Keep calm and listen to Daniel Hope

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Daniel Hope und Sebastian Knauer spielten vor 650 Gästen ihr Gezeitenkonzert "YehudiMenuhin@100"
Daniel Hope und Sebastian Knauer spielten vor 650 Gästen ihr Gezeitenkonzert “YehudiMenuhin@100”

Hallo, ich lebe auch noch! Die letzte Gezeiten-Woche musste ich leider auslassen, da ich mit dem Landesjugendchor Niedersachsen unsere Konzerte im September bei den Nds. Musiktagen vorbereitet habe. Nach einer Woche im Kloster Michaelstein (Blankenburg) und der Landesmusikakademie in Wolfenbüttel kam ich etwas hungrig (in Sachsen-Anhalt sind die Kartoffeln rationalisiert) und mit kreiselnden Ohrwürmern von Rautavaara, Monteverdi und Vaughan Williams zurück.

Auf mich wartete mein persönlicher Höhepunkt in diesem Jahr: Daniel Hope, hier bei uns in Ostfriesland. Kaum ein Gezeitenkonzert war so signifikant mit einem Namen im Vorverkauf verbunden: Werden die Konzerte oftmals „Leer“ oder ganz verwirrend „Christuskirche“ genannt, hieß dieses Konzert nur „Daniel Hope“ Für den bin ich vor zwei Jahren nach Groningen gefahren, es war ein unvergesslicher Abend. Korngolds Violinkonzert in der ersten Konzerthälfte, gefolgt von Brahms´ dritter Symphonie mit dem wunderbaren Noord Nederlansk Orkest. Die verhauene Matheklausur am Tag danach und die drei Stunden Heimfahrt wegen einer gesperrten Autobahn nimmt man da doch gerne in Kauf.

Gestern war unsere Anreise nicht ganz so lang, es sind nur 300 m vom Festivalbüro zur Lambertikirche, die ein kleines Raumwunder ist. 650 Menschen hätte ich der äußerlich gar nicht so großen Kirche eigentlich nicht zugetraut. Doch alles war möglich, der Einlass lief glücklicherweise ohne Tumulte und Massenpanik ab, und die Gäste, die auf Hörplätzen oben auf der Empore saßen, konnten Dank der Übertragung das Geschehen auf der Bühne auch überblicken. Ich hatte das große Glück, auf einem unbesetzten Presseplatz zu sitzen, also konnte ich alles sehen, den Geiger, den Pianisten, die Füße des Pianisten und das iPad. Daniel Hope spielt nicht etwa aus Papiernoten, sondern benutzt ein Tablet, bei dem er mit dem Fuß blättern kann. Sehr praktisch, aber die Pedale sind fürchterlich klein, ich würde bestimmt ständig zurückblättern. →Weiterlesen… “Keep calm and listen to Daniel Hope”

Volle Fahrt voraus!

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Das Auftaktkonzert am 19.06. in der Auricher Lambertikirche

So sieht Spielfreude aus: Kit Armstrong mit Kerstin Dill und Annette Walther vom Signum Quartett
So sieht Spielfreude aus: Kit Armstrong mit Kerstin Dill und Annette Walther vom Signum Quartett

Am 19. Juni 2015 um 20:02 Uhr wurde die vierte Saison der Gezeitenkonzerte von Herrn König eröffnet – Herrn Pastor Heinfried König, Hausherr der Auricher Lambertikirche. Seiner kurzen Begrüßung („Musik ist, was unserer Seele gut tut.“) folgten eine Ansprache durch den 48. Präsidenten der Ostfriesischen Landschaft, Rico Mecklenburg („Im Wesen der Musik liegt es, Freude zu bereiten.“) und eine Rede des künstlerischen Leiters der Gezeitenkonzerte, Prof. Matthias Kirschnereit („Ein sehr, sehr glücklicher Moment, auf den ich mich lange gefreut habe.“). Dank zu sagen galt es besonders dem traditionellen Sponsor der Eröffnungskonzerte, der Oldenburgischen Landesbank.

Dann übernahmen die Musiker das Kommando. Zuerst betrat der 23-jährige Pianist Kit Armstrong, sehr jung und schon eine Künstlerpersönlichkeit, das Podium und spielte das „Italienische Konzert“ (BWV 971) von Johann Sebastian Bach. Seine quicklebendige Interpretation schien die spätbarocke Entstehungszeit des Werkes zu ignorieren und Bach um Jahrzehnte zu verjüngen – als wäre er der große Bruder der Klassiker Haydn oder sogar Mozart. So schwungvoll und leidenschaftlich und aus der Zeit gezogen hat man diesen Bach noch nicht gehört. →Weiterlesen… “Volle Fahrt voraus!”

Lambertikirche in Aurich

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Ev.-luth. Lambertikirche Aurich, Foto: Karlheinz Krämer
Ev.-luth. Lambertikirche Aurich, Foto: Karlheinz Krämer

Der älteste Teil der Kirche ist der Lambertiturm, das Wahrzeichen Aurichs. Er wurde im späten Mittelalter aus Backsteinen errichtet und 1682 mit einem achteckigen, mit Schiefer gedeckten Aufbau und einer Turmspitze versehen.

