Jedes Jahr aufs Neue kommt es vor, dass unsere Konzertgäste etwas bei einem Gezeitenkonzert vergessen oder auch verlieren. Dementsprechend haben wir mittlerweile eine kleine Sammlung an vorwiegend Schirmen und Lesebrillen oder Ersatzbatterien für Hörgeräte. Leider haben wir den Fahrradschlüssel des Besuchers des Gezeitenkonzertes in Weener nicht wieder gefunden. Er hatte sich, gleich nachdem er den Verlust bemerkt hatte, bei uns gemeldet und um eine entsprechende Nachricht gebeten, sollte der Schlüssel wieder auftauchen. Für uns ist es immer eine besondere Freude, wenn wir die Fundsachen ihren Besitzern zurück geben können. Zwei besondere Begebenheiten sind es wert, darüber im Blog zu berichten.
In Sengwarden konnte ich mir nach der Pause das Konzert mit Christian Tetzlaff und Matthias Kirschnereit leider nicht weiter anhören, da ich zugesagt hatte, noch Fotos und andere Informationen an die Presse zu verschicken. Also habe ich mir den Laptop samt Internetstick geschnappt und mich zu den „Haasen“ in den Pfarrgarten gesetzt. Auf einmal bemerkte ich zu meinen Füßen ein kleines Leder-Portemonnaie. Darin befand sich relativ viel Bargeld, leider jedoch kein Hinweis auf den oder die Eigentümerin. Unseren jungen Mitarbeiterinnen an der Kasse hatte ich am selben Abend Bescheid gesagt, falls sich jemand meldet und zur Sicherheit am Folgetag, an dem kein Gezeitenkonzert auf dem Programm stand, noch Wiebke Schoon eine Nachricht geschickt. Und tatsächlich konnte die glückliche Besitzerin, die zufällig aus Emden stammte und bereits Karten hatte, am Sonntag bei der öffentlichen Probe ihr Portemonnaie, ein ihr wichtiges Erinnerungsstück, in Empfang nehmen. Unglaublich nett fand ich, dass sie als Finderlohn einen Gutschein über einen Besuch der Kunsthalle Emden samt Kaffee im „Henri’s“ an der Kasse hinterlassen hat. Für uns alle ist es glücklicherweise eine Selbstverständlichkeit, alles daran zu setzen, dass die Gegenstände ihren Weg zurück nach Hause finden!
Nach dem Abschlusskonzert mit der Kammerakademie Potsdam und Matthias Kirschnereit dauerte es noch bis nach Mitternacht, bis alle alles eingepackt hatten und sich auch die letzten anschickten, die Johannes a Lasco Bibliothek zu verlassen. Plötzlich kam durch den Seiteneingang ein Ehepaar, den Blick starr auf den Boden gerichtet. Im ersten Moment wusste ich nichts damit anzufangen und sah meine baldige Abfahrt gefährdet, ging aber freundlich auf sie zu und fragte, ob ich helfen könne.
Sie hatten just an dem Abend vom stellvertretenden Landschaftspräsidenten und überzeugten Münkeboer Hilko Gerdes eine alte Fotografie einer Hofstelle im Ort überreicht bekommen, nach der sie schon lange gesucht hatten, weil sie sie ihrer Verwandtschaft in den USA schicken wollten. Diese war im letzten Jahrhundert von Münkeboe aus über Bremerhaven ausgewandert. Um das Bild vor dem Verknicken zu schützen, hatten sie es in das Abendprogramm gelegt und beim Verlassen des Saales vergessen. In der Zwischenzeit war es darüber offensichlich schon zu erregten Diskussionen zwischen den beiden gekommen. Zu diesem Zeitpunkt war natürlich schon alles bis auf einen letzten Karton mit Altpapier weggeräumt. In diesem fanden sich zufälligerweise die Eintrittskarten des Paares, nicht jedoch das Abendprogramm mit dem Foto. Sehr enttäuscht machten sich die beiden auf den Heimweg, hatten sie doch gerade ihrer Verwandtschaft avisiert, dass sie etwas für sie gefunden hätten. Am nächsten Tag habe ich noch vor unserer Abschlusspressekonferenz meine Kollegin Wiebke Schoon gefragt, ob sie rein zufällig (das war nun in meinen Augen doch recht aussichtslos, vor allem, nachdem die Tickets im Karton gefunden wurden, aber nicht das Bild) ein Foto gefunden habe. Und tatsächlich reichte sie mir die Schwarz-Weiß-Fotografie über den Tisch und fragte: „Meinst Du vielleicht dieses?“ Leider musste das Ehepaar noch einen weiteren Tag in ihrer Ungewissheit bleiben, da sie die Gelegenheit genutzt hatten, noch in Emden zu bleiben, aber die Freude über den erlösenden Anruf am Dienstagvormittag war enorm!