Was soll man sagen – kaum fünf Jahre ist es her, da habe ich im August 2012 mit meinen Eltern in Remels die Herren Christian Tetzlaff und Matthias Kirschnereit musizieren hören dürfen. Und schon war ich wieder hier! Diesmal insbesondere, weil meine liebste alte Hamburger Schulfreundin den Verdi Quartett-Geiger Matthias Ellinger kannte, sich dessen Auftritt gern live anhören wollte und ein Auto besitzt.
Zugegeben, am Abend des Eröffnungskonzertes in Hamburg am Schreibtisch zu sitzen, ist schon ziemlich befremdlich. Und erst zum Konzert Nr. 13 bei den Gezeitenkonzerten aufzukreuzen, macht unfroh und wird im kommenden Jahr durch verbesserte Urlaubsplanung auch nicht wieder vorkommen! Daher traf ich erst jetzt, gut zwei Wochen nach Festivalbeginn, auf eine tiefenentspannte Orga-Truppe, die den Begriff „Nervosität“ wahrscheinlich nicht mal richtig schreiben kann, weil sie ihn nicht kennt. Dirk Lübben behauptete sogar glaubhaft, sich bisher alle Konzerte angehört zu haben und sich am heutigen Tag noch mehr auf Schönberg als auf Brahms zu freuen. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus! Das kann ja nicht nur allein an den sensationellen Programmhefttexten liegen… →Weiterlesen… “Gezeitenkonzert in Remels zum Zweiten”
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Gestern gab es einen furiosen Auftakt der Gezeitenkonzerte mit dem Vogler Quartett und dem Verdi Quartett jeweils solo und beim Mendelssohn-Oktett zum Schluss gemeinsam in der nahezu ausverkauften Auricher Lambertikirche. Das Publikum war restlos begeistert und bedankte sich mit Standing Ovations bei den Künstlern. Die waren geradezu überwältigt von diesen Reaktionen. Hier kommt schon einmal der Beitrag von Gezeiten-TV mit einem Interview mit dem künstlerischen Leiter Matthias Kirschnereit und einem kleinen Einblick.
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Das Filmteam von Gezeiten-TV, bestehend aus Matthias Adelmund vor und Karlheinz Krämer hinter der Kamera, hat am Tag vor dem Eröffnungskonzert der Gezeitenkonzerte am 21. Juni 2013 in der Lambertikirche das Vogler Quartett auf seiner Rhapsody in School in einer fünften Klasse des Auricher Gymnasiums Ulricianum begleitet. Parallel dazu gab das Verdi Quartett dort eine Rhapsody in einer sechsten Klasse der gleichen Schule. Sowohl für die Schüler als auch für die beteiligten Künstler waren beide Rhapsodien unvergessliche Erlebnisse.
Heute haben sowohl das Vogler Quartett als auch das Verdi Quartett ihr Debüt bei Rhapsody in School bei den Gezeitenkonzerten gegeben. Vor einiger Zeit hatte Jutta Glashoff vom Gymnasium Ulricianum bei uns in der Ostfriesischen Landschaft angerufen und gefragt, ob es nicht möglich wäre, ein paar Künstler bei ihrer Bläserklasse vorbei zu schicken, die den Jungen und Mädchen etwas über Musik und ihr Leben als Berufsmusiker erzählen. Ihre Schüler seien sehr interessiert und würden sich sehr freuen. Und sie hätte da auch noch eine weitere Klasse, die sie ebenfalls gerne in diesen Genuss kommen lassen würde. Vielleicht könnten sich die Künstler der Gezeitenkonzerte ja auf knapp 50 Schüler bei einer Rhapsody einlassen. Mir erschien das zu viel auf einmal, Sabine von Imhoff, die Koordinatorin von Rhapsody in School pflichtete mir bei. Aber wir haben ja für das Auftaktkonzert zwei Quartette eingeladen und beide haben sich gerne bereit erklärt, trotz sehr intensiver Proben, vormittags in die Schule zu gehen. Also hat Jutta Glashoff kurzfristig ihre Kollegin Nina Korneli eingespannt. Das Verdi Quartett ging mit ihr in die Aula, das Vogler Quartett nahm mit dem Klassenraum der 5. Klasse vorlieb.
Dirk Lübben und ich haben uns aufgeteilt und waren im Anschluss beide sehr begeistert. Die Musiker waren es ebenso, hatten sie doch gerade angesichts des Alters (zwischen elf und zwölf Jahren) nicht damit gerechnet, so aufmerksame, interessierte und sich aktiv beteiligende Kinder vorzufinden. Beide Quartette haben Haydn’s Kaiserquartett gewählt und anhand dieses Werkes den Künstler und den Aufbau des Werkes erklärt. Zufall oder Absicht? Zwischenzeitlich habe ich von draußen noch einen verspäteten Gast dazu geholt und musste schmunzeln als ich im Flur die Klänge der Nationalhymne hörte. Das Vogler Quartett hatte sich sogar mit Perücken und Umhängen ein bisschen kostümiert und nahm die Kinder mit auf die fiktive beschwerliche Reise nach London mit der Kutsche und übers Meer. Es war überwiegend mucksmäuschenstill.