Die bald nach 1200 erbaute, schlichte Einraumkirche, die im 15. Jahrhundert erweitert wurde und deren Altarraum seit 1588 dem Grafen- und Fürstengeschlecht der Cirksena als Begräbnisstätte diente, wurde 1826 wegen Baufälligkeit abgerissen. Die Gebeine der ostfriesischen Herrscherfamilie fanden vorübergehend ihren Platz in einem Kellergewölbe, bis die Särge 1880 in das Mausoleum auf dem Friedhof überführt wurden. Die elf erhalten gebliebenen Sarkophage sind restauriert und man kann das Mausoleum besichtigen. (Den Schlüssel hat der Friedhofswärter.) →Weiterlesen… “Lambertikirche in Aurich”

Noch 24 Tage bis zum Sommeranfang

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Verdi Quartett, Foto: Momo Rabenschlag
Verdi Quartett, Foto: Momo Rabenschlag

Es ist fast wie kurz vor Weihnachten. Wir haben heute unser erstes imaginäres Türchen am Gezeitenkalender aufgemacht. Noch 24 Tage liegen vor uns, bevor es am 21. Juni um 20:00 Uhr mit den Gezeitenkonzerten 2013 losgeht. Kalendarisch geht damit der Sommeranfang einher. Dann gibt es in der Auricher Lambertikirche gleich zwei Quartette, die sich ins Zeug legen, uns eine furiose Eröffnung zu bereiten. Alle acht Mitglieder, sowohl vom Verdi als auch vom Vogler Quartett sind – ebenso wie wir vom Team – schon voller Vorfreude.Beide Quartette haben – neben der klassischen Besetzung – eine interessante Gemeinsamkeit: Sie wurden 1985 gegründet und haben sich in diesen 28 Jahren zu musikalischen Spitzenformationen entwickelt. Die Kollegen Gert Ufkes und Uwe Pape haben Anfang Januar bereits das Verdi Quartett kennen gelernt, als es zusammen mit Matthias Kirschnereit in Bremen in der Glocke aufgetreten ist. Die beiden waren sehr angetan, vor allem von der unglaublichen Konzentration und Spielfreude und der Herzlichkeit ihnen als Unbekannten gegenüber im Anschluss in der Künstlergarderobe.

An diesem Mittsommerabend beginnt das Verdi Quartett mit – große Überraschung – Giuseppe Verdi! Der großartige Komponist würde in diesem Jahr seinen 200. Geburtstag feiern. Bekannt ist er für seine großen Opern, die können und wollen wir bei den Gezeitenkonzerten (noch?) nicht wuppen. Allerdings ist dieses Streichquartett in e-Moll aus dem Jahr 1873 insofern etwas Besonderes als dass es Verdis einziges ist.

Danach spielen Stefan Fehlandt, der Bratschist aus dem Vogler Quartett und Zoltan Paulich, Cellist des Verdi Quartetts zusammen „Bukoliki“ von Witold Lutosławski – eine schöne Überleitung zum nachfolgenden Stück von Erwin Schulhoff, bei dem dann das Vogler Quartett übernimmt. Beide Komponisten eint, dass sie und ihre Werke für viele nicht so bekannt sind. Für mich sind sie gleich zu Anfang eine Entdeckung. Beide eint, dass ihre Werke zumindest zeitweise verboten waren. Lutosławskis wurden im kommunistischen Polen als „formalistisch“ eingestuft und Aufführungen daher verboten.

Vogler Quartett, Foto: Özgür Albayrak
Vogler Quartett, Foto: Özgür Albayrak

Erwin Schulhoff, Sohn jüdischer Eltern, der in Prag geboren wurde, wurde bereits als Siebenjähriger von Antonín Dvořák ans dortige Konservatorium empfohlen. Er gilt insbesondere als erster Komponist, der Elemente des Jazz in die europäische Kunstmusik integrierte (“Hot Music“ für Klavier, 1928). Im Jahr 1941 nahm er die sowjetische Staatsbürgerschaft an, wurde am 23. Juni 1941 in Prag interniert, nach Bayern deportiert und starb dort am 18. August 1942 im Lager Wülzburg bei Weißenfels. Das Vogler Quartett hat ihm eine eigene CD gewidmet.

Den krönenden Abschluss nach der Pause setzen beide Quartette gemeinsam mit der Aufführung von Felix Mendelssohn Bartholdys Oktett für Streicher Es-Dur op. 20 – eine Herausforderung für die beiden Formationen, die sie gerne annehmen. Einstudiert wird dieses Werk erst vor Ort in Aurich – wir freuen uns bereits über die formidable akustische Untermalung bei unserer Arbeit nebenan im Landschaftsforum.

Faszinierend an diesem Werk finde ich, dass Mendelssohn es bereits im Alter von 16 Jahren komponiert hat. Zu seiner Zeit war diese doppelte Streichquartettbesetzung ein Novum. Grundlage bot dem jungen Mann eine Szene aus Goethes „Faust“, aus dem „Walpurgistraum“ wie er seiner Schwester Fanny verriet.

Mehr zu den Werken lesen Sie im Abendprogramm zu dem Konzert. Ich danke Ulf Brenken, dass er es mir bereits zur Verfügung gestellt hat: Es hat mir großen Spaß gemacht, etwas über die Werke zu lesen.

Wer noch keine Karten für das Eröffnungskonzert hat, sollte sich vielleicht nicht mehr unbedingt 24 Tage lang Zeit lassen, sondern einfach in den nächsten Tagen bei uns im Landschaftsforum vorbeikommen oder anrufen: Gerne beraten wir Sie zu diesem und allen weiteren Gezeitenkonzerten.

Wir bedanken uns bei unseren Festivalförderern