In der Kunsthalle Emden ist derzeit die Ausstellung „Paul Klee! Meisterwerke aus der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen” zu sehen. Was haben nun Paul Klee und die Gezeitenkonzerte gemein? Beispielsweise gibt es beide im Sommer in Ostfriesland zu erleben. Darüber hinaus eint sie der Qualitätsanspruch an sich und ihre jeweilige Kunst. Paul Klee war Fan klassischer Musik und bevorzugte u. a. die Kompositionen von Bach, Beethoven und Mozart. Verheiratet war er mit der Pianistin Lily Klee, geb. Stumpf, mit der er als leidenschaftlicher Geiger gemeinsam zu Hause musizierte, aber auch zahlreiche Konzerte, sicherlich auch seiner Zeitgenossen wie Schönberg, Hindemith und vielleicht auch Bartók besuchte.
Wir mögen neben der Musik auch die Kunst. Gerade mich persönlich interessieren die Werke Klees und seiner Künstlerkollegen Kandinsky und Macke oder die der „Blauen Reiter“, zu der alle drei gehörten, sehr. →Weiterlesen… “Was haben Paul Klee und die Gezeitenkonzerte gemeinsam?”
Musik
“…Nekkepenn!”
Dräuende Gewitterwolken über dem Haus Nazareth, Sturmflut auf der Bühne: In Norddeich war ordentlich was los, als „Nekkepenns Musiktheater“ am Sonntag von 11 bis 16 Uhr zum Erlebnistag einlud. Fünf Stunden Zeit – und die brauchten sie auch: Vor etwa hundert Kindern (und zusätzlich ebenso vielen Volljährigen inkl. des künstlerischen Leiters der Gezeitenkonzerte) wurde zuerst das Musical „Störtebekers Schatz“ aufgeführt. Dabei zeigten die „Nekkepenns“, was sie drauf haben, sowohl Erwachsene als auch Kinder: Schauspiel, Musik und Tanz, außerdem etwas animiertes Mitmach-Theater bereits jetzt, wenn die Zuschauer das unwetterartige Auftauchen des Meeresgottes Nekkepenn ankündigen halfen.
Das Periodensystem der Musik
Das Ensemble Kaleidophonia liebt es, mit den Elementen zu spielen. Und die sind zahlreich. Zeit und Raum, Klang und Stoff, Holz, Metall und Feuer – sie alle spielten eine Rolle beim Gezeitenkonzert des Ensembles im Heimathaus Aschendorf. Nach ihrem eindrucksvollen Grenzkonzert in Flachsmeer 2012 zog das Ensemble auch in diesem Jahr wieder interessierte Besucher an, die mal etwas anderes als die üblichen Mozart- und Beethoven-Stücke hören wollten. Sie wurden vor allem im ersten Teil des Konzerts mit Stücken belohnt, die vermutlich die wenigsten schon einmal gehört haben.
Das Auftaktkonzert der „Gezeiten“: Wenn Technik auf Kunst trifft
Olli Schulz, einer der besten Singer-Songwriter Deutschlands, erzählt auf seinen Konzerten gerne eine bestimmte Anekdote aus seiner Zeit als Roadie (Techniker) für Peter Maffay: Beim Soundcheck eines Open-Air Konzertes ist Maffay gereizt. Irgendetwas passt ihm nicht; der Sound klingt auf der Bühne nicht gut. Mit seiner unnachahmlichen Stimme knödelt er ins Mikro und fragt den Techniker: „Was ist das für ein Geräusch?“ Der Techniker antwortet: „Peter, das ist der Regen!“. Maffay antwortet: „Stell das ab“.
Was für Regen gilt, gilt auch für Lüftungen. Sie lassen sich nicht einfach abstellen. Sie sind zwar lästig, aber notwendig. Womit wir beim Auftaktkonzert der Gezeitenkonzerte im Emder VW Presswerk angelangt sind.
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Die Gezeiten – Der Mythos
Irgendwo zwischen Forlitz-Blaukirchen und Buttforde vor einigen Jahren.
Apollon, Gott der Dichtkunst und Musik, rumänische Tänze von Bartók pfeifend, streicht durch die Natur. Er streichelt mit seiner großen Hand über die Wallhecken und flüstert mit der Stimme einer zärtlich Mutter, die weiß, dass sie ihr Kind jetzt aus unschuldigen Träumen reißt: „Ostfriesland….pssst…“ Als keine Antwort kommt, etwas energischer: „Hey Ostfriesland!“. Keine Antwort. Dann im dröhnenden Bass: „OSTFRIESLAND!“
Ostfriesland erwacht langsam, fährt die Windräder hoch und krächzt: „Apollon … moin …. Wat wullt du denn?“ Apollons Stimme tönt über die Wiesen wie acht himmlische Posaunen: „Dein kultureller Dornröschenschlaf ist vorbei, meine Verehrte! Es ist kurz vor der Sommersonnenwende. Die Gezeiten sind da!“ →Weiterlesen… “Die Gezeiten – Der Mythos”
„Von Herzen – möge es wieder – zu Herzen gehen!“
Der Kreis schließt sich. Am 21. Juni, einem verregneten Freitag, starteten die zweiten Gezeitenkonzerte der Ostfriesischen Landschaft in der Lambertikirche in Aurich. Gestern, sieben Wochen später, endeten sie in der Emder Johannes a Lasco Bibliothek. Bei beiden Konzerten sprach Matthias Kirschnereit, künstlerischer Leiter, jenes Motto von Beethoven aus, das dieser seiner Missa Solemnis voran stellte: „Von Herzen – möge es wieder – zu Herzen gehen!“
Musik ist, wie ich sie verstehe, keine Kopfsache. Sie lässt sich als Wissenschaft betreiben, als Industrie bewirtschaften und als Kunstprodukt untersuchen. Aber sie ist vor allem eines: eine Herzensangelegenheit. Kein Fall für den Kardiologen, sondern eine Kraft, die etwas auslösen kann, was uns bislang noch kein Geheimdienst dieser Welt stehlen kann: Gefühle.
