Pressegespräch zu den Gezeitenkonzerten
Warum wir schon im Dezember erste Details zu den Gezeitenkonzerten bekannt geben, wenn sie doch erst im Sommer stattfinden, war eine der Fragen am vorletzten Freitag beim Pressegespräch im Prunkzimmer der Ostfriesischen Landschaft. Weil wir schon so viele Anfragen haben, wann denn das Programm endlich kommt, was wir uns für 2016 ausgedacht haben und weil wir den Freunden unseres Festivals mit ein paar Informationen vorab einfach schon eine Freude machen und Lust auf viele schöne Konzerte im kommenden Jahr wecken wollen.
Gezeitenkonzerte 2016 unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Weil
Wer Matthias Kirschnereit kennt, weiß, dass er vor Begeisterung übersprudelt und doch wieder mehr verrät als er eigentlich wollte. So war es auch an diesem Tag.
Gute Neuigkeiten nicht-musikalischer Natur gab es gleich zu Beginn von Landschaftspräsident Rico Mecklenburg, der bekannt gab, dass Ministerpräsident Stephan Weil zu unserem kleinen fünf-jährigen Jubiläum (man könnte auch sagen „Geburtstag“) mit Freude die Schirmherrschaft der Gezeitenkonzerte übernommen hat. Bei der Eröffnung in der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden befindet er sich allerdings auf seiner jährlichen Sommerreise im Südosten des Bundeslandes. Noch hat sich kein passender Termin für einen Besuch gefunden.
Volkswagen Werk Emden stärkt weiterhin die Gezeitenkonzerte
Die nächste positive Nachricht kam gleich hinterher: Selbst in Krisenzeiten stärkt das Volkswagen Werk Emden die Region und stellt auch 2016 den Fuhrpark für die Gezeitenkonzerte zur Verfügung. Außerdem dürfen wir nach dem großen Erfolg in diesem Jahr wieder mit einem Gezeiten-Classixx in einer der Hallen auf dem Werksgelände zu Gast sein: „Ein wunderbares Zeichen der Verbundenheit“, nannte Rico Mecklenburg diese beiden Aussagen aus Emden.
Dann ließ er es sich nicht nehmen, einen weiteren Höhepunkt anzukündigen: Das Schlusskonzert wird erneut auf dem Polderhof des Friesenpferdegestüts Brümmer in Bunderhee stattfinden. Gerne möchten wir an den Erfolg mit über 1.000 Besuchern anknüpfen und auch am 14. August 2016 viele junge Musiker des Jungen Philharmonischen Orchesters Niedersachen (JPON) dort auf der Bühne erleben und zwar ganz Motto-getreu u. a. mit der Ouvertüre aus dem „Sommernachtstraum“ von Felix Mendelssohn.
Erstmalig sei er am 16. Januar 2012 im repräsentativen Prunkzimmer der Ostfriesischen Landschaft zu Gast gewesen, erzählte Matthias Kirschnereit fast ein wenig ehrfürchtig. Damals habe eine etwa elfköpfige Findungskommission unter drei Kandidaten den künstlerischen Leiter für das Festival der 550-jährigen Institution gesucht. Seitdem haben sich die Gezeitenkonzerte mit Steigerungen der Besucherzahlen um jeweils rund 25 % außerordentlich erfolgreich entwickelt. Wenn man das nun so konsolidieren könne, sei das großartig.
Zurück zum Jetzt: Das Motto „SommerNachtsTraum“ – poetisch, literarisch und passend zum Shakespeare-Jahr 2016 – kommt natürlich nicht nur bei der gleichnamigen Mendelssohn-Ouvertüre durch die JPON zum Tragen, sondern durchzieht das Festival, wobei allein die Assoziationen zum Sommer, zur Nacht und zum Traum auf der Hand liegen. Die JPON schlägt aber auch mit Debussys „La Mer“ die Brücke zu den Gezeiten. Beim Auftaktkonzert spielt das Mendelssohn Kammerorchester Leipzig.
