Daniel Hope und Matthias Kirschnereit – ein Spagat zwischen musikalischer Finesse und menschlicher Nähe

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Daniel Hope in der Auricher Lambertikirche, Foto: Karlheinz Krämer

Eine Woche ist es nun her, seit Daniel Hope uns ein weiteres Mal bei den Gezeitenkonzerten beglückt hat. Bis vor wenigen Wochen war mein Erstwohnsitz in der Kulturstadt Leipzig, wo ich studiert habe. Jede Woche gab es wirklich wunderbare Konzert im Gewandhaus zu Leipzig oder der Musikhochschule, wunderbar inszenierte Opern im Opernhaus am Augustusplatz oder kleinere musikalische Veranstaltungen in Kirchen, WGs oder Pubs. Alles was ich mitnehmen konnte, konsumierte ich förmlich, da ich diese Vielfalt aus meiner Kindheit in Ostfriesland nicht kannte. Gerade die Orchestermusik berührte mich sehr. Von der anfänglichen fast naiven Begeisterung wuchs mit der Zeit auch eine strenge Konzertkritikerin in mir heran. Es brauchte mehr als exzellente Technik oder sehr virtuose Stücke um mich zu begeistern. Ich wollte mitgerissen werden, erwartete, dass mich die Musik innerlich wirklich berührt. Gerade an Violinkonzerte, habe ich als Geigerin sehr hohe Ansprüche an die Musiker. An einer Hand kann ich die Konzerte mit Geigern abzählen, die mir wirklich in Erinnerung geblieben sind und am vergangenen Montag haben Matthias Kirschnereit und Daniel Hope genau dies geschafft – mir wurde ein Konzert geschenkt, welches mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Am vergangenen Dienstag wurde der erste Teil des Programmes vom Vorabend nochmals in einem Kinderkonzert im EEZ aufgeführt. Hierfür trafen wir uns früh am nächsten Morgen wieder im Büro, um die letzten Vorbereitungen für das Kinderkonzert zu treffen. Als im EEZ alles aufgebaut war, kamen auch schon die ersten Kindergruppen. Die Betreuer versuchten ihre Kinderherden unter Kontrolle und im Blick zu behalten, sodass der Einlass geordnet vonstattengehen konnte. Letztendlich waren um 11:00 Uhr alle Kinder im Foyer des EEZs und wuselten aber noch etwas rum, während die beiden Musiker die Bühne betraten.

Daniel Hope zeigt Kind Geigenspiel
Daniel Hope teilt für einen Moment seine Geige Foto: Karlheinz Krämer

Doch Daniel Hope ist ein wirklicher Showmaster und schaffte es in kurzer Zeit die Kinder zu beruhigen und die Aufmerksamkeit auf die Bühne zu lenken. In der nächsten Stunde wurden das Klavier und die Geige ein wenig erklärt und, wie ich sehr neidisch zusehen musste, durften  einzelne Kinder auf der wunderbaren Geige von Daniel Hope – einer Original Guaneri del Gesù von 1742 – spielen. Das Programm wechselte zwischen kurzen, seriösen Konzertstücken und interaktiven Elementen. Die Kindergruppe durfte helfen „Matthias‘ Rhythmus“ wiederzufinden, den er „nach dem gestrigen Konzertabend einfach verloren hatte“. Holpernd demonstrierte Matthias mit der Alla Turca (Türkischer Marsch) von W.A. Mozart, dass er gar nicht mehr rhythmisch spielen konnte. Mit gemeinsamen Klatschen in unterschiedlichen Tempi schaffte die Gruppe es, Matthias den Rhythmus wiederzubringen und er demonstrierte am Ende eine sehr rasant-virtuose Fassung des Stückes.
Das Eröffnungsstück am Montagabend wurde auch am Dienstag nochmal aufgegriffen.
Beide Konzerte begannen mit Manuel de Fallas „Suite Populaire Espagnole“ von 1914. Die Suite ist ein Arrangement aus sieben spanischen Volksliedern, die de Falla für Mezzosopran und Klavier arrangiert hat. Sechs der sieben Sätze sind in die Suite Populaire eingegangen. Matthias Kirschnereit und Daniel Hope spielten diese Suite mit viel Freude und musikalischem Tiefgang.

