In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstand die Saalkirche mit vieleckigem Chor am Nordende des Ortes. Die ältere Gemeindekirche lag am südlichen Ende des Dorfes und an der Stelle der heutigen Kirche stand laut Überlieferung eine Kapelle. Die alte Kirche wurde dann 1556 „nedergewurpen“, wie es in der „Cronica der Fresen“ von Eggerik Beninga (+1562) heißt „und den Volleners die ander darmede to vorbeteren togestaen“. *
Der wuchtige Glockenturm wurde 1559 an das Kirchenschiff angebaut. Auch hier wurden, wie bei der Erweiterung der Kirche, Steine vom abgerissenen Kirchenbau verwendet. An den Turmbau erinnert eine Inschrift über dem Portal: ANNO 1559 DOEN MACKEDEN DE VAN VOLLE DESSE TORRE MET HVLPE DES IONKER ERGHERIC TE GRIMERSIM DROOSTE OPPEN NOORT OND HERMAN HEMMEN BOWMESTER TOM TOREN WEEST. Sie besagt, dass die Völlener diesen Turm 1559 bauten mit Hilfe des Junkers Eggerik (Beninga) von Grimersum, Drost von Leerort, und Harmen Hemmen, der der Baumeister des Turmes gewesen ist. Über dieser Inschrift ist das Bruchstück eines zweiten Sandsteins eingemauert, auf dem zu lesen ist FRVWE WIARTS MIDT NONA HOER SVSTER VND ALERIC SCRIVER THO VRE. Wahrscheinlich stammt diese Inschrift von einer, beim Herauslösen aus einem anderen Verbund beschädigten Steintafel, die auf die länger zurückliegende Stiftung einer Frouwa Wiarts und ihrer Schwester Nona hinweist, und hier eingemauert wurde, weil einflussreiche Nachkommen der Stifterinnen wollten, dass ihre Wohltätigkeit im Gedächtnis blieb.
Der Turm ist wohl trotz seiner äußeren wehrhaften Erscheinung nie ein Wehrturm gewesen. Dort, wo heute eine Tür ins Kirchenschiff führt, öffnete er sich früher in einem weiten Bogen, von dem Ansätze in der Wand noch zu erkennen sind.
Während der Chor und das östliche Joch des Kirchenschiffes mit Bandrippengewölben überspannt sind, hat der restliche Raum ein hölzernes Tonnengewölbe. Vermutlich hat es hier nie steinerne Gewölbe gegeben, denn es sind keine Gewölbeansätze an den Wänden zu entdecken. Die Bandrippen der Gewölbe und die Umrahmungen der Chorfenster bestehen aus rotem Backstein, was einen sehr schönen Kontrast zu den weißen Wänden ergibt.
Im Chor, dessen Fenster, wie auch die des Kirchenschiffs, vergrößert wurden (ein ursprüngliches, zugemauertes ist noch zu erkennen) steht der Altar. Von dem ursprünglichen Retabel, das in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstand, sind die Mensa, die Rückseite der Predella, der Baldachin und die Rückwand des Mittelteils erhalten geblieben. Hier und auf der Predellarückwand finden sich einfache Schnitzereien: Namen mit Daten und Hofzeichen, drei Schiffsumrisse und ein Turm sind dort eingeritzt und man kann noch erkennen, dass in der Predella Fächer waren, in denen vielleicht Reliquien aufbewahrt wurden.
Die Flügel des Altars und die Gemälde entstanden 1676. Was hier vorher abgebildet war, ist nicht überliefert. Möglicherweise wurden dort Szenen aus dem Leben von Heiligen gezeigt, was mit den protestantischen Glaubensansichten nicht mehr „kompatibel“ war. Es handelt sich jetzt um einen Abendmahlsaltar. Eine Vielzahl solcher Altäre, die auf den Flügeln die Kindheit Jesu und in der Mitte das Abendmahl zeigen, entstanden nach der Reformation in den Dorfkirchen Ostfrieslands. Auch die vier Evangelisten auf der Predella gehören zu dem neuen Altaraufsatz. Die Holzschnitzerei zwischen Mittelteil und Predella allerdings stammt wohl vom ersten Altar. Sie zeigt zwischen Weinreben in der Mitte das Lamm Gottes, umgeben von verschiedenen Tieren, darunter ein Löwe und ein Hund, der einen Hirsch reißt.
Das achteckige, schmucklose Sandsteintaufbecken auf einem Säulenfuß entstand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, könnte also schon in der älteren Kirche gestanden haben. Die Kanzel, die leider mit roter Farbe übermalt wurde, zeigt typische Formen der Renaissance aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Ein schöner Messingkronleuchter von 1800 wurde der Kirche von einem Völlener Gemeindemitglied gestiftet. Das Gestühl und die Emporen kamen wohl 1822/23 zusammen mit der von Eilert Schmid aus Loga gebauten Orgel in die Kirche.
Monika van Lengen
*Weitere Informationen zu Völlen findet man in dem Buch „Im Zeitenstrom. Ostfriesische Geschichte. Völlen, Völlenerfehn, Völlenerkönigsfehn, Gemeinde Westoverledingen, Kreis Leer”, Ostfriesland 2006
Ev.-luth. Peter-und-Paul-Kirche Völlen
Völlener Dorfstraße
26810 Westoverledingen-Völlen