„Anstiftung zum Mord“: Lew Tolstois und Ludwig van Beethovens Kreutzersonate

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Liya Petrova und Lilit Grigoryan bei der Langen Nacht der Gipfelstürmer 2013, Foto: Karlheinz Krämer
Liya Petrova und Lilit Grigoryan bei der Langen Nacht der Gipfelstürmer 2013, Foto: Karlheinz Krämer

Das erste Wort- und Musik-Programm bei den diesjährigen Gezeitenkonzerten ist das Concerto recitativo „Anstiftung zum Mord”: Lew Tolstois und Ludwig van Beethovens Kreutzersonate am Mittwoch, 2. Juli um 20:00 Uhr im Alten Kurhaus Dangast. Hans Christian Schmidt-Banse und Annette Kristina Banse bekommen für diesen Abend musikalische Unterstützung von Liya Petrova (Violine) und Lilit Grigoryan (Klavier), die im letzten Jahr gemeinsam bei der Langen Nacht der Gipfelstürmer aufgetreten sind.

Zum Programm hat mir Hans Christian diesen Text zur Verfügung gestellt:
„Dass eine Frau erdolcht wird, nur weil sie Klavier spielt und einen befreundeten Geiger bei Beethovens ‚Kreutzersonate’ begleitet, dürfte gottlob eher zu den seltenen Ereignissen der musikalischen Interpretationsgeschichte zählen. Ermordet nicht wegen falscher Fingersätze, sondern weil ein pathologisch eifersüchtiger Ehemann mutmaßt, gemeinsames Musizieren erfülle bereits den Tatbestand vollzogenen Ehebruchs … ein delikates und bis auf den heutigen Tag ungelöstes juristisches Problem.
Der im Affekt tötende Ehemann argwöhnt, dass ein intimes Beieinander mit unvermeidbarer körperlicher Berührung zu moralischen Irritationen führen müsse. Doch nicht nur die körperliche Nähe, so der Ehemann, erzeuge verwerfliches Verhalten. Die eigentliche Verführungsgewalt liege in der Musik, sie sei ein sinnenverwirrendes Gift … es ist Ludwig van Beethovens Sonate für Violine und Klavier Nr. 9 A-Dur op. 47 (genannt ‚Kreutzersonate’), darin Lew Tolstoi in seiner berühmten Novelle den alleinigen Anlass zu Sex and Crime wittert.
Dieser historische Kriminalfall sei jetzt erneut aufgerollt, die Geschichte nacherzählt, die Musik der ‚Kreutzersonate’ auf den Prüfstand geschickt … ist sie wirklich eine Droge, die Mordgelüste weckt?

Annette Kristina Banse und Hans Christian Schmidt-Banse beim Concerto recitativo 2012, Foto: Karlheinz Krämer
Annette Kristina Banse und Hans Christian Schmidt-Banse beim Concerto recitativo 2012, Foto: Karlheinz Krämer

In mittlerweile über 200 Programmen präsentieren Hans Christian Schmidt-Banse und Annette Kristina Banse seit vielen Jahren mit ihrem Concerto recitativo ein musikalisch-literarisches Konzertformat, das eine gewisse Ähnlichkeit mit dem unterhaltsamen Hörspiel hat. Ihre Absicht ist, die Zuhörenden kundiger, bereicherter und angeregter aus einem Konzert zu entlassen, als sie hineingegangen sind. Sein Motto leiht sich das Autorenpaar, das alle Texte selber schreibt, bei Victor Hugo aus: „Musik drückt aus, was nicht gesagt werden kann und was zu verschweigen unmöglich ist“

Gerade habe ich den ergänzenden Text von Ulf Brenken fürs Abendprogramm bekommen. Natürlich will ich nicht alles verraten, fand aber seine Anmerkung, dass auch der Tscheche Leoš Janáček (1854-1928) unter dem Titel „Kreutzersonate“ 1923 sein aufregendes erstes Streichquartett komponierte, das sich musikalisch wiederum auf die Tolstoi-Novelle bezieht, interessant.

Ich bin sehr gespannt auf dieses Gezeitenkonzert, habe ich doch die Novelle vor einiger Zeit erst gelesen und weiß, dass Liya und Lilit sich sehr auf ihren gemeinsamen Auftritt freuen. Was kann es schöneres geben als an einem lauen Sommerabend vor spektakulärer Kulisse in Dangast solch ein Programm präsentiert zu bekommen?

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