Daniel Hope und Matthias Kirschnereit
In Action – Daniel Hope und Matthias Kirschnereit Foto: Karlheinz Krämer

Meines Erachtens nach eignet sich die Suite auch hervorragend um den Kindern zu zeigen, welche Möglichkeiten und Extreme auf den Instrumenten möglich sind. „Was kann man zur Musik machen?“ – „Tanzen, singen, feiern…“ „Wie laut könnt ihr sein?“ – alle Erwachsenen hielten sich schmunzelnd die Ohren zu, „Und wie leise könnt ihr flüstern? – Matthias unterbot dies noch auf dem Klavier. Ein Stierkampf wurde musikalisch erzählt, ein Wiegenlied ohne Worte gesungen, Tanzlieder gespielt wozu die Kinder auch tanzen und feiern durften (sich aber noch nicht so recht trauten), doch, und das finde ich sehr erwähnenswert, waren die Kinder das ganze Konzert über wirklich ruhig und aufmerksam. Selten habe ich das während einer solchen Kinderveranstaltung erleben dürfen. Danach erzählte Daniel Hope in einem Solostück die Geschichte von „Ferdinand the Bull“ von Alan Ridout – ein Stück für Violine und Sprecher. Ferdinand war ein junger, ausgeglichener Stier, der liebend gerne an „Blumen schnupperte“ – wie gefühlt in jedem fünften Satz hervorgehoben wurde – anstatt wie ein normaler Stier zu kämpfen. Als Ferdinand eines Tages von einer Biene gestochen wurde, tobte er wild. Zufällig sahen Toreros diesen Ausbruch und er wurde der Auserwählte für einen Stierkampf in einer Arena. Dort angekommen … setzte Ferdinand sich, reckte den Kopf und „schnupperte den Duft der Blumen“, die die jungen Spanierinnen in ihrem Haar trugen. Ein sehr außergewöhnliches Konzertstück und doch sehr passend zu Daniel Hope, der hier nicht nur sein geigerisches Können zeigte, sondern auch seine Fähigkeit als Moderator und Sprecher bewies.
Auch Matthias Kirschnereit konnte an beiden Tagen sein solistisches Können zeigen. Er spielte uns eine wunderbare Interpretation vom Scherzo Nr. 2 von Fréderic Chopin bzw. die „Schmetterlingsetüde“ beim Kinderkonzert vom gleichen Komponisten.

Beim Klavier finde ich es immer so spannend, wie unterschiedlich das gleiche Instrument bei unterschiedlichen Interpreten klingt. So oft habe ich an der Musikhochschule gehört – „Wenn ich ein besseres Instrument hätte, dann …“ Auch wenn das natürlich seine Berechtigung hat, neigt man manchmal dazu, dies als Ausrede zu benutzen. Beim Klavier gibt es diese „Ausrede“ nicht. Jeder hat die gleichen Voraussetzungen und manchmal spiele ich vor dem Konzert ein wenig auf dem Flügel und bin danach peinlich berührt, wie dieser Flügel auch klingen kann.
Mein persönliches Konzerthighlight kam aber erst nach der Pause am Montagabend – Violinsonate A-Dur von César Franck. Mir schien als ob César Franck diese Sonate extra für Daniel Hope und Matthias Kirschnereit komponiert hat. Die beiden harmonierten so glänzend. Im Zuschauerraum herrschte eine fast atemlose Stille und die Spannung, die aufgebaut wurde, übertrug sich bis in die letzte Ecke der ausverkauften Lamberti-Kirche. Ich war wie in einer Trance und wurde erst durch donnernden Applaus am Ende des Konzertes in die Gegenwart zurückgeholt. Wirklich selten gelingt es mir mich in einem Konzert einfach zurückzulehnen und zu genießen.

tolles Duo: Matthias Kirschnereit und Daniel Hope
Ein tolles Duo! Foto: Karlheinz Krämer

Es sind diese Konzerte, die sich in meine Erinnerung einbrennen und an die ich noch lange in Zukunft zurückdenken werde.
Ich persönlich hoffe sehr, dass dieses Duo keine einmalige Konstellation war und die beiden auch in Zukunft vielleicht das ein oder andere Konzert gemeinsam bestreiten und wir es genießen dürfen!

 

 

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