Ostfriesische Trilogie – Rihm

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Zweiter Tag: Luftanhalten in Leer

Ulf Brenken und Wolfgang Rihm beim 'Komponistenporträt Rihm' im Rahmen der Gezeitenkonzerte, Foto: Karlheinz Krämer
Ulf Brenken und Wolfgang Rihm beim ‘Komponistenporträt Rihm’ im Rahmen der Gezeitenkonzerte, Foto: Karlheinz Krämer

Dann kam er durch die Hotellobby auf mich zu, ein stattlicher Mann, und lächelte kurz. Ich stellte mich vor, er drückte mir die Hand, schaute freundlich zu mir herunter und fragte, woher er mich kenne. Ein Missverständnis, wir hatten uns nie zuvor gesehen. Er amüsierte sich und meinte, in letzter Zeit habe er so viele Menschen getroffen, da wisse er manchmal auch nicht immer, wer das nochmal war. Ich sei aufgeregt, ihn zu treffen? „Kein Stress!“

Wolfgang Rihm, der größte lebende Komponist unserer Zeit, hat das ihm gewidmete Gezeitenkonzert auf dem Schloss Evenburg in Leer-Loga besucht. Er war mit der Bahn aus Karlsruhe angereist, blieb über Nacht und fuhr am folgenden Tag wieder nach Hause. Es habe ihn gereizt, ein so umfangreiches Programm mit eigenen Werken zu hören, inklusiver zweier Streichquartette und vier weiterer Werke, nur eines davon in Auszügen. →Weiterlesen… “Ostfriesische Trilogie – Rihm”

Musik, die in sich selbst hineinzuhören scheint

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Porträtkonzert mit Peter Ruzicka im Rahmen der Gezeitenkonzerte, Foto: Karlheinz Krämer
Porträtkonzert mit Peter Ruzicka im Rahmen der Gezeitenkonzerte, Foto: Karlheinz Krämer

Wenn man nachmittags zum ersten Mal vor der Kunsthalle Emden steht und weiß, welches Gezeitenkonzert hier abends vorgesehen ist, bleiben keine Fragen offen: Hier muss tatsächlich Neue Musik gespielt werden! Das moderne, helle Atrium mit seinen weißen Wänden, an denen großformatige Gemälde hängen, dazu das Tageslicht von hoch oben – das ist perfekt. Und so schwierig es immer ist, viele Musikfreunde für zeitgenössische Klänge zu interessieren, war es doch befriedigend, dass etwa sechzig Besucher für dieses sechste Konzert unseres Festivals eine Eintrittskarte hatten.

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Neue Musik in der Kunsthalle

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Peter Ruzicka, Foto: Wilfried Beege
Peter Ruzicka, Foto: Wilfried Beege

Nach unserem Portraitkonzert mit Jörg Widmann und dessen Werken im vergangenen Jahr, interpretiert vom jungen Rostocker neophon ensemble, gibt es in diesem Jahr eine Neuauflage. Peter Ruzicka, in Hamburg lebender Komponist und früherer Intendant der Salzburger Festspiele, hat sich sehr über die Anfrage Matthias Kirschnereits, ob er eine Auswahl seiner Werke in der Kunsthalle Emden vorstellen mag, gefreut und begeistert zugestimmt. Er sprach den Wunsch aus, dieses Vorhaben gemeinsam mit dem Minguet Quartett, einem der führenden Streichquartette der jüngeren Generation weltweit, zu realisieren. Das macht Sinn, hat doch genau dieses Ensemble für die Einspielung sämtlicher Werke Peter Ruzickas für Streichquartett 2010 den Echo Klassik verliehen bekommen.

Glücklicherweise ist Annette Reisinger, 2. Geigerin und Managerin, eine sehr aufgeschlossene und engagierte Frau, die sogleich zusagte, sich um eine Sängerin für sein 6. Streichquartett mit Sopran “ERINNERUNG UND VERGESSEN” zu bemühen, mit der das Quartett gut harmonieren würde. So werden nun am 27. Juni 2014 auf der Bühne im Atrium der Kunsthalle Emden neben Peter Ruzicka und dem Minguet Quartett auch die russische Sopranistin Alexandra Lubchansky und die Pianistin Sophie-Mayuko Vetter auf der Bühne stehen. Eine weitere Besonderheit dieses Gezeitenkonzertes ist, dass Sophie-Mayuko Vetter Peter Ruzickas „R.W.“ in einer Fassung für Klavier solo zur Uraufführung bringen wird. Der SIKORSKI Verlag schrieb darüber jüngst: „R.W.“ ist Teil des Gesamtwerkes „ZWEI ÜBERMALUNGEN“ für großes Orchester, welches die Philharmoniker Hamburg unter der Leitung des Komponisten am 17. November 2013 in der Laeiszhalle Hamburg uraufgeführt hatten. Das Bemerkenswerte an „ZWEI ÜBERMALUNGEN“ ist, dass zwei im Grunde voneinander unabhängige Werke miteinander korrelieren. Das zweite Werk „ÜBER UNSTERN“ bezieht sich auf Liszts spätes Klavierwerk „Unstern – Sinistre“ aus dem Jahr 1885, bei dem Untertitel „R.W.“ handelt es sich um eine Hommage an Richard Wagner.”

