Donnerstagabend gab Lutz Görner die Premiere seines neuen Programms „Chopin!“ vor ausverkauftem Haus bei den Gezeitenkonzerten in der Kirche zu Marienhafe. Der Rezitator, wie er sich selbst nennt, hatte die Biografie, die Franz Liszt zu seinem Freund Frédéric Chopin zwei Jahre nach dessen Tod verfasst hatte, seinem Programm zugrunde gelegt. Für die gefühlvolle musikalische Untermalung sorgte die Pianistin Elena Nesterenko. Schließlich sind alle Werke Chopins von viel Gefühl durchzogen und spiegeln die Empfindungen und Erfahrungen seines kurzen, von Wehmut und Krankheit durchzogenen Lebens wieder.
Gut gefiel das Bühnenbild, bestehend aus zwei beleuchteten Kirschbäumen, wobei sich mir und einigen anderen der tiefere Sinn der beiden Bäumchen leider nicht erschloss, und einer großen Leinwand dazwischen, auf der Lutz Görner Bilder aus dem Leben Chopins zeigte, gefolgt von den Händen der Pianistin während ihres Spiels – eine eindrucksvolle Möglichkeit, auch von ganz hinten das Gefühl zu haben, vorne dabei zu sein. Elena Nesterenkos Spiel wurde mehrfach von donnerndem Zwischenapplaus gekrönt. Görner saß rechts neben dem Flügel an einem Tischchen, rezitierte und bediente gleichzeitig die Technik. Einige Gäste hatten Schwierigkeiten, ihn zu verstehen und baten in der Pause darum, den Ton lauter zu machen, bzw. ihm ein Mikrofon zu geben. Obschon er nicht der Meinung war, dass es nötig sei, hat er auf Intervention Matthias Kirschnereits dessen Bitte nachgegeben. (Ich muss dazu sagen, dass ich ganz hinten saß und ihn zu jeder Zeit gut verstehen konnte.) Zum Abschluss gab es dann auch Standing Ovations und lang anhaltenden Applaus.
Entgegen der Rezensionen in der Presse heute (s. Rubrik Presse hier im Blog, aus rechtlichen Gründen fehlt die aus dem Ostfriesischen Kurier) gefiel vielen das zweistündige Programm (mit Pause) ausnehmend gut. Ein Herr sprach mich sogar heute in der Mittagspause an, um mir das zu sagen, gerade weil er die Rezensionen ebenfalls gelesen hat.
Wir freuen uns über die unterschiedlichen Meinungen und Empfindungen und dass die Presse schreibt, was sie denkt. Gerne darf dabei auch mal etwas Kritisches herauskommen: Lutz Görner will nicht gefallen, er will polarisieren. Das merkte man allein an seinen einladenden Worten zum Abkürzen der Pause: „Ihr lahmarschigen Ostfriesen, kommt mal wieder rein; dann können wir hier weitermachen!“ Diese und andere Äußerungen sind sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber Görner ist bestimmt nicht der Einzige, der nicht immer nur gefallen möchte.