„Wenig ansehnlich ist auch die … alte Kirche, ein gothischer Backsteinbau des 14. oder 15. Jahrhunderts, mit hohen schlichten Mauern, steilen Giebeln, spitzbogigem Portal an der Westseite und einem Thürmchen auf dem Ostende, das die Uhrglocke trägt. Da die Kirche, schon seit längerer Zeit den Einsturz drohend und darum unter polizeilicher Schau stehend, nicht länger brauchbar erschien, ward sie im Jahre 1865 abgebrochen und statt ihrer durch Herrn Architect Visser ein neues schmuckes Gotteshaus erbaut, welches am 25. Februar 1866 eingeweiht ward“, so schrieb der Pastor O.G. Houtrouw in seiner „Geschichtlich-ortskundiger Wanderung gegen Ende der Fürstenzeit“ im Jahre 1889.
Dieses „schmucke Gotteshaus“, versteckt am Ende eines schmalen Weges, umgeben auf einer Seite von einem Graben und hohen Bäumen, findet der Besucher heute vor. Architekt Visser baute im damals hochmodernen neogotischen Stil eine Kirche mit großen, spitzbogigen Fenstern, einem Backsteinfries unter der Traufe der Längswände und einem polygonalen Chor. Im Dachreiter hat „Maria“, die Stundenglocke aus dem Jahr 1454, ihren Platz. Wahrscheinlich nutzte der Architekt den Grundriss der alten Kirche, auf jeden Fall baute er kein der reformierten Glaubenslehre verpflichtetes Haus, wie der Besucher in Innern sehen wird. Neben der Kirche steht ein Glockenturm aus Backsteinen im „Klosterformat“ (also größer als sonst üblich) mit rundbogigen Öffnungen. Dem Aussehen nach könnte er aus dem frühen 14. Jahrhundert stammen.
Die Westwand der Kirche zu Loppersum ist mit aufsteigenden Backsteinverzierungen reich gegliedert. Links vom Eingang liest man auf einer Tafel, dass die Kirche vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes in den Jahren 2007-2013 restauriert wurde. Und das sieht man auch, wenn man eintritt! Der Raum ist von einer flachen, in hellem Blau gefassten Tonne überwölbt, auf der schmale Holzrippen ein Muster bilden. Der gewölbte „Himmel“ des Chors ist mit goldenen Sternen übersät und im Gang hängen schöne Messingkronleuchter. Durch die großen Fenster fällt viel Licht in den sonst nach reformiertem Verständnis schmucklosen Kirchenraum. Dieses Verständnis drückt sich auch in der Gestaltung des Chorraumes aus. Kein Altar hat hier seinen Platz, sondern ein Tisch, umgeben von einfachen Bänken zur Feier des Abendmahls.
Durch die Schlichtheit des Raumes besonders auffallend ist der Kirchenstuhl aus dem Jahr 1872 vor der nördlichen Trennwand zwischen Chor und Kirchenraum. Er wird von drei zierlichen, mit Kapitellen geschmückten Holzsäulen getragen und zeigt über den Fenstern gotische Zierart mit Spitzbögen, Türmchen und Fialen. An der Stirnseite sind sechs Wappen der Besitzer der Loppersumer Burg, des vom Hannoverschen Architekten 1859 erbauten Fresenhauses, eingefügt. An der östlichen Chortrennwand befindet sich die Kanzel von 1865. So konnten die Herrschaften auf Augenhöhe den Worten der Predigt folgen. Von den vier Grabplatten, die in der Kirche aufbewahrt werden, ist die unter dem Kirchenstuhl an der Wand befestigte am bemerkenswertesten. Sie ist aus Blaubasalt gemeißelt und zeigt den Häuptling Aepke Beninga und seine Frau Anna Jugters. Sie starben 1566 und 1567. Ihre Gestalten stehen mit gefalteten Händen da, der Häuptling trägt einen Harnisch, Helm und Handschuhe liegen zu seinen Füßen, neben sich steht weiteres Kriegswerkzeug; seine Frau ist modisch gekleidet und ihr Hündchen hat eine neckische Schleife um den Schwanz gebunden. Die beiden befinden sich unter einem von barbusigen Karyatiden getragenen Baldachin, den die kaum noch zu erkennenden Wappen der Verstorbenen zieren.
Beim Herausgehen sieht man auf der Empore die Orgel, die von den Gebrüdern Rohlfs aus Esens 1867/68 für die Kirche geschaffen wurde. 1996 wurde das Instrument von der Orgelwerkstatt Bartelt Immer, Norden restauriert.
Text: Monika van Lengen
Ev.-ref. Kirche Loppersum
Kirchstraße 4
26759 Hinte-Loppersum