um 22:00 Uhr an der Sparkassen-Arena in Aurich. Da der Bus aus Rostock jedoch super gut durchgekommen ist, waren sie glücklicherweise schon um 20:30 Uhr dort. Da alle in Privatquartieren untergebracht sind, bedeutete dieser Umstand heißglühende Telefondrähte. Aber es hat alles gut geklappt: Die jungen Rostocker waren sehr zufrieden. An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich bei den vielen Gastgeberinnen und Gastgebern, die teilweise sogar den Shuttle-Service zum Treffpunkt übernahmen. Diese Übernachtung war schon einmal ein guter Auftakt, denn zu 11:00 Uhr war die erste Probe in der schönen Warnfriedkirche in Osteel angesetzt. Erst einmal noch ohne Matthias Kirschnereit, der währenddessen an einem privaten Klavier (auch dafür vielen Dank!) in Emden für sich probte. Ab mittags war die Kirche dann erst einmal für alle anderen Sperrgebiet: Der NDR musste alles für den Mitschnitt vorbereiten, endlose Meter Kabel verlegen, die Mikrophone tausendmal justieren … und das dauert! In der Zwischenzeit gab es ein schnelles Mittagessen und danach eine längere Pause für den Chor. Schließlich muss der Busfahrer, der die Vocalisti Rostochienses quasi rund um die Uhr begleitet, seine Ruhezeiten einhalten, damit er sie direkt im Anschluss ans Gezeitenkonzert zurück nach Rostock bringen kann. Eigentlich haben die Studenten und Absolventen der Hochschule für Musik und Theater Rostock nämlich im Augenblick gar keine Zeit für solche Auftritte, schließlich herrscht gerade Prüfungsphase. Näheres dazu und auch zur Auswahl des Programm lesen Sie in der heutigen Ausgabe der Ostfriesischen Nachrichten, für die Karin Baumann ein umfangreiches Interview mit Prof. Dagmar Gatz geführt hat (s. auch …), und im Abendprogramm zum Gezeitenkonzert. Für 17:00 Uhr war ein Schnelldurchgang vom Chor zusammen mit Matthias Kirschnereit und Testmitschnitt angesetzt, um 20:00 Uhr ist Konzertbeginn. Vorher dürfen sich die Beteiligten noch bei einer Brotzeit für ihren großen Auftritt stärken.
Für uns ist es das erste Chorkonzert, das von der Ostfriesischen Landschaft organisiert wird: Wir sind sehr gespannt und freuen uns auf das breite Programm mit Werken, die von Heinrich Schütz und Giovanni Gabrieli über Britten, Whitacre, Schumann und Brahms zu Emil Råberg reichen. Das wird eine ganz andere Hausnummer, als unsere Auftritte früher mit dem Kirchen- oder Gospelchor. Bei den Internationalen Chortagen in Prag ersangen sich die Vocalisti Rostochienses mehrere Preise. 2005 wurden sie beim 18. Internationalen Chorwettbewerb in Verona mit dem ersten Preis und einem Sonderpreis für die beste Interpretation des Pflichtstückes ausgezeichnet.
Mehr als hundert Jahre dauerte es, ehe sich die Reformierten im „lutherischen“ Norden eine eigene Kirche bauen konnten. Seit 1612 durften sie immerhin Gottesdienst abhalten, mussten dazu aber in das vier Kilometer entfernte, reformierte Lütetsburg. Nach vielen Eingaben bekamen sie 1679 vom dort herrschenden Grafen Dodo II. von Knyphausen die Erlaubnis, in seiner Herrlichkeit, nämlich in Bargebur direkt von den Toren Nordens, gegen den Widerstand der Norder und trotz des Bauverbots der fürstlichen Regierung, eine Kirche zu errichten.
Seit einiger Zeit schon hatten sie, weil durch den Umbau des Schlosses die Schlosskapelle nicht mehr zugänglich war, in der Bargeburer Ölmühle Unterschlupf gefunden.
In Norden herrschte ein erbitterter Streit um den rechten Glauben. Kurz nach Beginn der Bautätigkeit kam es deshalb zu einem Aufruhr der Norder Lutheraner, die sich, manche mit „Feuerrohren“ bewaffnet, zusammenrotteten und den begonnenen Bau nebst Baumaterial vernichteten. Danach berichteten sie stolz, sie hätten „das Zwingli’sche Nest verheeret“. Nur unter dem Schutz der Brandenburgischen Truppe, die in Greetsiel lag, konnte die Kirche 1684 endlich gebaut werden. Die in Ostfriesland residierende Fürstin Christine Charlotte, selbst überzeugte Lutheranerin, musste widerwillig der Gründung einer reformierten Kirchengemeinde in Norden zustimmen.
Der schlichte Backsteinbau hat große, rundbogige Fenster, und seine Glocke befindet sich in einem Dachreiter auf dem Walmdach.
Durch einen Vorraum betritt man das von einer gewölbten Decke überspannte Kircheninnere. An der Nordwand befindet sich die Prieche, das logenartige Kirchen-gestühl, der In- und Knyphausenschen Familie. In der Gruft unter der Kirche wurden bis 1790 die Familienmitglieder bestattet. Seitdem dient die „Insel der Seeligen“ im damals neu angelegten Landschaftspark des Lütetsburger Schlosses als Familien-Friedhof.
Die Orgel stammt aus der Werkstatt W. Beckmann, Einbeck. Sie entstand im Erbauungsjahr der Kirche und wurde 2004 vom Orgelbauer Bartelt Immer aus Norden restauriert.
Text: Monika van Lengen
Ev.-ref. Kirche Bargebur
Alter Postweg
26506 Norden-Bargebur
Im Jahre 1765 bestimmte Preußens König Friedrich II., Herr über Ostfriesland, wie die Moore in seiner Provinz kultiviert werden sollten, in einem „Edikt wegen Urbarmachung der in Unserm Fürstenthum Ostfriesland und dem Harlingerlande befindlichen Wüsteneyen, wobey zugleich die Principia Regulativa festgesetzet werden, nach welchen bey Ausweisung der wüsten Feldern und bey Entscheidung der darüber entstehenden Streitigkeiten zu verfahren“.