Ungewöhnlich nachdenklich, fast schon wehmütig, kam noch ein kleiner Rückblick auf die letzten vier Jahre, die Matthias Kirschnereit mit großer Dankbarkeit, das Wort „Stolz“ möchte er nicht in den Mund nehmen, und mit einem Wohlgefühl erfüllt. Dementsprechend gilt sein Dank auch der Presse für die Wertschätzung des außerordentlichen Niveaus. „Ich rede mir schön, dass Sokolov ein großartiger Künstler ist!“, so Matthias Kirschnereit. Von seiner Qualität ist er absolut überzeugt. Und wer ihn nicht kennt: „Google hilft!“ Und die Gezeiten-Künstler, egal ob ein Herr Sokolov, Lars Vogt, Christian Tetzlaff oder eine Sharon Kam oder Katja Riemann oder die Gipfelstürmer? Alle schätzen sie die einmalige, anteilnehmende und herzliche Atmosphäre dieses Festivals.
Matthias Kirschnereit war gerade zu Beginn der Woche aus Hamamatsu, Japan, zurückgekommen, wo er gemeinsam mit u. a. Martha Argerich in der Jury eines großen Wettbewerbs gesessen habe. Und so kennt man ihn: Natürlich hat er der großartigen Künstlerin von Ostfriesland, den magischen Kirchen auf der Warf gleich neben der Kuhweide vorgeschwärmt und dem besonderen, erstrebenswerten Feeling und damit bei ihr tatsächlich ein sehr positives Bild erzeugt, was sich nur leider 2016 nicht mit ihrem Terminkalender vereinbaren lässt.
Wer kommt?
Künstlerzusagen gibt es hingegen von Daniel Hope, Sabine Meyer, Lars Vogt, Nils Mönkemeyer, Alban Gerhardt, Magali Mosnier, dem David Orlowsky Trio und dem Komponisten Neuer Musik, Helmut Lachenmann. Letzterer spricht mit seinen Kompositionen vielleicht eher ein überschaubares, aber dennoch zahlreicher werdendes Publikum an, aber es ist eine besondere Attraktion, wenn die Komponisten selbst über ihre Werke sprechen.
In der Zwischenzeit hat sich auch Julia Bauer, bekannt als Sopranistin vom Gezeiten-Classixx 2015, ins Prunkzimmer geschlichen, quasi als Überraschungsgast. Auch sie wird diesmal zusammen mit der Akademie für Alte Musik Berlin (AKAMUS) unter der Leitung von Frank Beermann mit einem Mozart-Programm 2016 dabei sein.
Natürlich setzen die Gezeitenkonzerte die Kooperation mit TONALi Hamburg fort, auch wenn das Festival im nächsten Jahr komplett in den Ferien stattfindet. Dieser erfolgreiche und nachhaltige Musikvermittlungsansatz ist uns aber so wichtig, dass wir uns dafür entschieden haben, ihn trotzdem beizubehalten. Eine Schule hat gleich im Herbst beim Festivalteam ihr Interesse bekundet, bei TONALiA (A für außerhalb Hamburgs) dabei zu sein. „Wir wollen diese lodernde Flamme, wenngleich andere in Hamburg gerade ausgelöscht wurden, am Leben halten!“, so der künstlerische Leiter und Hamburger Olympia-Befürworter. Landschaftspräsident Rico Mecklenburg wirft ein, dass ja auch der Oll‘ Mai im kommenden Jahr unter dem Thema „Musikvermittlung“ stattfindet, unter Beteiligung von Ministerin Heinen-Klajic und Matthias Kirschnereit.
Auch dass Kuss Quartett hat seine Zusage gegeben, höchstwahrscheinlich zusammen mit dem fantastischen ungarischen Cellisten Miklós Pérenyi. Dann werden an einem Wochenende alle fünf Beethoven-Cello-Sonaten von fünf verschiedenen Cellisten und Pianisten sozusagen als kleines Jubiläumsfest aufgeführt. Das Datum dafür hat Matthias Kirschnereit schon verraten (16./17. Juli), nicht aber die Akteure.
Kooperationen gibt es natürlich auch 2016: TONALi, HMTM Hannover – die einzige Musikhochschule des Landes – mit ihrer Kammermusikabteilung unter der Leitung von Prof. Oliver Wille (gleichzeitig Violinist im Kuss Quartett), Mozart-Gesellschaft u.v.m.