Im Anschluss an die Rhapsody gab es von beiden Klassen Teepräsente für die einzelnen Streicher und die Klasse von Jutta Glashoff hat gemeinsam mit dem Vogler Quartett noch ein eigenes Stück gespielt. Zuvor wurde um Unterstützung beim Stimmen der Instrumente gebeten, wo auch unsere Künstlerbetreuerin Berit Sohn, die selbst Geige spielt, gerne mithalf. Anschließend gab es noch viele, teilweise Fach bezogene Fragen, denen sich alle acht gerne stellten. Beiden Lehrkräften und den beteiligten Schülerinnen und Schülern darf ich auch im Namen aller Musiker einen großen Dank für die Vorbereitung, den herzlichen Empfang und die Aufmerksamkeit aussprechen! Es hat großen Spaß gemacht!
P.S.: Auch Gezeiten-TV und Ostfriesen-TV waren mit von der Partie, ebenso wie Stefanie Riepe für Nordwest Radio / NDR und Werner Jürgens für die Emder Zeitung / Heimatblatt und Herr Banik für die Ostfriesischen Nachrichten.
Rhapsody in School ist ein von Lars Vogt initiiertes Projekt, bei dem Künstler vor einem Konzert eine Schulklasse besuchen, ein wenig Musik spielen, ihre Instrumente vorstellen und etwas aus ihrem Leben als Künstler erzählen. Bereits im letzten Jahr gab es im Rahmen der Gezeitenkonzerte drei Rhapsodien in Norden, Aurich und Leer, in denen Matthias Kirschnereit und das Duo Jeanquirit (Helge Aurich und David Kindt) sich mit Kindern und Jugendlichen der verschiedenen Altersstufen auseinandergesetzt und dabei tolle Erlebnisse gehabt haben. Es ist wirklich sehr faszinierend, wenn gerade kleine Kinder diesen Erstkontakt mit klassischer Musik genießen!
Allerdings ist es manchmal gar nicht so einfach, so kurzfristig nebenbei noch eine Rhapsody in School zu organisieren. Eigentlich läuft das direkt vom Projekt aus, da wir hier vor Ort jedoch gute Kontakte zu den Schulen haben, habe ich angeboten, mich dazwischen zu schalten. Man merkt deutlich, dass es aufs Ende des Schuljahres zugeht: Die Schule Altes Amt in Friedeburg entlässt erst am Freitag ihre Schüler aus den 9. und 10. Klassen mit einer großen Entlassungsfeier. Die Schule in Wittmund ruft leider nicht einmal zurück, vermutlich wegen der zahlreichen Zeugniskonferenzen und weiterer Termine. Dementsprechend gibt es nun zwar drei Rhapsodien und damit das in diesem Jahr maximal mögliche, aber alle drei finden in Aurich statt. Die Künstler freuen sich, sind es doch kurze Wege. Und der Schulleiter aus Friedeburg bittet darum, unbedingt im nächsten Jahr berücksichtigt zu werden.
Sowohl das Verdi Quartett als auch das Vogler Quartett gehen zusammen am Donnerstag ins Gymnasium Ulricianum. Dort gibt es zwei sehr interessierte Musiklehrerinnen, die aktiv auf uns zugekommen sind und nach einer Rhapsody gefragt haben. Im letzten Jahr hat mir der der dortige Fachobmann für Musik noch einen Korb gegeben. Nun wäre es nur fast an den Probenplänen der beiden Quartette gescheitert. Wie schön wäre es doch, wenn wir so etwas gleich ein paar Monate im Vorfeld festmachen könnten. Das wird vermutlich aber auch für die kommenden Jahre Wunschdenken bleiben, gerade wenn es sich um mehr als nur einen Künstler handelt. Frau von Imhoff als Projektleiterin von Rhapsody in School freut sich, dass es nun doch alles kurzfristig klappt. Schon längst hatte sie die acht Musiker aus den Quartetten auf ihrer Wunschliste. Nun debütieren sie bei den Gezeitenkonzerten im fernen Aurich und sie ist traurig, dass sie nicht dabei sein kann. Auch das werden wir im nächsten Jahr ändern!
Heute Nachmittag kam dann noch die dritte Rhapsody mit Matthias Kirschnereit zustande: Er begibt sich am Freitag in die 9. Klasse der Realschule Aurich. Dort gibt es erneut zwei engagierte Lehrkräfte für das Fach Musik, die normalerweise beide freitags unterrichten. Die, mit der ich zuerst gesprochen habe, ist allerdings am 21. Juni mit ihrer Klasse im Heidepark, sodass ihre Kollegin zum Zuge kommen wird und sich sehr darüber freut.
