Gestern Abend war es endlich soweit: Um 20:00 Uhr nahmen die Gezeitenkonzerte der Ostfriesischen Landschaft mit dem Auftakt Fahrt auf. Die Erwartungen waren von allen Seiten groß, wurden aber voll erfüllt. Vilde Frang und Michail Lifits waren rechtzeitig in Ostfriesland, konnten dank Uwes sicherem Fahrstil sogar während der Fahrt noch ein wenig schlafen und hatten noch genug Zeit, vor Ort proben. So waren sie im Vorfeld des Konzertes angenehm entspannt.
Vor den mehr als 400 Gästen in der Auricher Lambertikirche zeigten die beiden hervorragenden Künstler ihr ganzes Können. Ich habe es noch nicht erlebt, das so eine hübsche, zierliche Persönlichkeit ihrer Geige so schöne Töne entlockt und das mit einer Grazie, Spielfreude und Leichtigkeit, fast elfenhaft. Da war es, was Matthias Kirschnereit sich im Vorfeld vorgestellt hat, als er die Musik mit den Gezeiten mit den Worten “unbändig und sanft” verglich. Behutsam holte Vilde das letzte aus ihrem Instrument heraus, ohne dass ihr Spiel dadurch an Intensität verlieren konnte. Michail Lifits stand ihr am Klavier aber in nichts nach und war ihr wie man so schön sagt ein „kongenialer Partner“. Das Publikum war sofort gefesselt und tobte bereits nach dem ersten Stück von Brahms. Diejenigen, die währenddessen draußen beim Catering standen, dachten schon, ein Gewitter ziehe herauf. In der Pause kamen ausnahmslos strahlende begeisterte Menschen aus der Kirche und tauschten sich bei einem Glas Wein und einer Kleinigkeit zu essen über das soeben Erlebte aus. Auch der Prokofjew, bei dem einige ihr Radio vielleicht abgestellt hätten, wusste durch diese faszinierende Interpretation für sich einzunehmen. (Das mit dem Abstellen des Radios wurde uns heute als Zitat aus einem belauschten Gespräch auf dem Nachhauseweg zugetragen.) Nach der von frenetischem Applaus gekrönten Zugabe kamen Vilde und Michail auf die Bühne zurück, und Vilde entschuldigte sich auf Deutsch, dass sie gerne noch ein Stück gespielt hätten, die Noten dafür aber im Auto liegengeblieben wären, womit sie die Lacher auf ihrer Seite hatte.