Petrus war in Hesel zur Abwechslung mal für uns. Nach dem die Gipfelstürmer am Vorabend nach Hause schwimmen mussten, hatten wir am Sonntag sommerliche Temperaturen und klaren Himmel. So ein Gezeitenkonzert im Wald ist für uns ein Wagnis, denn es könnte ja währenddessen anfangen zu regnen, und dann hat man ein Problem. Doch nichts dergleichen passierte. Trotzdem war der Aufbau für uns alles andere als einfach, denn im Wald kann man nicht einfach vor der Tür parken. Also wurde geschleppt, was das Zeug hielt. Als wir unsere Sachen gerade aufgebaut hatten, sahen wir den stummen Hilferuf unserer „Haasen“, also den Caterern. Die Ärmsten hatten sich aufgrund eines gut gemeinten Hinweises eines Waldbesuchers festgefahren. Und so mussten sämtliche Getränke, Häppchen etc. durch Matsch und über Baumwurzeln zur Wüstung getragen werden. Völlig verschwitzt machten wir uns bereit, dem Blechbläserquintett Ardenti Brass zu lauschen. Die Probe im Landschaftsforum durften wir bereits am Vormittag genießen.
Eröffnet wurde das Konzert mit Paul Dukas´ Fanfare aus dem Ballett „La Péri“. Anhand der Stückauswahl und des Vortrags merkte jeder, der Posaunenchor erwartet hatte, schnell, dass hier Virtuosen am Werk sind. Nach einer kurzen Begrüßung begann eine spannende Reise durch die Jahrhunderte, begonnen mit Susatos Dansereye Suite aus dem Jahr 1551. Es war sehr schön, die zarten Gehversuche der Polyphonie mal zu hören. Eigentlich schade, dass die älteste aufgeführte Musik Monteverdi ist. Dadurch wird so viel vergessen. Weiter ging es mit beschwingtem, französischen Barock von Rameau, seiner Dardanus-Suite. Die Bearbeitung für ein reines Bläserensemble gefiel mir sehr gut, da sie die Möglichkeiten der Barockmusik mit den ganz eigenen Klängen der Blechbläser vereinte. Anscheinend entdeckten die Ardentis im Konzert ihre Qualitäten als Improvisateure, denn die Suite kam mir deutlich länger vor als sie tatsächlich war. Recht schnell war die Reise durch die klassische Musik dann auch wieder zu Ende. Nach Bachs Orgelpräludium in G-Dur wurde die Wiener Klassik übersprungen (Wer war schon dieser Mozart?!) und die späte Romantik mit Faurés „Pie Jesu“ aus seinem Requiem gewürdigt. Auch hier möchte ich noch einmal die Qualität und Musikalität der Bearbeitungen hervorheben.
In der Pause kamen mir viele glückliche Bekannte entgegen. Das Luft war toll, die Stimmung war gut, und auch die Temperaturen gaben im Laufe des Abends ein wenig nach. Für mich erwies sich das Open-Air-Konzert als zweischneidiges Schwert: Es war wunderschön, an der frischen Luft Musik zu hören. Zwischendurch machte ich immer kleine Spaziergänge und ließ die Musik auf mich wirken. Doch der Wald lenkte auch ein bisschen ab, es fehlte mir die Konzentration eines Konzertsaals. Das mag aber auch daran liegen, dass ich keinen Sitzplatz hatte und wir restlos ausverkauft waren. Wahrscheinlich ging es Ihnen da anders.
Nach der erfrischenden Pause ging es weiter mit moderneren Klängen. Ab jetzt wurden nur noch Originale gespielt. Jan Koetsiers Brass Quintett hatte noch einige klassische Elemente und war ein Pflichtstück bei einem bedeutenden Wettbewerb. Doch auch hier glaube ich Anklänge von Jazz und Blues gehört zu haben. Die fünf Musiker ließen indes ihre Qualitäten als Virtuosen aufblitzen. Man hatte das Gefühl, dass sie jetzt so richtig in ihrer Welt angekommen waren, spätestens beim folgenden Höhepunkt des Abends: Ingo Luis, „(Mehr oder weniger) ein Blumenwalzer“ aus dem Jahre 2002. Dieses vier Minuten dauernde Medley (Mein kleiner grüner Kaktus…) begann als simpler dreier und machte richtig Lust auf Tanzen. Vor dem Rausschmeißer, einer lateinamerikanischen Suite von Crespo, erzählten die Musiker von ihrer Geschichte: Ardenti bedeute so viel wie „glühend leidenschaftlich“. Diese Eigenschaft haben die fünf Jungs, die sich im Bundesjugendorchester kennengelernt haben, auf jeden Fall erfüllt. Mit wienerischem Charme beendeten sie den Abend und spielten die Tritsch-Tratsch-Polka. Doch die Leute klatschten wie wild und erhoben sich, weswegen sie noch zu einer zweiten Zugabe ansetzten: “Abends will ich schlafen gehen“ aus Engelbert Humperdincks Oper Hänsel und Gretel. Wunderschön, so träumen wir alle bestimmt süß und gehen entspannt nach Hause.
Denkste. Alles musste aufgeräumt werden. Soweit Routine. Dann mussten wir aber per Hand und mit viel Feingefühl und Kraft den Sprinter von Haase wieder aus dem Matsch ziehen. Mittlerweile war er bis „auffe Achsen“ eingesunken. So wurde es bei uns dann etwas später und etwas verschwitzter. Als wir es fast geschafft hatten, kam Förster Dählmann mit seinem Trecker und erledigte den Rest. Abends war ich trotz Muskelkater und Mückenstichen sehr zufrieden und hoffe auf weitere Open-Air-Konzerte in den kommenden Jahren.