Nesse – St. Marienkirche
Nesse war im frühen Mittelalter ein auf einer Langwarf gelegener Handelsort. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts bekam dieser eine im romanischen Stil erbaute Kirche aus Tuffstein, einem Vulkangestein, das aus der Eifel über den Seeweg nach Ostfriesland kam. Dieses Material hielt dem rauhen Klima der ostfriesischen Halbinsel, wie man es auch an vielen anderen Kirchenbauten dieser Zeit sehen kann, nicht Stand. Die hohe Qualität der Baukunst ist aber noch zu erahnen an dem im 16. Jahrhundert mit dem viel robusteren Backstein „geflickten“ Kirchenbau. So sind Reste der alten kleinen Fenster und des Rundbogenfrieses unter der Traufe sowie ein zugemauertes Portal in der Nordwand erhalten. Die alte Apsis wurde 1493 durch einen polygonalen Chor ersetzt. Die großen Fenster zeigen Formen der Spätgotik und lassen viel Licht in das Innere der Kirche.
Betritt man die Kirche, fällt das Auge auf die mit farbigem Rankenwerk verzierte Balkendecke und auf den dreibogigen steinernen Lettner, der gleichzeitig wie der Anbau des Chores erbaut wurde und diesen vom Kirchenschiff trennt.
Auf ihn wurde, nachdem er seine Funktion als Schranke zwischen der heiligen Handlung am Altar und der Kirchengemeinde durch die Reformation verlor, die Orgel verlegt, deren Prospekt neugotische Formen zeigt. Das Instrument baute 1988 die Orgelwerkstatt Hildesbrand aus Altwarmbüchen, nachdem vorher mehrere Instrumente unbespielbar geworden waren.
Auf der schlichten Mensa im Chor steht ein Kreuzigungsgemälde von 1864, das wohl einmal zu einem Kreuzigungsaltar gehörte, der verloren gegangen ist.
Besonders beachtenswert ist die romanische Sandsteintaufe aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, eine hervorragende Nachbildung des Originals, das aus konservatorischen Gründen klimatisiert im Ostfriesischen Landesmuseum in Emden aufbewahrt wird. Auf der Wandung unter einem Rankenfries sind in acht Arkaden die Thronende Muttergottes mit Kind, die Heiligen Drei Könige, die Verkündigung mit Gabriel und Maria sowie die Taufe Christi mit Johannes und einem Engel dargestellt.
An der Südwand hängt ein Epitaph, das die Ostergeschichte erzählt und, wie man lesen kann, 1668 „IOHAN KVCHENBACKER DER IVNGER ZV EHREN SEINEM SAELIGEN VATTER DIESER KIRCHEN ZV EINEM GEDECHTNIS VEREHRET“ hat.
Die drei prächtigen Kronleuchter aus dem 17. Jahrhundert sind Stiftungen von Gemeindemitgliedern.
Bei einem Rundgang über den ummauerten Friedhof sieht man den freistehenden Glockenturm, der noch Teile des alten Mauerwerks zeigt und die alten Grabsteine. Man verlässt das Kirchengelände durch die „Tempelpoort“ von 1759. In einigem Abstand steht das stattliche spätgotische Pfarrhaus aus dem 16. Jahrhundert, erbaut im Stil eines „Steinhauses“.
Monika van Lengen
St. Marienkirche Nesse
Kirchpfad 1
26553 Dorum-Nesse