Mauritius-Kirche Horsten

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Mauritiuskirche Horsten, Foto: Karlheinz Krämer
Mauritiuskirche Horsten, Foto: Karlheinz Krämer

Das Dorf Horsten liegt auf einem nordöstlich in die tiefer gelegene Marsch hineinragenden Geestsporn und eigentlich hätte es keinen künstlich aufgeschütteten Hügel gebraucht, um die Kirche vor dem bei Sturmfluten die Marsch bedrohenden Wasser zu schützen, wie es hier in Form von sogenannten Warfen bei allen Siedlungen der Fall war, ehe sich ein geschlossenes Deichband an der Küste entlang zog. Der hohe Kirchhügel wurde also aufgeschüttet, um der Kirche eine herausragende Stellung zu geben. Im 13. Jahrhundert, als sie gebaut wurde, errichtete man keine hoch aufragenden Kirchtürme, sondern brachte die Glocken, wie auch hier in Horsten, in abseits stehenden, niedrigen Glockenstühlen unter, die oft zuerst aus Holz bestanden.

Der Kirchenbau in seiner beeindruckenden Höhe ist ein Apsissaal. Er stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts und wurde aus Backsteinen auf einem Sockel aus Granit errichtet. Vorher stand hier, das haben archäologische Untersuchungen ergeben, eine hölzerne Kapelle, ein rechteckiger Bau von etwas geringeren Ausmaß und etwa zweieinhalb Meter tiefer gelegen. Den romanischen Ursprung der Kirche kann man an der Nordseite mit ihren rundbogigen Fenstern noch gut erkennen, auch an der Apsis, die jedoch 1786 erhöht wurde.

Der Raum ist wohl nie überwölbt gewesen, sondern hat immer eine flache Holzdecke gehabt. Das ehemalige Gewölbe der Apsis zog man bei ihrer Veränderung 1786 bis zur Decke hinauf.
Es fällt auf, dass sich in früheren Jahrhunderten die Menschen in Horsten sehr um ihre Kirche und damit um ihr eigenes Seelenheil gekümmert haben. Viele der Inventarstücke sind Stiftungen.

Das Altarretabel, das auf einer steinernen Mensa steht, zu der zwei Stufen hinaufführen, entstand 1666. 1684 stifteten „Johan Wessels und dessen Hausfrau Agata Margareta Deckers“ die Kniebänke „Gott zv Ehren vnd seiner Kirchen zvm Zierrat“. Der Altaraufsatz, dessen Künstler man nicht kennt, zeigt zwischen schwarz-grauem Schleierwerk das Abendmahl und darüber die Kreuzigung. Am Tisch sitzen die Apostel, von denen man meinen könnte, Charakterköpfe aus der Gemeinde hätten dem Maler dazu Modell gestanden. Die Gewänder der Personen im Vordergrund mit ihrem farbenfrohen Faltenwurf, die Weinkanne, der Kerzenleuchter und der Kelch auf dem Tisch – alles zeugt von barocker Darstellungsfreude. Im Hintergrund der Kreuzigungsszene, die, im Gegensatz zu vielen anderen Kreuzigungsdarstellungen, nur Jesus am Kreuz zeigt, sind die Mauern Jerusalems zu sehen und dahinter ein runder Tempel mit Kuppel. Hier könnte es sich um den Tempel Salomons handeln, also um einen Rückblick auf das Alte Testament.

An der Nordwand hängt eine hölzerne Tafel, auf der in mittelniederdeutscher Sprache des 16. Jahrhunderts der kleine Katechismus (die zehn Gebote  – mit dem Calvinistischen zweiten Gebot: Du sollst dir kein Bildnis machen –, das Glaubensbekenntnis, der Taufbefehl und die Einsetzungsworte) geschrieben steht. Unten rechts und links stehen die Figuren von Martin Luther (Dr. ML) und Philipp Melanchthon (PhM). Dieser sogenannte Schriftaltar stammt aus der Zeit bald nach der Reformation und hatte seinen Platz auf der Altarmensa. Die Reformatoren verbannten die Bilder aus den Kirchen und stellten dafür das Wort Gottes und die Lehren der Kirche in den Mittelpunkt des Gottesdienstes. Abendmahls- und Kreuzigungsaltäre wurden bei den Lutheranern weiterhin geduldet. Während die Calvinisten bei ihrer Bilderächtung blieben, zogen in die lutherischen Kirchen wieder Bildaltäre ein, allerdings bleiben die Heiligen, die den Katholiken als Mittler zwischen Gott und dem Gläubigen dienen, draußen. Dargestellt wurden vorwiegend Geburt, Leben und Passion Jesu. Von den vorreformatorischen über 100 Altären und 200 bis 300 Nebenaltären im ostfriesischen Raum blieben nur noch 17 Hauptaltäre bzw. Altarfragmente in den Kirchen stehen.*

