Die „Neue Kirche“ entstand 1643-48 im gemäßigten Barockstil. Ihr Architekt war der Emder Ratsherr Martin Faber, der neben seiner Funktion als Stadt-Ingenieur auch als Maler und Kartograph tätig war*.
Wahrscheinlich nach dem Vorbild der Noorderkerk in Amsterdam schuf er die „Neue Kirche“. Diese ist zwar eine Kreuzkirche, während Faber einen Arm fortließ, sonst jedoch ist die Ähnlichkeit unverkennbar.
Nähert man sich der Kirche von der Norderstraße her, so scheint es noch so, als sei der hoch aufragende Bau auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes mit gleichlangen Armen erbaut worden. Von der Brückstraße aus erkennt man jedoch, dass der südliche Arm zu einem Risaliten verkümmert ist. Auf dem Schnittpunkt der Kreuzarme erhebt sich ein zierlicher Dachreiter, der mit einer Nachbildung der Kaiserkrone Rudolphs II. von Habsburg geziert ist, wodurch die Stadt Emden ihre Reichsunmittelbarkeit und somit ihre Unabhängigkeit von der ostfriesischen Landesherrschaft betonen wollte.
Zwei Eingänge, geziert mit Vasen und Giebeln, führen in die Kirche. Inschriften, in niederländisch und lateinisch, weisen auf den Baumeister der Kirche hin. Das Portal an der Nordostseite der Kirche zeigt das Siegel der reformierten Gemeinde; das nordwestliche Portal, durch das man heute die Kirche betritt, ziert das Wappen der Stadt Emden.
Am 6. September 1944, als die Innenstadt von Emden durch Bombenangriffe fast total zerstört wurde, brannte auch die Neue Kirche bis auf die Grundmauern nieder. Schon sechs Jahre später fand wieder ein Gottesdienst in der allerdings stark verändert wieder aufgebauten Kirche statt.
Der Blick fällt auf die Kanzel an der Südwand, um die herum sich das Kirchengestühl gruppiert. Kein Altar ist vorhanden. Hier zeigt sich eindeutig die Konzeption des Baumeisters, eine Predigerkirche für eine reformierte Gemeinde zu erbauen. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht das Wort aus der Heiligen Schrift, nicht die sakrale Handlung vorm Altar.
Die Einrichtung ist, bis auf den Taufstein, die Kronleuchter und zwei Grabplatten, modern. Die Taufe aus Bentheimer Sandstein (vermutlich Anfang des 13. Jahrhunderts) stammt aus der Kirche in Jennelt. Sie wurde zwischenzeitlich in der Sammlung der „Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer“ aufbewahrt und befindet sich nun als Leihgabe hier. Sie zeigt zwischen Tauornamenten, die stark verwittert sind, schlichte Ranken mit Blättern. Das Becken wird, wie bei vielen Bentheimer Taufen, von Löwen getragen, deren Köpfe hier abgeschlagen sind.
Der mittlere Kronleuchter stammt von 1648 und zeigt eine Hand mit einem so genannten Kuiper-Hammer, dem Handwerkszeichen der Böttcherzunft. Diese „Kuiper-Krone“ ist ein Geschenk der Zunft an die Kirche.
Die schwarze Grabplatte stammt vom Grab des Architekten der Kirche, Martin Faber, die weiße Alabasterplatte trägt den Namen des Emder Kaufmanns und Ratsherrn Cornelius Budde.
Die Orgel stammt aus der Werkstatt von K. Schunke, Berlin (1959).
Die Erbauungszeit der Kirche fiel in eine Zeit, in der der Dreißigjährige Krieg wütete und marodierende und plündernde Truppen ganze Landstriche Ostfrieslands verwüsteten. Viele Flüchtlinge kamen nach Emden, um dort Schutz zu suchen. Für die rasch anwachsende Bevölkerung gab es zu wenig Kirchenraum, und so beschlossen Magistrat und Kirchenrat 1642, im Ortsteil Faldern eine neue Kirche zu errichten. Nur: woher sollte das Geld kommen? Man initiierte einen Spendenaufruf unter den Bürgern und hatte damit Erfolg! Die Kirche wurde ausschließlich aus Spendenmitteln errichtet.
Und so geschah es noch einmal: 1998 wurde der „Bauverein Neue Kirche Emden“ gegründet, der es sich zum Ziel setzte, die durch den Krieg zerstörte, ursprüngliche Schönheit der schlichten, wertvollen Kirche wieder herzustellen, indem er ihre Restauration und Rekonstruktion unterstützte. Der Verein und die Evangelisch-Reformierte Kirchengemeinde Emden haben es mit Hilfe vieler Unterstützer und Spender geschafft, dass das restaurierte Gebäude im September 2013 wiedereröffnet werden konnte.
Text: Monika van Lengen
*Über Martin Faber findet sich ein ausführlicher Artikel von Annette Kanzenbach in der „Ostfriesischen Biographie“, Bd. 4, 2007