In dem 614-Seelen-Dorf Loquard fand am vergangenen Donnerstag unser Streifzug vor dem Gezeitenkonzert in der Kirche zu Pewsum statt. In diesem kleinen Dorf ist die Globalisierung noch nicht angekommen. Kleine Altbauten mit gepflegten Gärten, gepflasterte Straßen, die kaum breit genug für unseren VW Arteon sind, keine Geschäftsstraße, keine Hektik.
Heute durften die Besucher eine kleine, traditionelle Fliesenmanufaktur besichtigen. Die aus Holland stammende Tradition fand vor über 300 Jahren nicht nur als Wandschmuck ihre Verwendung; sie wurde auch ganz pragmatisch als Wetterschutz in den sonst sehr zugigen Wohnungen eingesetzt. Hergestellt wurden die Fliesen nicht nur von Künstlern, sondern auch viel von armen Bauern, die sich im Winter etwas dazuverdienen mussten. Heutzutage wird dieses Kunsthandwerk nur noch vereinzelt ausgeübt und eine Werkstatt, wie wir sie in Loquard gesehen haben, ist in Norddeutschland einzigartig.
Als wir bei dem Grundstück ankamen, waren noch keine Besucher da und Wiebke und ich durften schon im Vorfeld einmal durch den wunderbaren, natürlichen Garten gehen. Klein und verwinkelt mit vielen Kräutern und Wildblumen grenzt dieser an das kleine Wohnhaus der Grevens. Ich war so begeistert und musste einige Bilder davon machen.
Danach waren wir in der Fliesenmanufaktur. In dem kleinen Atelier hat Rolf Greven uns erklärt, wie aus dem Ton in verschiedenen Arbeitsschritten die fertigen Fliesen hergestellt werden.
Dieser Prozess dauert rund fünf bis sechs Wochen und lässt eine weitere einzigartige Fliese entstehen. Für die Motive der Fliesen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt – Schiffe auf hoher See, Windmühlen, Kontrabassisten, Blumen – alles was malbar ist, kann auf die Kacheln gebrannt werden. Nach diesem kleinen Schnellrundgang trafen wir uns mit den Besuchern. Da die 25 Personen, die sich angemeldet haben, nicht alle in die Arbeitsraum gepasst hätten, haben wir beschlossen, dass es für alle besser wäre, wenn eine Gruppe erst mit Martin Sohn die Kirche besichtigt, während die andere Gruppe sich zunächst die kleine Werkstatt ansehen darf. Martin, Ehemann unserer Künstlerbetreuererin Berit Sohn, hatte sich kurzfristig dazu bereit erklärt, diese Führung zu übernehmen. Nach 25 Minuten sollte getauscht werden. Anfangs sah es so aus, als ob viele aufgrund der ostfriesischen Wetterverhältnisse sich lieber direkt nach Pewsum zum Konzertort begeben hatten, doch nach und nach trudelten immer mehr ein und Wiebke und ich versuchten die Neuankommenden frühzeitig abzufangen und zur Kirche zu dirigieren. Kurz nach sechs war dann alles geregelt und wir konnten durchatmen. Teil eins des Konzertabends war geschafft und wir konnten uns auf den Weg machen, um auch in Pewsum alles für ein weiteres wunderbares Gezeitenkonzert vorzubereiten.