Sie haben schon Karten für die Gezeitenkonzerte bestellt und überlegen, ob Sie wirklich alles für Sie Relevante aus den 32 Angeboten herausgezogen haben? In einigen Beiträgen werden wir Ihnen in den kommenden Wochen vor Festivalbeginn am 16. Juni einige Gezeitenkonzerte vorstellen, die Sie vielleicht noch nicht auf dem Zettel hatten, die sich aber unserer Meinung nach dennoch lohnen.
Die Künstler vom Notos Quartett haben vor kurzem auf sich aufmerksam gemacht, da sie die ersten waren, die ihren ECHO Klassik Preis zurückgegeben haben. Bekommen hatten sie ihn als Nachwuchskünstler des Jahres 2017. Ihre Begründung dazu war sehr klar, gut nachvollziehbar und mutig. Meinen Respekt haben sie immer noch, denn auch ich bin der Meinung, dass man „rassistischem, menschenverachtendem und antisemitischen Gedankengut“ keine Auszeichnung zukommen lassen sollte.
Schon 2014 haben die vier jungen Musiker ihr Debüt bei den Gezeitenkonzerten gegeben. Es war das erste Konzert in der Ausstellung von Pollmann & Renken an einem heißen Sommertag im Juli. Sie kamen ein wenig kühl daher, erwärmten aber die Herzen der Besucher im angenehm klimatisierten Saal schnell mit ihrer klugen Programmkonzeption, in der sich immer auch ein zeitgenössisches Werk findet. Dieses kommt jedoch mit einer Leichtigkeit daher, dass ich mich im Anschluss gefreut habe, dabei sein zu dürfen.
In diesem Jahr spielen sie nun am 19. Juni um 20:00 Uhr in der Nicolaikirche Wittmund. Erneut steht Mozarts Klavierquartett Nr. 2 in Es-Dur auf dem Plan. Es ist Mozarts erste Komposition für Klavierquartett. In die Mitte dieses Gezeitenkonzertes hat das Notos Quartett Bryce Dessners „El Chan“ gesetzt. Das einzige von Schumann geschriebene Klavierquartett gesellt sich dazu.
Mozart und Schumann müssen an dieser Stelle sicherlich nicht weiter vorgestellt werden. Aber wer ist denn dieser Bryce Dessner? Geboren 1976, mag er vielen, gerade jüngeren Lesern, bekannt sein. Mit seinem Bruder Aaron zusammen sowie mit Scott und Bryan Devendorf und Matt Berninger spielt er in der angesagten Indie-Rockband „The National“. Dementsprechend kennen ihn viele als Künstler an der Gitarre. Doch er sieht sich selbst auch als klassischen Komponisten. Er komponierte unter anderem die Filmmusik zu „The Revenant“ von Alejandro G. Iñárritu, der 2015 die Kinosäle füllte. Eine fruchtbare Künstlerfreundschaft verbindet ihn mit dem ebenso für ihre musikalischen Grenzüberschreitungen bekannten Pianistinnen Katia und Marielle Labèque, die einige seiner klassischen Kompositionen uraufgeführt und eingespielt haben. Vor etwa einem halben Jahr gab die Elbphilharmonie Dessner als erstem Komponisten in der Reihe „Reflektor“ die Möglichkeit, sich ein Wochenende lang ‚auszutoben‘ und ein Programm mit seinen und Lieblingswerken sowie spannenden Künstlern seiner Wahl zusammenzustellen und zu präsentieren. Eines der dort aufgeführten Werke war das bewusste „El Chan“. El Chan ist der mexikanischer Schutzgeist, der im Naturschutzgebiet El Charco del Ingenio einen von Felsen umgebenen See bewacht, der seinen Zorn auf jeden richtet, der sich dem Wasser nähert. Aus dieser Geschichte hat Dessner eine musikalische Fabel in sieben Sätzen komponiert. Ein spannendes Werk, das in der Interpretation vom Notos Quartett sicher zu einem Erlebnis wird.
Über Sindri Lederer (Violine), Andrea Burger (Viola), Philip Graham (Violoncello) und Antonia Köster (Klavier) schreibt das Traunsteiner Tageblatt, sie treffen „die Zuhörer mit den innig gespielten Tönen direkt ins Herz.“ Und diese Erfahrung haben wir schließlich vor vier Jahren in Schirum auch schon einmal gemacht und lassen uns dementsprechend gerne erneut auf das Notos Quartett in Wittmund ein.
Natürlich gibt es für dieses Gezeitenkonzert noch Karten. Es wäre schließlich nicht kundenfreundlich, Konzerte zu bewerben, die bereits ausgebucht sind. Da das Auftaktkonzert schon gut nachgefragt (nicht ausverkauft) ist, haben wir uns auf das nächste Konzert konzentriert.