Es ist fast wie kurz vor Weihnachten. Wir haben heute unser erstes imaginäres Türchen am Gezeitenkalender aufgemacht. Noch 24 Tage liegen vor uns, bevor es am 21. Juni um 20:00 Uhr mit den Gezeitenkonzerten 2013 losgeht. Kalendarisch geht damit der Sommeranfang einher. Dann gibt es in der Auricher Lambertikirche gleich zwei Quartette, die sich ins Zeug legen, uns eine furiose Eröffnung zu bereiten. Alle acht Mitglieder, sowohl vom Verdi als auch vom Vogler Quartett sind – ebenso wie wir vom Team – schon voller Vorfreude.Beide Quartette haben – neben der klassischen Besetzung – eine interessante Gemeinsamkeit: Sie wurden 1985 gegründet und haben sich in diesen 28 Jahren zu musikalischen Spitzenformationen entwickelt. Die Kollegen Gert Ufkes und Uwe Pape haben Anfang Januar bereits das Verdi Quartett kennen gelernt, als es zusammen mit Matthias Kirschnereit in Bremen in der Glocke aufgetreten ist. Die beiden waren sehr angetan, vor allem von der unglaublichen Konzentration und Spielfreude und der Herzlichkeit ihnen als Unbekannten gegenüber im Anschluss in der Künstlergarderobe.
An diesem Mittsommerabend beginnt das Verdi Quartett mit – große Überraschung – Giuseppe Verdi! Der großartige Komponist würde in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag feiern. Bekannt ist er für seine großen Opern, die können und wollen wir bei den Gezeitenkonzerten (noch?) nicht wuppen. Allerdings ist dieses Streichquartett in e-Moll aus dem Jahr 1873 insofern etwas Besonderes als dass es Verdis einziges ist.
Danach spielen Stefan Fehlandt, der Bratschist aus dem Vogler Quartett und Zoltan Paulich, Cellist des Verdi Quartetts zusammen „Bukoliki“ von Witold Lutosławski – eine schöne Überleitung zum nachfolgenden Stück von Erwin Schulhoff, bei dem dann das Vogler Quartett übernimmt. Beide Komponisten eint, dass sie und ihre Werke für viele nicht so bekannt sind. Für mich sind sie gleich zu Anfang eine Entdeckung. Beide eint, dass ihre Werke zumindest zeitweise verboten waren. Lutosławskis wurden im kommunistischen Polen als „formalistisch“ eingestuft und Aufführungen daher verboten.
Erwin Schulhoff, Sohn jüdischer Eltern, der in Prag geboren wurde, wurde bereits als Siebenjähriger von Antonín Dvořák ans dortige Konservatorium empfohlen. Er gilt insbesondere als erster Komponist, der Elemente des Jazz in die europäische Kunstmusik integrierte (“Hot Music“ für Klavier, 1928). Im Jahr 1941 nahm er die sowjetische Staatsbürgerschaft an, wurde am 23. Juni 1941 in Prag interniert, nach Bayern deportiert und starb dort am 18. August 1942 im Lager Wülzburg bei Weißenfels. Das Vogler Quartett hat ihm eine eigene CD gewidmet.
Den krönenden Abschluss nach der Pause setzen beide Quartette gemeinsam mit der Aufführung von Felix Mendelssohn Bartholdys Oktett für Streicher Es-Dur op. 20 – eine Herausforderung für die beiden Formationen, die sie gerne annehmen. Einstudiert wird dieses Werk erst vor Ort in Aurich – wir freuen uns bereits über die formidable akustische Untermalung bei unserer Arbeit nebenan im Landschaftsforum.
Faszinierend an diesem Werk finde ich, dass Mendelssohn es bereits im Alter von 16 Jahren komponiert hat. Zu seiner Zeit war diese doppelte Streichquartettbesetzung ein Novum. Grundlage bot dem jungen Mann eine Szene aus Goethes „Faust“, aus dem „Walpurgistraum“ wie er seiner Schwester Fanny verriet.
Mehr zu den Werken lesen Sie im Abendprogramm zu dem Konzert. Ich danke Ulf Brenken, dass er es mir bereits zur Verfügung gestellt hat: Es hat mir großen Spaß gemacht, etwas über die Werke zu lesen.
Wer noch keine Karten für das Eröffnungskonzert hat, sollte sich vielleicht nicht mehr unbedingt 24 Tage lang Zeit lassen, sondern einfach in den nächsten Tagen bei uns im Landschaftsforum vorbeikommen oder anrufen: Gerne beraten wir Sie zu diesem und allen weiteren Gezeitenkonzerten.