Das Tingvall Trio bei seinem Gezeitenkonzert im Park der Gärten
Besucht man die Internetseite vom Park der Gärten in Bad Zwischenahn, sieht man Bilder von weiten Landschaften, einer Blumenpracht und fein säuberlich geschnittenen Büschen. Auf jedem Bild sind locker 25 Grad und Sonne. Fast all das war auch da, als das Team der Gezeitenkonzerte am 14. Juli nachmittags zum Aufbau vorfuhr. Nur hatten wir ungefähr 10 Grad und beständigen Nieselregen. Genau wie im sonnigen Hesel stand heute ein Open-Air-Konzert auf dem Programm. Vielleicht bessert es sich ja bis zum Konzertbeginn. Zumindest der Aufbau gestaltete sich wesentlich angenehmer als in Hesel, denn statt über Baumwurzeln zu stolpern, hatten wir diesmal ein elektrisches Golfcar mit Ladefläche. Gelegentlich verfuhr man sich in dem weitläufigen Park, aber insgesamt war es so deutlich einfacher. Diesmal schafften wir auch alles deutlich pünktlicher.
Langer Rede kurzer Sinn, um Punkt 20:00 Uhr ging es los. Drei äußerst fesche Musiker, das Tingvall Trio, betraten die Bühne: Martin Tingvall (grüne Hose, Flügel), Jürgen Spiegel (orange farbene Shorts, Schlagzeug) und Omar Rodriguez Calvo (Jeans, Kontrabass): schon optisch bisher der Hingucker der Gezeitenkonzerte. Doch nicht nur das wird erklären, dass wir das bisher jüngste Gezeiten-Publikum in diesem Jahr hatten. Auch die Musik war anders als sonst, frischer. An diesem Abend lieferte uns das Trio einen Querschnitt durch ihr gesamtes bisheriges Schaffen, nicht nur aus ihrem aktuellen Album „Beat“.
Die Kompositionen trugen teilweise eigenwillige Titel: “Spöksteg” (Geisterschritte) oder auch “Den gamla eken” (Die Alte Eiche). Trotzdem klang es nicht gerade nach Grufti-Jazz. Eigentlich sah ich kaum einen, der nicht zumindest mit dem Fuß mitwippte. Auch das Verhältnis auf der Bühne war sehr ausgewogen: Ich hatte bei der Besetzung eigentlich eine One-Man-Show des Pianisten Martin Tingvall erwartet. Und dann heißen die auch noch „Tingvall“-Trio, wie egoistisch kann man denn sein?! Doch weit gefehlt. Vor allem Bassist Omar Rodriguez Calvo konnte immer wieder durch melodiöse Soli überzeugen. Dazu musste er fast bis ans Ende des Griffbretts gehen, um einigermaßen in der Mittellage spielen zu können. Außer ihm kenne ich keinen Bassisten, der sowas kann. Auch Schlagzeuger Jürgen Spiegel überzeugte, vor allem durch Improvisationskünste. Einmal fiel ihm ein Stick unglücklich hinter die Basedrum, da spielte er halt mit links weiter, ohne eine Mine zu verziehen. Kurz vor der Pause kündigte Martin Tingvall, der den Abend auch moderierte, das namensgebende Stück an: “Beat”, eine Ballade. Ich hab ja viel erwartet, aber nicht das. Man habe auch ganz anders angefangen, mit einem Beat, und sei dann letztendlich bei einer Ballade gelandet. Jazzer sind Meister der Improvisation, da weiß man nie, wohin es geht. Das letzte Stück vor der Pause war als „Tanzstück“ angekündigt, aber diese Ansage habe noch nie funktioniert. Bei unserem Gezeitenpublikum war ich mir da nicht so sicher, letzten Endes würde ich sagen, es hat doch halbwegs geklappt.
Danach war Pause, und ich wurde dem Konzert entrissen, um unseren Stand vorne im Eingangsbereich des Parks in der zweiten Hälfte zu betreuen. Bisher konnte ich mich ja edel drum rummogeln, da ich ja für den Blog schreibe und daher alles sehen muss. Doch irgendwann bin ich auch mal dran, darum fußen die folgenden Berichte auf die Erfahrungen meiner lieben Kollegin Mareike Henninger. Zum Glück konnte ich aus der Ferne noch einiges hören. Leider verließen uns in der Pause einige wenige Zuschauer wegen der Kälte, dabei war es unter dem Zeltdach deutlich wärmer als draußen. Trotzdem pfiff der Wind eisig, sodass sich viele mit Kaffee, heißen Würstchen und Decken bewaffneten. Die Musik ging wie vor der Pause weiter, das Publikum war begeistert. Mehrfach dachte ich an meiner Kasse, dass das Konzert schon beendet sei, weil der Applaus so frenetisch war. Besonders in Erinnerung blieb ein Song namens „Movie“, einer der ersten Erfolge des Tingvall-Trios. Dazu wollen sie auch gerne einen Film machen, haben aber aus verschiedensten Gründen noch keine Idee. Wenn Ihnen, liebe(r) Besucher*in noch etwas einfällt, melden Sie sich doch gerne bei den Jungs!
Nach dem Gezeitenkonzert mit mehreren Zugaben mussten wir noch eine ganze Weile auf das Abschließen des Parks warten. Daher erreichten uns noch im Auto die Nachrichten aus Nizza an diesem Abend, die leider die gute Erinnerung an das schöne Konzert trüben. Fassungslosigkeit machte sich bei uns allen breit, doch trotzdem ist es gerade jetzt wichtig, weiterzumachen und die Terroristen unser Leben nicht verändern zu lassen. Musik verbindet uns alle.