Die Kunsthalle freut sich, dass die Ostfriesische Landschaft den Mut hat, im Rahmen der Gezeitenkonzerte speziell Neue Musik im Atrium zu etablieren. Sicherlich ist das kein Programm für jedermann. Was es für mich so interessant macht, ist, dass der Komponist selbst dabei ist und die Gelegenheit bekommt, seine Werke oder die Intention seiner Komposition zu erläutern. Peter Becker hat auf Ruzickas Homepage sehr viel über dessen Schaffen geschrieben, aber zwischen Lesen und Erleben liegen eben doch Welten. Nichts desto trotz kann ich jedem Interessenten das Studium der Homepage von Peter Ruzicka ans Herz legen: Es gibt viel zu entdecken, ebenso wie bei den ausführenden KünstlerInnen. Und ich werde mir nicht anmaßen, irgendetwas zu seinem Oeuvre zu schreiben: Hörproben gibt es auch!

Minguet Quartett, Foto: Ruth Hommelsheim
Minguet Quartett, Foto: Ruth Hommelsheim

Nicht nur Uwe Pape hat sich gefragt, wo der Name Minguet Quartett herkommt: „Pablo Minguet war ein spanischer Philosoph des 18. Jahrhunderts, der sich in seinen Schriften darum bemühte, dem breiten Volk Zugang zu den Schönen Künsten zu verschaffen – für das Minguet Quartett ist dieser Gedanke künstlerisches Programm.“ (Zitat: Homepage)
Es ist nicht ihr erstes Konzert in der Kunsthalle. Wie mir Annette Reisinger verriet, war das Minguet Quartett genau dort schon vor ein paar Jahren mit den Niedersächsischen Musiktagen zu Gast.

Alexandra Lubchansky ist eine international gefragte Konzertsängerin, die bereits als Solistin u.a. mit dem Deutschen Symphonieorchester Berlin, den Sinfonieorchestern des Bayerischen Rundfunks und des Hessischen Rundfunks, der Nordwestdeutschen Philharmonie und dem Österreichischen Ensemble für Neue Musik auftrat.

Sophie-Mayuko Vetter, Foto: Black Spring Graphics
Sophie-Mayuko Vetter, Foto: Black Spring Graphics

Sophie-Mayuko Vetter gilt als eine der vielseitigsten und bemerkenswertesten Pianistinnen der jungen Generation. Geboren in Japan, kam sie bereits als Siebenjährige nach Deutschland. Im gleichen Alter gab sie ihren ersten Soloabend im Mozarteum Salzburg. Auf vielen internationalen Podien, etwa bei den Salzburger Festspielen, in Frankfurt, München, London, Hongkong und Tokyo, stellte sie ihr breites Repertoireprofil vom Frühbarock über das pianistische Kernrepertoire bis zur zeitgenössischen Musik unter Beweis. Interessant finde ich auch, dass sie bis zum Alter von 18 Jahren gemeinsam mit ihrem Vater Michael Vetter weltweit Konzerte und Meisterkurse als Obertonsängerin gab – Einflüsse, die ihr Klangempfinden als Pianistin laut ihrem Lebenslauf in besonderer Weise mitgeprägt haben.

Peter Ruzicka wurde 1948 in Düsseldorf geboren. An eine instrumentale und theoretische Ausbildung am Hamburger Konservatorium (Klavier, Oboe, Kompositionstheorie) schlossen sich Kompositionsstudien bei Hans Werner Henze und Hans Otte an. Er studierte Rechts- und Musikwissenschaften in München, Hamburg und Berlin und promovierte mit einer interdisziplinären Dissertation über das “ewige Urheberpersönlichkeitsrecht”. Letztere gibt es übrigens zum Download ebenfalls auf seiner Homepage.

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