War es die kleine Nachtmusik? War es die Jupitersinfonie? Es lässt sich nicht mehr genau sagen, wie sie anfing, die Verehrung für Wolfgang Amadeus Mozart. Vielleicht waren es einfach diese Melodien aus den frühen Salzburger Sinfonien der Kinderzeit, die jeden Abend aus dem CD-Player strahlten, bis sich die CD im Leerlauf befand und der Elfjährige eingeschlafen war. Mozart zum Einschlummern. Nicht Shakira, nicht die Ärzte, nein, es war Wolfang Amadeus, der es sich für einige Zeit als Star im Kinderzimmer gemütlich machte. Als ständig wachsende CD-Sammlung. Als Poster an der Wand über dem E-Piano, auf dem brav das Notenbüchlein für Nannerl studiert wurde.
Es dauerte eine Weile, aber irgendwann bekamen die Mitschüler von dieser merkwürdigen Beziehung Wind. Trotz großer Skepsis (wer kaufte sich denn vom Taschengeld die Haffner-Sinfonie, bitteschön?) und heimlichem Spott schenkten die Freunde ihm zum Geburtstag sogar eine Mozart-Lern-Software. Einmal die Reise nach Prag und zurück, inklusive Audiodateien zum Anklicken. Pädagogisch wertvolle Geschenke von Elfjährigen für Elfjährige. Auf die Idee waren wohl die Eltern gekommen. Dem nächsten Mitschüler schenkte man dann immerhin Kinokarten für „Ali G In da House“. So war das kulturelle Gleichgewicht wieder hergestellt.
Die weitere Entwicklung lässt sich schnell zusammenfassen: Irgendwann entdeckte der mittlerweile Vierzehnjährige im Wohnzimmer die „Self Esteem“-Platte der kalifornischen Punkband The Offspring, die so cool, so schnell, so maximal proteinhaltig den guten Wolfgang wie einen Milchbubi aussehen ließ, dass irgendwann das Poster über dem Klavier heimlich unter dem Bett verschwand.
Daran musste ich denken, als ich das Programmheft der Gezeitenkonzerte durchblätterte. Was bei vielen Kindern bei dem Poster an der Wand bleibt, entwickelt sich bei ganz wenigen zur Berufung. Zum Lebensinhalt. Zu einem lebenslangen Dialog mit Mozart, Schumann, Bach und Co, den sie auf der Bühne mit dem Publikum teilen und den sie im Rahmen von TONALi oder Rhapsody in School auch in die Schule bringen.
Heute taucht Mozart auch bei mir wieder in der Playlist auf, mit Klavierkonzerten und erstaunlich oft dem Requiem, das ich als Elfjähriger nie kapiert hätte. Damals reichten ein paar Melodien und die leichte Ahnung von der wahnsinnigen Größe dieser Musik.
Dieser Elfjährige hätte es vermutlich ziemlich großartig gefunden, diese klassische Musik live zu erleben. Auch in diesem Jahr bieten die Gezeitenkonzerte wieder jede Menge Konzerte (und nicht zu vergessen das TONALi-Programm!), in denen dieser lebenslange Dialog gestartet oder fortgeführt werden kann. Für Studenten, Auszubildende und Schüler kostet der Eintritt übrigens fünf Euro. Jedes zweite Menü bei McDonalds kostet mehr. Das ist ziemlich pervers und großartig zugleich. Günstigere Geschenke gibt es also nicht. Also verzichten Sie ruhig auf die teure Lern-Software und nehmen Ihre Kinder mit ins Konzert. Denn noch gibt es Karten!