Summertime. Music in the Park. Im Park der Gärten in Bad Zwischenahn blüht der Sommer. Familien sitzen auf Campingstühlen. In den Gläsern glitzert der Riesling. Das Bürgertum flaniert. Leuchtende Taglilien blitzen wie Edelsteine. Duftend machen sich die Rosen bemerkbar. Angenehm strahlt die Sonne auf das Zelt. Ein Tag für weiße Anzüge.
Über 500 Zuhörer versammeln sich auf dem Open Air Gelände des Parks. Wer keine Sitzplätze für dieses Gezeitenkonzert bekommen hat, setzt sich auf seine mitgebrachten Stühle. Der Platz vor der Bühne ist so voll, dass aus Sicherheitsgründen maximal 500 Besucher kommen dürfen. Unter großem Applaus rennen um kurz nach acht die fünf Musiker dynamisch in ihren weißen Anzügen (und weißen Schuhen) auf die Bühne. Die Klazz Brothers & Cuba Percussion besetzen den Flügel (Bruno Böhmer Camacho), das Schlagzeug (Tim Hahn), den Bass (Kilian Forster) und die perkussiven Instrumente ( Alexis Herrera Esteva und Elio Rodriguez Luis).
Was die fünf in den nächsten zwei Stunden präsentieren, lässt sich einfach keinem Genre zuordnen. Sie haben quasi ein eigenes kleines Musikfeld ins Leben gerufen: Klassik meets Cuba. Eine Mischung aus altbekannten klassischen Werken, die sich mit Latin Jazz, kubanischen Rhythmen und Swing vermischen. Das hat den Klazz Brothers in den letzten zwei Jahrzehnten eine riesige Erfolgsgeschichte bereitet. Über 250.000 verkaufte Tonträger allein in Deutschland, große Tourneen, diverse Auszeichnungen. Sogar ein Weihnachtsalbum gibt es mittlerweile.
In Bad Zwischenahn wurde deutlich, dass es vor allem die Live-Show ist, die die Leute mitzieht und von den Stühlen reißt. „Show“ ist auch die beste Bezeichnung für das, was die fünf auf der Bühne leisten. Locker und launig moderiert Kilian Forster das Programm an, erzählt Anekdoten und Gassenhauer. Die Musikgeschichte muss umgeschrieben werden, erzählt er flapsig. Mozart war nämlich auf Kuba. Wie viele Wochen er auf der Insel war, sei noch nicht vollständig bewiesen, aber seine Werke sprechen ja für sich. Dann stimmt der gute Bruno am Flügel Mozart an und es klingt wie ein gutes Klavierkonzert. Aber das Wolferl war kein Freund von Eintönigkeit. Zum Flügel gehört ja auch das Schlagzeug und die Trommel, dachte er sich und komponierte noch jede Menge Perkussion dazu. Während er also um 1775 durch die Straßen Havannas streifte und sich in den Clubs der Metropole die Nächte um die Ohren schlug, dachte er, dass es an der Zeit sei für Rumba, Cha-Cha-Cha, Mambo und Salsa. Seitdem kennen wir und lieben die Latin Jazz Teile in den Klavierkonzerten oder im Türkischen Marsch.
Mozarts großer Nachfahre, Ludwig van Beethoven war genauso infiziert vom Mambo. So durchzogen Salsa und kubanischer Lifestyle die europäische Musikgeschichte, bis sogar in Norwegen Edvard Grieg nachts im Bett so dermaßen mit den Zehen trommelte, dass er seinen Berg-König einen wilden Salsa Tanz hinlegen ließ.
Was in Bad Zwischenahn passiert, ist große Kunst und zugleich ein wilder Spaß mit hohem Unterhaltungswert. Ob der sanfte verkitschte erste Satz der Mondscheinsonate mit Schlagzeug unterlegt wird, oder der donnernde dritte Satz zu ein einer wilden Jazz Komposition umgedeutet wird – die Klazz Brothers & Cuba Percussion bewegen sich völlig stilsicher zwischen den Welten. Technisch perfekt und mit großem Gespür für die ausgewogene Mischung aus Albernheit, Publikumsnähe und musikalischer Qualität liefern sie eine Show ab, die viele nicht vergessen werden.
Das Publikum liebt das Ensemble von der ersten Sekunde an. Hemmungslos wird auf der Bühne und draußen mitgetanzt. Bei allen Mitmach-Nummern gibt es großes Gejohle und riesigen Applaus, wenn jeder der fünf seine Solo Einlagen bringt. Nach der Pause zeigen sie, dass sie auch große Dramaturgen sind. Schnelle und langsame Stücke werden sinnvoll zusammengesetzt. Höhepunkt für mich war die Titelmelodie aus „Der Pate“, die völlig konzentrierte, in der Musik aufgehende Musiker zeigte. Zum Schluss musste es aber nochmal schnell gehen. Immerhin wartete Bruno Böhmer Camacho darauf, Vater zu werden. Laut Whatsapp war das während des Konzertes noch nicht der Fall. Am Ende raste er dann aber los, um zu seiner Frau zu fahren. Mit Beethovens „Ode an die Freude“ verabschiedeten sich die fünf rasant vom Publikum, das da schon längst nicht mehr saß und die Beine mitschwingen ließ, um sich nach dem riesigen Applaus noch einmal mit einem ruhigen Mozart zu bedanken. Nach diesem Abend ist man sich sicher: Mozart war Kubaner.