Leer – Große Kirche
Die Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde von Leer nutzte zuerst die um 1200 am Westende von Leer erbaute St. Ludgeri-Kirche. Diese wurde jedoch zunehmend baufällig – 1777 mussten die Gottesdienstbesucher bei einem Orkan aus der Kirche fliehen, weil sie einzustürzen drohte.
Sie besuchten die vom Einsturz bedrohte Kirche weiterhin, denn zehn Jahre sollte es noch dauern, ehe die Gemeinde ihre eigene Kirche bekam, die in den Jahren 1785-87 als Zentralbau auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes in Stile des Barock erbaut wurde.
Ihren Turm, unten recht wuchtig, dann in zwei Etagen achteckig und gekrönt mit einer zierlichen Laterne und einer barocken Haube, bekam die Kirche 1805. Das auf der Turmspitze thronende Schiff ist das Symbol dafür, dass hier eine reformierte Gemeinde zu Hause ist. Das Schiff erinnert an die beim Evangelisten Matthäus geschilderte Fahrt Jesu mit seinen Jüngern auf dem See Genezareth. Die Jünger fürchteten sich vor dem „großen Ungestüm im Meer“, doch Jesus sagte zu ihnen: „Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam?“ Und der Wind beruhigte sich und „das Meer wurde still.“
Auch im Innern wird deutlich, dass es sich hier um die Kirche einer reformierten Gemeinde handelt, die die Predigt in den Mittelpunkt ihres Gottesdienstes stellt.
Im Februar 2012 nach ausgiebiger Renovierung wiedereröffnet, zeigt sie sich in ihrer beeindruckenden Schlichtheit hell und einladend. Als Vorlage für diese Restaurierung diente ein Gemälde von 1830, das der Kirchenbauverein Große Kirche säubern ließ, sodass man die ursprünglichen Farben der Kirche wiedererkennen konnte. Vier Pfeiler tragen das flache Tonnengewölbe aus Holz. Eine Galerie, die ringsherum führt, wird verbunden durch kleine Räume, die sich zum Kirchenraum hin mit großen Bögen öffnen.
Das älteste Ausstattungsstück ist der sehr schlichte Taufstein, dessen Cuppa wohl aus dem frühen 13. Jahrhundert stammt. Schaft und Fuß sind neueren Datums. Erstaunlich ist die Schlichtheit dieser Taufe aus Bentheimer Sandstein, die keine floralen und ornamentalen Verzierungen zeigt, wie sie bei anderen Becken dieses Typs (zum Beispiel in Loquard oder Strackholt) üblich sind. Es gibt Vermutungen, dass diese Ausschmückungen irgendwann einmal abgeschlagen wurden.
Die zierliche Kanzel, auf die das Kirchengestühl ausgerichtet ist und die erst 1787 ihren überdimensionalen Schalldeckel und die Treppe bekam, wurde 1609 von Andreas Kistemaker im Stile der späten Renaissance gebaut.
Der Abendmahlstisch mit Elementen des Rokoko und die vier Messingkronleuchter kamen 1787 in die neu erstandene Kirche.
Die prächtige Orgel mit ihrer über 400-jährigen Geschichte ist eines der ältesten Instrumente Ostfrieslands. 1609 aus dem Kloster Thedinga als kleine Orgel übernommen, erhielt sie im Laufe der Jahrhunderte durch viele Ergänzungen und Veränderungen von bekannten Orgelbauern, wie dem Niederländer Albertus Antonius Hinsz, der die Tradition Arp Schnitgers im Aufbau des Prospektes fortführte, und Johann Friedrich Wenthin aus Emden, ihre heutige repräsentative Gestalt. Im Jahre 2011 erschien eine umfassende Dokumentation von Jürgen Ahrend und Winfried Dahlke über das historische Pfeifenwerk dieses Instruments, das schon 1963-71 von der Orgelwerkstatt Ahrend und Brunzema überarbeitet worden war. 2014 begann dann eine Gesamtrestaurierung der Orgel durch die Orgelwerkstatt Ahrend aus Leer-Loga, die 2018 abgeschlossen war.
Monika van Lengen
Große Kirche
Reformierter Kirchgang
26789 Leer