Musik spendet vielen Kraft, Trost, Glück und Freude. Wir hoffen, ein paar dieser positiven Wirkungen der Musik bei den beiden Familienkonzerten im Sozialwerk Nazareth sowie in Aurich mit denjenigen, die dann hoffentlich so weit sind, dass sie eine Ablenkung von ihren Problemen gut gebrauchen können, teilen zu können. Im Moment stehen bei den Flüchtenden sicher noch andere Sorgen und Nöte im Vordergrund. Ursprünglich war ein Benefizkonzert mit dem Syrian Expat Orchestra aus Bremen geplant, das allerdings wird derzeit so mit Anfragen überhäuft, dass sie gar nicht zum Antworten kommen.
Brandkasse auch 2016 Hauptförderer der Gezeitenkonzerte
Sehr froh sind wir, dass die Ostfriesische Landschaftliche Brandkasse auch 2016 Hauptförderer der Gezeitenkonzerte ist. Es ist schön, dass diese Entscheidung bereits zu diesem – für uns – frühen Zeitpunkt feststeht, könnte es doch weitere Förderer anlocken. Wie jedes Jahr wissen wir nie, ob wir den Etat zusammenbekommen. Deswegen gilt Matthias Kirschnereits tiefster Dank fürs „Comitten“ Joachim Queck. Er sieht es als Geschenk!
Bescheiden weist Brandkassen-Direktor Joachim Queck darauf hin, dass die Versicherung der Ostfriesen ja ein Teil der Landschaft ist, wenn das auch nicht der Hauptgrund für die Förderung ist. Kultur ist wichtig für die Attraktivität der Region, und die Brandkasse möchte dazu beitragen, dieses Angebot noch zu verbessern. Schließlich stellt sich auch potenziellen Mitarbeitern außerhalb Ostfrieslands die Frage, was die Region zu bieten hat. „Die Gezeitenkonzerte prägen das Image der Region im Bundesland“, so Joachim Queck. Ihm ist es wichtig, persönlich daran mitzuwirken, da er ein großes Interesse daran hat, Leuchttürme zu setzen und zu erhalten.
Das SPREAD-Projekt
Ein weiteres wichtiges Kooperationsprojekt, an dem die Gezeitenkonzerte 2016 mitwirken, ist „SPREAD – Skills, Practice and Recruitment of European Musicians for tomorrow. Audience Development in classical music.“ Lead-Partner des aus Mitteln von „Creative Europe“ geförderten Projektes ist die Gustav-Mahler-Akademie Bozen (Italien). Weitere Partner sind das Gustav Mahler Jugendorchester (Wien, A) und The Monteverdi Choir and Orchestras Limited, zu denen die English Baroque Soloists und das Orchestre Révolutionnaire et Romantique (London, UK) gehören. Bei den Gezeitenkonzerten wird es zwei Bach-Abende mit Mitgliedern der English Baroque Soloists zusammen mit erfolgreichen Teilnehmern der Mahler-Akademie geben. Philipp von Steinaecker brachte die Idee im Sommer 2014 vor und schärfte Matthias Kirschnereit ein, dass der Träger des Projektes älter als 80 Jahre sein muss. Zu dem Zeitpunkt konnte er schon sagen, dass die Landschaft das mit ihren rund 550 Jahren locker erfüllt.
Natürlich tauchte zum Schluss die Frage nach dem Budget der Gezeitenkonzerte auf: Für 2016 sind es etwa 500.000 Euro. Und wie schafft man es, mit einem vergleichsweise kleinen Budget, solche Künstler nach Ostfriesland zu holen? Wir sind kein Almosenfestival! Künstler müssen von ihren Einnahmen für Konzerte leben! Aber wir fragen schon nach Freundschaftsgagen, was häufig durch die Verbundenheit zu Matthias Kirschnereit auch klappt. Die meisten Künstler sagen zu (manchmal auch bevor die Agenturen davon wissen), weil sie Lust auf dieses Festival, auf Ostfriesland, haben.