So bleibt am Ende der Gezeiten 2013 mehr übrig als pure Information wie: 6000 Besucher, 32 Konzerte, Namen, Gesichter, Kirchenreihen, Fahrtkilometer, Abendprogramme usw.
Diese sieben Gezeiten-Wochen im Jahr sind etwas Besonderes. Sie stechen heraus aus 52 Wochen, die oft schnell und hektisch vorbeirauschen und in der Erinnerung verblassen. Unvergessliche Stunden können ewig bleiben. Konzerte gehören im Allgemeinen dazu. Jeder weiß, wann und wo er Alfred Brendel, die Rolling Stones oder die aufstrebende Band aus der Nachbarschaft gesehen hat. Wie oft wurden wir noch in diesem Jahr auf die Gezeiten 2012 angesprochen! Man muss nicht immer Dangast nennen. Aber sagen wir einmal: Amaryllis Quartett in Pewsum und jeder, der da war, weiß Bescheid. Ein Brahms Quintett, das so unter die Haut ging, dass ich eine Woche danach nur Brahms gehört habe.
Für das Team sind diese Wochen die intensivsten überhaupt. Schlaf, Wochenende, Urlaub – alles Fremdwörter in dieser Zeit. Aber wenn alles so gut, harmonisch und mit einer Portion Humor funktioniert, gelingt so ein Festival und Künstler, Besucher und das Team fühlen sich heimisch. Am Ende bleibt ein Gefühl von Dankbarkeit. Auch so eine geniale Eigenschaft von Musik.
Dass sie nicht zwischen Alt und Jung unterscheidet, gehört auch dazu. Und ja, man darf, man soll sogar zu Christian Tetzlaff gehen, auch wenn man vielleicht glaubt, dass man „eh keine Ahnung davon hat“. Wenn klassische Musik ein elitärer Verein wird, hat sie verloren. Das ostfriesische Publikum ist zum Glück neugierig und weltoffen. Vielleicht, weil es noch nicht zu verwöhnt ist. Aber vielleicht auch einfach so, und die Künstler spüren das. Alle wollen wiederkommen, das haben sie Matthias Kirschnereit versprochen. Und doch gibt es auch 2014 jede Menge neue Gesichter. Das Name-Dropping beginnt sicher in den nächsten Monaten.
Für mich persönlich war es auch in diesem Jahr ein Glück, dabei gewesen zu sein und einen winzigen Beitrag leisten zu können. In den letzten vier Jahren, in denen ich in Oldenburg lebe, hatte ich das Glück, oft die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen genießen zu können. Weil dort großartige Musik, außerordentliche Qualität und ein Gesamtprogramm geboten werden, das mitreißend ist.
Aber auch, weil diese Klasse im Nordwesten ihresgleichen gesucht hat. Insofern ist das Jahr 2012 besonders erinnerungswürdig. Weil seitdem dank Matthias Kirschnereit ein Festival in Ostfriesland besteht, das eine kleine, aber exquisite Rolle bundesweit spielt. Weil man nicht mehr zur Berliner Waldbühne fahren muss, um Christian Tetzlaff zu hören. Weil man junge Künstler wie Lilit Grigoryan entdeckt, die in einer intimen ostfriesischen Kirche Musik spielen, die sich in die Seele eingräbt. Weil man sich schon jetzt auf den Sommer 2014 freut.
Welche Erinnerungen von den Gezeiten 2013 übrig bleiben, überlasse ich getrost jedem einzelnen. Sei es der Bach-Abend mit Julian Steckel, die unendliche Nacht der Gipfelstürmer oder schlicht der Geschmack der Currywurst vom Haase-Catering. Jeder Abend hat seine Geschichte, seine Protagonisten und Besonderheiten. In diesem Fall hat die Langlebigkeit von Informationen im Internet ja auch eine gute Sache: Wer mag, kann alle diese Geschichten hier im Blog nachlesen. Jetzt gleich, oder im Winter, bei einer Tasse Tee und guter Musik. Und bis 2014 hält Wibke Heß Sie und mich hier auf dem Laufenden. Bis dahin!