Manche Dinge brauchen Zeit, um richtig gut zu werden. So zog sich die Suche nach dem geeigneten Spielort für die Gezeitenkonzerte im Volkswagen Werk Emden lange hin. Heute Morgen erst fand sie ihren glücklichen Abschluss, und wir haben einen neuen Begriff kennengelernt – den Routenzug-Bahnhof.
Kurze Vorgeschichte
Nach unserer Premiere der Gezeitenkonzerte bei VW in Emden mit Tine Thing Helseth und dem Ensemble Allegria im letzten Jahr wussten wir: Das Presswerk ist für klassische Musik nicht ganz so gut geeignet, da sich die Lüftung nicht komplett abschalten lässt. Nach einem abschließenden Gespräch mit Ludger Abeln und Insa Beitelmann waren wir im September schnell übereingekommen, dass wir gerne erneut experimentieren, aber lieber erst 2016.
Dann jedoch war im Spätherbst der neue Landschaftspräsident Rico Mecklenburg mit einem hilfreichen Freund der Gezeitenkonzerte beim neuen Werkleiter Frank Fischer zu Gast, unter anderem, um über unseren Gezeiten-Fuhrpark zu sprechen. Es war ein befruchtendes Gespräch, an dessen Rande die Runde sich dann überlegt hatte, dass es doch schön wäre, wenn die Gezeitenkonzerte schon in diesem Jahr wieder kämen. Flugs hatten sie den künstlerischen Leiter Matthias Kirschnereit überzeugt, der sich im Handumdrehen um ein Orchester mit einem populären Klassik-Programm gekümmert hat. Und so hatten wir einen Termin, die Zusage vom Volkswagenwerk und die Nordwestdeutsche Philharmonie unter der Leitung von Frank Beermann, aber noch keinen Ort.
Erste Begehung
Im Februar gab es erste Vorschläge, welche Räumlichkeiten sich für die „Gezeiten-Classixx“, das Kind hatte mittlerweile einen Namen, anbieten würden. Diese haben wir uns gemeinsam mit Herrn Becker aus Herford und unserem Bühnenbauer Dieter Schur angeschaut. Eine optimale Lösung war noch nicht dabei, da bestimmte Werkseinrichtungen im Weg, andere Ideen nicht umsetzbar und wieder andere Räume nicht verfügbar waren. Wir hatten alle nicht gedacht, dass sich das als so schwierig erweisen könnte. Aber wir blieben frohen Mutes, dass sich eine Lösung finden ließe.
Der erlösende Anruf
Bei Partnern wie VW möchte man nicht unnötig Druck ausüben, aber wir kamen nach dem Vorverkaufsbeginn am 16. März doch ein bisschen ins Schwitzen. Gestern Vormittag erreichte mich der erlösende Anruf von Insa Beitelmann, die mir ebenfalls hörbar erleichtert sagte: „Wir haben den passenden Raum gefunden. Die Werkleitung ist einverstanden, und Herr Erks hat ihn auch bereits begutachtet und als geeignet eingestuft!“ Dazu muss man wissen, dass die Stadt Emden als eine der wenigen Städte ein ausgefeiltes Sicherheitskonzept für Veranstaltungsstätten erarbeitet hat. Und der Herr Erks von der Stadt Emden ist für ebendies zuständig. Interessanterweise habe ich diesen Umstand am Donnerstag bei der Musikland Niedersachsen Tagung der Festivalmacher in Osnabrück kennengelernt und weiß das sehr wohl zu würdigen. Wir haben uns als Veranstalter nach dem Unglück bei der Love-Parade in Duisburg ernsthaft mit dem Thema Sicherheit auseinander gesetzt und achten viel mehr auf relevante Dinge als zuvor. So haben wir mittlerweile auch volles Verständnis für die Begrenzung der Besucher, in diesem Fall auf 600 Personen.
Die Besichtigung
Heute Morgen hatten wir dann einen Termin mit Insa Beitelmann und Indra van Schwartzenberg, um uns den so genannten Routenzug-Bahnhof im erst drei Jahre alten Logistic Optimization Centre (LOC) gemeinsam mit Dieter Schur anzuschauen. Wir waren begeistert: Der Raum ist groß genug, hell und freundlich, und man spürt ein wenig Werkatmosphäre. Während der Produktionszeiten flitzen hier die so genannten Routenzüge durch die Gegend und bringen das Material dorthin, wo es gerade benötigt wird. Bei Wikipedia liest man: „Der Routenzug wird in der Praxis häufig als Logistikrundzug eingesetzt. Diese bestehen aus einer Zugmaschine mit einer flexiblen Anzahl von Anhängern. Die Ver- und Entsorgung wird z. B. in der Produktion gewährleistet, indem die Routenzüge die vordefinierten Wegstrecken abfahren. Für die Materialversorgung wird häufig das Sicht- oder Kanbanprinzip verwendet. Ein großer Vorteil bei den Routenzügen besteht darin, dass größere Materialmengen befördert werden können. Zusätzlich minimieren sich die Anzahl der Fahrten.“
Unser Eindruck war: Die Frauen und Männer, die mit diesen schicken Vehikeln unterwegs sein durften, hatten Spaß an ihrer Arbeit. Und wir waren fasziniert vom Zusehen.
Fazit
Was heißt das für Sie? Sie können Tickets für Gezeiten-Classixx bei uns in der Ostfriesischen Landschaft bestellen und wissen, dass Sie sich nicht zum Haupttor, sondern (wie auch im letzten Jahr) zur LKW-Zufahrt an der Wolfsburger Straße begeben, wenn Sie am Sonntag, dem 21. Juni 2015 um 17:00 Uhr das moderierte Gezeitenkonzert mit einem Klassik-Mix aus Smetanas „Die Moldau“, „Eine Nacht in Venedig“ von Strauss oder Edward Elgars berühmtes „Pomp and Circumstances“, das bei keiner Night of the Proms fehlen darf, erleben wollen. Die Nordwestdeutsche Philharmonie unter der Leitung von Frank Beermann mit Julia Bauer (Sopran) und Anne Heinemann (Trompete) sowie das Volkswagenwerk Emden als Gastgeber und die Ostfriesische Landschaft als Veranstalter der Gezeitenkonzerte freuen sich auf Sie und diesen abwechslungsreichen Spätnachmittag im Routenzug-Bahnhof am Tag der „Fête de la Musique“, der weltweit am 21. Juni gefeiert wird. Nicht vergessen: SchülerInnen und Studierende zahlen für jede Konzertkarte nur 5,00 Euro.