Rechts und links der Apsis stehen zwei Priechen. Die linke ist der „Beichtstuhl und Prediger Stand“ von 1698. Rechts befindet sich der Kirchenstuhl „des wohl löblichen Ostfriesischen Dritten Standes Administrator“ Otto Bley. Er kam 1730 in die Kirche. Dieser Otto Bley war von 1724 bis 1734 Administrator der Ostfriesischen Landschaft und gehörte dem Stand der Bauern an. Seine Nachkommen waren Pächter des königlichen Horster Grashauses, des damals größten Bauernhofes Ostfrieslands mit etwa 250 ha Land. Seine Enkel stifteten ihm 1773 eine Gedächtnistafel, die an der Südwand hängt. 1993 fand man auf dem Friedhof eine Grabplatte, die nun ebenfalls an der Südwand steht. Sie trägt die Inschrift:  „Erbare und vorneme Heinrich Hillers Bley Ehr und tugensame Trinke Weiers seligen Heinrich Hillers Hausfrau“. Das könnten die Vorfahren von Otto Bley gewesen sein. Von den schönen Kronleuchtern aus Messing stammt der größte laut Inschrift von 1732 und wurde von Otto Bley gestiftet. Auch die anderen drei Leuchter aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sind sicher Stiftungen von Gemeindemitgliedern. Der zierliche hölzerne Taufständer ist ebenfalls eine Stiftung, laut Inschrift von Iohan Wessels 1696.

Die Kanzel mit ihrer langen Säulengalerie stammt aus der Werkstatt der Esenser Holzschnitzerfamilie Kröpelin. Sie wurde vom Vater Jacob 1655 geschaffen. Er und seine Söhne Johann und Hinrich haben in Ostfriesland im Laufe des 17. Jahrhunderts zahlreiche Altäre und Kanzeln geschaffen. Am Kanzelkorb ist in der Szene der Auferstehung das Monogramm „IK“ des Meisters zu sehen.

Die Orgel baute Samuel Schröder aus Jever. Sie  wurde 1731-33 gebaut und ist die einzige dieses Orgelbaumeisters in Ostfriesland. 1985 wurde sie in der Orgelwerkstatt Alfred Führer rekonstruiert und gründlich instand gesetzt. Dabei befreite man das Orgelgehäuse von späteren Farbfassungen, sodass der prächtige barocke Orgelprospekt nun wieder zur Geltung kommt.

Text: Monika van Lengen

*Marwede, Herbert R.: Vorreformatorische Altäre in Ost-Friesland. Phil. Diss. Hamburg 2006

(Weitere Informationen zur Kirche finden Sie in dem in der Kirche ausliegenden Faltblatt.)

Ev.-luth. Mauritius-Kirche Horsten
Kirchstraße
26446 Friedeburg-Horsten

Der neu gestaltete Dorfplatz unterhalb der Kirche zu Horsten bot zwischen den Skulpturen Platz fürs Catering beim Gezeitenkonzert 2013, Foto: Karlheinz Krämer
Der neu gestaltete Dorfplatz unterhalb der Kirche zu Horsten bot zwischen den Skulpturen Platz fürs Catering beim Gezeitenkonzert 2013, Foto: Karlheinz Krämer

2 Kommentare zu “Mauritius-Kirche Horsten

  1. Ich weiß nicht, woher die Information kommt, dass die Familie Bley Besitzer des Grashauses war. Nach meinen Informationen war der Sohn des Administrators Otto Bley Pächter des Grashauses. Ihm folgte dessen Sohn Otto nach dessen Tod seine Witwe Elisabeth, geb. Bley die Pachtung bis zum Verkauf des Grashauses 1821 weiterführte (u.a. nachzulesen in der Chronik des Dorfes Horsten).

    1. Sehr geehrter Herr Hinrichs,
      vielen Dank für Ihren Hinweis. Wir haben den Text entsprechend angepasst: Die Familie Bley war Pächterin des Grashauses und nicht – wie zuvor geschrieben – Eigentümerin.
      Freundliche Grüße
      Wibke Heß
      Ostfriesische Landschaft | Gezeitenkonzerte

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