Am Samstag waren Dirk Lübben und ich zu Gast bei Matthias Kirschnereits kleinem Festival in Landow auf Rügen, dessen künstlerische Leitung er fünfzehn Jahre lang hatte. Aufgeteilt war die Veranstaltung in zwei Konzerte um 15:00 und 20:00 Uhr, die aber auch zusammen gebucht werden konnten. Als Künstler traten dort quasi am laufenden Band Studierende der Hochschule für Musik und Theater in Rostock (HMT) auf. Es war ein ganz toller Abend in der atmosphärischen Kirche mit leicht morbidem Charme. Die Stimmung und das aufmerksame Publikum putschten die Agierenden förmlich zu Höchstform auf. Draußen prasselte ununterbrochen der Regen und verwandelte den Weg zum Klowagen und zum Catering im Dunkeln schließlich in etwas rutschiges Terrain. Alle waren offensichtlich sehr froh, diesen Abend in dieser Kirche mit diesen tollen Musikern verbringen zu dürfen. Mir hat dieser Konzertmarathon – immerhin zehn Stunden – sehr gut gefallen. Er war unheimlich abwechslungsreich, Matthias Kirschnereit hat zwischendurch Künstler und Werke anmoderiert, sodass man von vorneherein eine Beziehung zum dem, was kommen sollte, aufbauen konnte. Vom Theater über Klavier solo, vierhändig, in verschiedensten Duovariationen oder Streichquartett – z. B. ein wunderschönes Stück von César Franck – war alles dabei. Für uns war es schön, Matthias Kirschnereit zusammen mit seinen Studenten erleben zu dürfen, auch wenn nicht alle bei ihm studieren. So durften wir vorab Lilit Grigoryan kennenlernen, die am Mittwoch ihr Gezeitenkonzert zusammen mit Max Simon bestreitet. Erwartet hatten wir ein zierliches Persönchen, doch das war weit gefehlt. Die Frau hat echt Power und ein tolles, ausdrucksstarkes Klavierspiel. Das macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Sympathisch ist sie obendrein, ebenso wie Nicolai Gerassimez, der in Landow mit seiner Partnerin – keine Schwester – Klavier vierhändig spielte. Ein alter Bekannter, Vasyl Kotys, setzte um etwa 23:00 Uhr den Schlusspunkt des offiziellen Teils, bevor es dann bis kurz vor 01:00 Uhr mit Jazz, durchsetzt mit spontanen Klassikdarbietungen, weiterging. Dann nämlich kam der Bus, um alle wieder einzusammeln und nach Rostock zurück zu bringen. Bereits mittags um 12:00 Uhr waren sie alle angekommen.
Landow ist ein wirklich bezaubernder kleiner Ort auf Rügen, direkt am Kubitzer Bodden im Naturschutzgebiet. Die Infrastruktur ist gleich null, ohne Toilettenwagen, Anhänger mit Klavier zum Proben und fliegendes Catering geht gar nichts, aber das Herzstück des Ortes ist ohnehin die wunderschöne Kirche, aus der man von innen noch nach draußen schauen konnte. Vor 21 Jahren war Matthias Kirschnereit zum ersten Mal dort; da war die Kirche noch lange nicht so gut wiederhergestellt wie heute. Mir war es sehr sympathisch, dass nicht alles geweißelt und „hochrestauriert“ war. Nebenan wohnt Carsten Zillich, Vorsitzender des Freundeskreises Kirche zu Landow e. V., der gemeinsam mit dem Pfarrer Ohm sich sehr für den Erhalt der Kirche als auch für die weitere Partnerschaft Landows mit den Festspielen Mecklenburg Vorpommern stark macht. Außerdem stellt er sein Haus als Künstlerquartier zur Verfügung. Matthias Kirschnereit hat die künstlerische Leitung dieser langen Nacht mit diesem Jahr abgegeben. Eine Nachfolge steht noch nicht fest. Aber ich bin mir sicher, dass sich die HMT Rostock für den Erhalt dieses Festivals stark machen wird.