Wir können auch selbstkritisch

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Maja Hilke macht große Ohren - und die Kinder große Augen, Foto: Karlheinz Krämer
Maja Hilke macht große Ohren – und die Kinder große Augen, Foto: Karlheinz Krämer

Nach unseren guten Erfahrungen mit dem Musikdorf, in Zusammenarbeit mit TONALI, im letzten Jahr in Groothusen hatten wir uns angesichts steigender Flüchtlingszahlen vorgenommen, ein Familienprogramm für alle anzubieten. Für die Macher der Gezeitenkonzerte ist Musikvermittlung kein Aspekt, den man beachten muss, sondern eine Herzensangelegenheit. Und wenn man dann alle Kinder aus der Region gleichermaßen ansprechen kann, ist uns das sehr lieb.
Bei einer Tagung von Musikland Niedersachsen in Hannover war es im Winter ein großes Thema, wie man die Geflüchteten in seine Arbeit integriert und/oder ihnen Auftrittsmöglichkeiten verschafft. Uns war schon vorher klar, dass auch wir uns da engagieren wollen und erste Kontakte waren bereits geknüpft. Wie es der Zufall so wollte, kamen wir mit Sonja Bürmann und Alon Sariel vom Barockensemble Concerto Foscari ins Gespräch, die erzählten, dass auch bei ihnen immer Musikvermittlung zu den jeweiligen Projekten gehört und sie gerade daran arbeiten würden, etwas speziell für Neuankömmlinge auf die Beine zu stellen, bei dem die Kinder aktiv ins Geschehen mit eingebunden wären. Das war doch genau das, wonach wir gesucht hatten. Es galt nur noch, unseren künstlerischen Leiter von dieser Idee zu überzeugen, so waren wir im Geschäft.
Im nächsten Schritt haben wir intensiv mit Flüchtlingsinitiativen und Heimleitungen gesprochen, um einen sinnvollen Ort für das Familienprogramm auszuwählen. Letztendlich haben wir uns überlegt, eine Veranstaltung bei uns im Forum zu machen, das für alle zentral gelegen in Aurich gut erreichbar ist. Mit der anderen wollten wir direkt ins Haus Nazareth gehen, eine soziale Einrichtung, die sich schon seit Jahrzehnten um Geflüchtete aus den verschiedensten Regionen kümmert. Der Kontakt wurde sowohl über Wiebke Schoon von den Gezeitenkonzerten als auch von Maja Hilke, Dramaturgin des Concerto Foscari gehalten, um immer zu wissen, mit wie vielen Kindern welcher Altersstruktur zu rechnen ist. Im freien Verkauf der Gezeitenkonzerte fand das Programm regen Anklang, vielleicht auch, weil wir es erstmalig kostenfrei angeboten haben, um möglichst vielen den Zugang zu ermöglichen.

Die erste Ernüchterung folgte Ende dieser Woche mit der Auskunft, dass die Geflüchteten im Moment andere Sorgen hätten, als ein Familienprogramm wahrzunehmen. Viele von ihnen seien zu traumatisiert, um an solchen Angeboten teilzunehmen. Zudem müssten sie sich um Wohnungen, Deutschkurse und andere Verpflichtungen bemühen und hätten darüber kaum Zeit für anderes. In Erzählungen unseres Hospitanten Mohammed klang das eher anders, aber er ist ja auch alleinstehend und froh über jede Minute, die er in Gesellschaft anderer verbringen und etwas über die Kultur seiner neuen Heimat lernen kann.

Aufmerksame Zuhörer beim Familienprogramm im Forum, Foto: Karlheinz Krämer
Aufmerksame Zuhörer beim Familienprogramm im Forum, Foto: Karlheinz Krämer

Im Auricher Forum waren heute Mittag 120 Personen, darunter viele Kinder, die großen Spaß am „Tanz der Elemente“ hatten und der Geschichte, die durch das Concerto Foscari dargeboten wurde, aufmerksam folgten, selbst musizierten und tanzten. Im Anschluss durften sie sogar die Instrumente ausprobieren und wurden geduldig von den Ensemble-Mitgliedern dabei unterstützt. Das war ein Pfeifen und Klingen. Ausdauer hatten sie auch, aber zum Schluss klang es schon recht musikalisch, was die Kinder den Instrumenten entlockten.
Im Haus Nazareth hieß es vorher ebenfalls, dass allen Familien Bescheid gesagt würde. Bei den Jugendlichen („unbegleitete Minderjährige“) wisse man nicht genau, ob sie denn dazu kämen. Etwa zehn von ihnen war tatsächlich da, hielten sich aber abseits des Geschehens und befanden sich schlussendlich zu alt für den Kinderkram. Verständlich. Bis dahin hatten sie allerdings dennoch rege zugehört und –geguckt. Einige wenige Kinder aus der Einrichtung waren da, die meisten kamen aus der Region und wurden von ihren Eltern oder vermehrt Großeltern begleitet. Viele Senioren waren rein aus Interesse ohne Anhang gekommen.

Das Programm war toll, aber wir hätten uns gewünscht, hier tatsächlich vielen Menschen, vor allem Kindern, aus unterschiedlichen Kulturkreisen diese Darbietung des „Tanzes der Elemente“ zu ermöglichen. Wir arbeiten weiter daran!

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